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Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
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Sie wollte ja vielleicht nach Konstantinopel weiterreisen. Mit Marcello Ra-nieri, dem Zauberer, wollte sie sich einschiffen. Ach, es ist so furchtbar! Und alles ist meine Schuld! Wenn ich nicht wäre, ginge es meiner lieben Hanne noch gut …«
    Sie klang, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Auf ihrem Hals hatten sich rote Flecken abgezeichnet.
    Ludwig Haldersleben sprang aufgescheucht hinter seiner Theke hervor und legte ihr tröstend den Arm um die Schultern. Behutsam führte er sie zu einem Hocker vor dem großen Kachelofen.
    Als Elisabeth Hoffmann sich wieder ein wenig beruhigt und ihren Trachtenrock glatt gestrichen hatte, erzählte sie weiter:
    »Mein Mann wollte unbedingt, dass ich zu ihm zurückkomme und wir uns wieder versöhnen. Deshalb hat er die ganze Zeit Ruhe gegeben. Er hat sogar seine fürchterlichen Hunde und den Bären abgeschafft, weil er weiß, dass ich diese Tiere um mich herum nicht ertragen kann, und er hat mit dem Trinken aufgehört. Aber ich bin trotzdem hart geblieben. Es geht einfach nicht mehr, er ist zu weit gegangen. Diese Stunden, die ich im Keller in der dunklen Truhe verbracht habe …«
    Die Stimme versagte ihr. Ludwig Haldersleben legte ihr seine große Hand auf den Arm und murmelte ein paar Worte, die Gabriel nicht verstand. Dankbar blickte Elisabeth zu dem Kartenmacher auf. Sie schluckte noch zweimal, dann fuhr sie fort:
    »Nun ist ihm klar geworden, dass ich für immer weg bin – und schon geht der Ärger von vorne los. Ich weiß gar nicht, wie ich es den Mädchen sagen soll. Sie wissen noch nichts. Und selbst wenn Johanna noch in Venedig sein sollte, es wird ja mehrere Wochen dauern, bis sie wieder hier ist und etwas tun kann!« Sie blickte Gabriel aus ihren großen blauen Augen treuherzig an. »Dabei hatte sie es doch gerade so schön da unten! Sogar einen Heiratsantrag hat sie bekommen. Von einem echten Grafen. Stellen Sie sich das mal vor!«
    Einen Heiratsantrag? Johanna? Gabriel erstarrte. Plötzlich wurde ihm kalt. Er spürte, wie sich auf seinem ganzen Körper eine Gänsehaut bildete.
    »Ach, was rede ich da?«, sagte Elisabeth rasch, als sie die eingefrorene Miene des Geigers sah.
    Auch Ludwig Haldersleben wirkte irgendwie bekümmert, so als wäre er persönlich davon betroffen, dass Johanna Berger in der Fremde neue Verbindungen einging. Nervös nestelte er an seinem angegilbten Jabot.
    War er etwa auch in sie verliebt?, schoss es Gabriel durch den Kopf. Er musterte den Kartenmacher mit kühlem Blick. Nein, das konnte nicht sein! Dieser alte Kerl und Johanna … Wobei – so alt wirkte er jetzt gar nicht mehr. Und war Johannas Ehemann nicht auch viel älter gewesen als sie selbst?
    Aus dem Nebenraum schlurfte einer der Männer heran, die an der Druckerpresse gearbeitet hatten. Tatsächlich, es war Schosch, Johannas Gehilfe! Er war gewachsen, seit Gabriel ihn zum letzten Mal gesehen hatte: Aus dem patzigen Knaben war ein mürrischer junger Mann geworden. Er hatte die vordere Partie seiner schulterlangen Haare mit einer Spange am Hinterkopf befestigt, sodass sie ihm nicht ins Gesicht fiel. Eine Frisur, die man eher bei einem Mädchen vermutet hätte, dachte Gabriel. Dunkle Bartstoppeln durchstießen die Haut an seinem Kinn. Er trug eine Art Kittelschürze über mehreren Pullovern und Stulpenstiefel. Auf einem großen Holztablett balancierte er eine frisch gedruckte Landkarte, die er samt Unterlage vorsichtig auf dem hohen Tischchen mit dem aufgeschlagenen Atlas ablegte.
    »Hier!«
    Er deutete mit dem von Druckerschwärze verschmierten Zeigefinger auf eine Stelle auf der Landkarte.
    Gabriel sog unwillkürlich den herben Geruch der feucht schimmernden Farbe ein. Noch immer wusste er nicht, was er von Elisabeth Hoffmanns Eröffnung halten sollte.
    Umständlich kramte der Kartenmacher eine große Lupe aus seiner Tasche und hielt sie sich vor die Augen. Kopfschüttelnd inspizierte er den Druck.
    »So geht das nicht!«, sagte er schließlich an Schosch gewandt. »Die Platte muss erst nachgraviert werden, bevor ihr weiterdruckt.«
    Während Schosch, ohne Gabriel eines Blickes zu würdigen, mit trotzigem Gesichtsausdruck in die Werkstatt der Kupferstecher hinüberschlurfte, drehte sich der Kartenmacher zu Elisabeth und Gabriel um.
    »Das ist ein Probedruck. Eine Karte des Schlaraffenlandes. Der Entwurf stammt von meinem alten Meister Johann Baptist Homann aus Nürnberg. Dort bin ich in die Lehre gegangen.«
    Er klang fast ein wenig eitel, bemerkte Gabriel befremdet. Als

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