Die kalte Brut
was anderes, bis ich zurück bin, hm?«
Mit aufreizendem Hüftschwung ging Lilith los.
Ein zweites Mal hinein in die Hölle, in der sie einst zur Welt gekommen war.
*
Neech Roven vergaß allmählich, was Entsetzen war. Für ihn wurde es zur Gewohnheit. Wie auch der Schmerz, von dem er erst geglaubt hatte, er müßte ihn umbringen .
Das Funkeln der unzähligen (er hatte es mehr als einmal versucht und nicht geschafft) Augen um ihn her, es rührte ihn nicht mehr.
Das Rascheln und Fiepen im Dunkeln hörte er kaum noch.
Wohl aber das Stöhnen und Bibbern von Danny Melville. Und das harte Klacken, mit dem Harvey Johnsons Zähne aufeinander schlugen.
Er machte ihnen keinen Vorwurf. Er sagte überhaupt nichts. Weil die Ratten jeden Laut damit quittierten, daß sie den Kreis um ihre Gefangenen enger zogen.
Ihr Gestank war ohnedies schon kaum erträglich. Aber auch daran hatte sich Neech Roven in den Stunden, die sie nun schon in Finsternis und Kälte zubrachten, gewöhnt, einigermaßen wenigstens.
Die Hoffnung, die vor einer Weile in ihm aufgestiegen war, hatte sich längst wieder gelegt. Beinahe hatte Roven schon vergessen, daß jemand hier gewesen war, eine Frau, die ihnen hatte helfen wollen -und selbst fast draufgegangen wäre.
Oder war sie es sogar?
Er wußte es nicht.
Die Fremde war verschwunden. Gut möglich, daß die Monster sie erwischt hatten. Und im Grunde war es auch egal.
So egal, wie ihm sein eigenes Schicksal zu werden begann. Neech Roven fing an, den Tod zu akzeptieren. Und wie auf einem Nebengleis seines Bewußtseins dachte er darüber nach, daß der Zeitpunkt nicht mehr fern sein konnte, da er sich den Tod wünschen würde.
Ausgerechnet er! Neech Roven, der Haudegen. Der Held. Der Mann, der dem Teufel ins Gesicht spuckte!
Es wäre zum Lachen gewesen, hätte Roven noch den Willen dazu aufgebracht.
Anfangs hatte er noch versucht, den Ratten zu entkommen. Besinnungslos hatten sie ihn sowie Melville und Johnson hierher gebracht, wo immer dieses Hier auch war. Als er wieder zu sich gekommen war, hatte Roven festgestellt, daß die Biester ihm seine Ausrüstung - Funk und Waffen - abgenommen hatten, wie auch immer sie das fertiggebracht haben mochten.
Er hatte gedacht, er könnte ihnen trotzdem entkommen - und er hatte es versucht.
Ein Stückweit war er sogar gekommen. Und durch Zufall war er über einen herrenlosen Funkhelm gestolpert. Es war ihm auch gelungen, einen Funkspruch abzusetzen; ob der allerdings empfangen worden war, wußte Roven nicht.
Dann hatten ihn die Ratten erwischt. Zu Dutzenden hatten sie sich auf ihn gestürzt. Und dafür gesorgt, daß er nicht mehr flüchten konnte - - indem sie ihm den rechten Fuß abgefressen hatten. Dicht über dem Knöchel. Den Knochen hatten sie durchgebissen wie ein Biber, der einen Baumstamm durchnagte.
Aber das hatte Neech Roven schon nicht mehr gespürt.
Als er wieder aufwachte, war sein Fuß weg gewesen. Und trotzdem hatte er höllisch wehgetan. Phantomschmerz nannte man das wohl. Roven hatte schon davon gehört. Aber nie geglaubt, daß er einmal am eigenen Leibe erfahren würde, was dieser Begriff bedeutete.
»Ich versuch's. Scheiße, ich versuche es!«
Danny Melvilles Stimme zitterte, klang so hoch wie die einer Sopranistin.
Roven spürte die Bewegung des Jungen in der Dunkelheit.
»Laß es«, zischte er.
»Nein, ich hau ab, verdammt!«
»Das werden sie nicht zulassen«, mischte sich Harvey Johnson ein.
»Mir egal. Dann erwischen sie mich eben. Immer noch besser, als hier 'rumzuliegen und darauf zu warten, daß sie -«
Danny Melville erhob sich. Kleidung raschelte. Stiefelsohlen schabten über den Boden.
Und ringsum erwachte die Dunkelheit zum Leben.
Es war, als schlage ein schwarzer Ozean Wellen.
Die Ratten kamen.
Danny Melville schrie auf. Stürzte, schlug mit einem dumpfen Laut zu Boden. Etwas erstickte seinen Schrei.
Kupfergeruch überlagerte den Gestank der Ratten.
Dann schleiften sie Danny Melville fort. Nicht sehr weit allerdings. Neech Roven und Harvey Johnson konnten hören, was mit dem jungen Polizisten geschah - feuchte Laute drangen zu ihnen, leises Reißen wie von nassen Tüchern, und der metallene Geruch wurde stärker.
»O großer Gott, was tun die Biester ihm an?« keuchte Johnson.
»Möcht's nicht wissen«, knurrte Roven, aber seine Phantasie gaukelte ihm Bilder vor, und er wußte, daß die Wirklichkeit sie noch übertraf.
»Klingt, als würden sie Danny ...«, Johnson würgte, »... verfüttern!«
Der
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