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Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
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durch dieses Gespräch, bei dem wir immer wieder am Anfang standen. Dann blickte ich zu Calyx, die nickte, als ob ich meine Sache gut machte. »Als mir die Vampyrin namens Pythia durch ihren Atem das Leben im Tode schenkte, hatte ich da die Wahl der Natur? Ich war zu der Überzeugung gelangt, dass das Leben aus Verrat und Wahnsinn bestünde. Ich hatte zugesehen, wie meine Mutter, Armaela von den Feldern, für ein Verbrechen verbrannt wurde, bei dem es sich um ein Verbrechen der Natur handelte, und nicht um eines, das sie begangen hatte. Ich sah zu, wie mein Bruder von Männern niedergemetzelt wurde, nur weil sie gewollt hatten, dass er stürbe. Und ich metzelte während meines sterblichen Lebens aus dem gleichen Grunde Männer nieder. Im Krieg stapelten wir die Leichname hoch auf und priesen den Herrn, wenn wir ihre abgetrennten Häupter in den Händen hielten. Und doch – als ich gezwungen war, vor jener Schwelle zu fliehen, die das Gebiet des Todes von dem des Lebens trennt, und in dieses Leben zurückzukehren, war ich da ein schlechteres Wesen, als ich es damals gewesen war, als ich Hunderte von Männern in den Tod geschickt hatte? War ich schlechter als der Baron, die Priester und die Mönche, die
meine Mutter den Flammen übergaben? Haben Bluttrinker je in einem solchen Ausmaß Menschen abgeschlachtet und vernichtet, wie es die Frau namens Enora getan hat, die mit ihren Chymers die Toten auferweckt? Haben Bluttrinker die unschuldigen Kinder des Dorfes mit einer Moorfliegenplage getötet? Oder die Tiere des Feldes, die unter unerträglichen Qualen sterben mussten? Nein, ich und mein Volk haben solche Dinge nicht getan. Außerdem ist mein Naturell zur Zeit meines sterblichen Lebens böse und gierig gewesen. Ich hatte vieles begehrt und nichts unternommen, um das Leiden anderer zu lindem. In meinem Leben als Unsterblicher habe ich zwar eine Handvoll Menschen getötet, um zu überleben und meinen Durst zu stillen, aber nun bin ich hier, um jene zu bekämpfen, die einen großen Teil des Großen Waldes zerstört haben und ihn noch weiter vernichten werden. Diejenigen, die die uralten Geister der Moore beschworen haben, welche Tausende von Jahren schliefen, und diejenigen, die Krankheiten und Plagen über das Land bringen. Kinder wurden geopfert, ihr Blut vergossen. Die Toten werden angerufen, damit sie sprechen, da die Lebenden es nicht können. Die Natur selbst bekam die Fesseln und Handschellen der Eindringlinge zu spüren, die durch den Riss im Schleier herkamen. Dies ist der Große Übergang, der niemals stattfinden darf. Und ich bin hier, um dagegen zu kämpfen.«
    »Wir können keinem Bluttrinker trauen, gleichgültig, wie hübsch seine Worte auch gewählt sein mögen«, erwiderten sie.
    Calyx trat vor, in ihren Kreis. Obwohl die Gestalten der Briary Maids wie Gas flimmerten, wichen sie nicht vor ihr zurück. »Ihr kennt mich seit meiner Geburt.«
    »Ihr seid das Wechselbalg«, antworteten sie, und einen Augenblick
lang war ich mir sicher, dass sie ihre Köpfe vor ihr neigten, als handelte es sich bei ihr um eine fürstliche Persönlichkeit. »Wir sind diejenigen, die Euch fanden und Mere Morwenna zu den Felsen führten, in die Ihr in der Nähe der Quellen von Meringon gebettet wart. Wir wärmten Euch mit dem Feuer unserer Hände und brachten die Wölfin zu Euch, so dass Ihr an ihrer Zitze saugen konntet. Und als Mere Morwenna Euch aufhob, küssten wir Euch, auf dass Ihr im Leben gesegnet sein solltet.«
    »Ich bin dieses Kind, nun eine Frau«, antwortete Calyx. »Und ich kenne den Falkner seit seiner Jugend. In seinem menschlichen Leben war er nicht eben ein Heiliger. Aber nun, da er ein Bluttrinker ist, lodert eine Flamme in seiner Seele, und sie wächst täglich.«
    »Wir lieben Euch wie eine von uns«, gaben sie zurück, »unser geliebtes Kind. Aber unsere Prophezeiungen sind für menschliche Ohren bestimmt, nicht für die von Bluttrinkem, gleichgültig wie wortgewandt sie auch sein mögen.«
    »Und Ihr?«, unterbrach ich sie. »Seid Ihr denn natürlich, Ihr Jungfrauen des Sumpfgases?«
    Calyx warf mir einen ärgerlichen Blick zu, als wäre ich damit zu weit gegangen. Die Briary Maids beobachteten mich neugierig, als wunderten sie sich über die Verwegenheit meiner Frage. Calyx hob die Arme, um sie zu beruhigen.
    Als ich die Gesichter der Briary Maids ansah, verschmolzen sie miteinander, bewegten sich gemeinsam und wurden zu einem einzigen Wesen. Ich spürte eine so starke Hitze, als ob sie – die eine, zu

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