Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die kalte Koenigin

Die kalte Koenigin

Titel: Die kalte Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Clegg
Vom Netzwerk:
Hörst du sie, durch dieses barbarische Gebrüll hindurch? Hörst du sie?«
    Ich blickte zum Nachthimmel hinauf und glaubte, möglicherweise ein schrilles Kreischen zu hören, als ob jemand im Himmel gefoltert würde.
    »Sie lieben es, wenn einer von uns entkommt«, erklärte er. »Dann schwärmen sie aus und bringen uns zur Strecke. Am Himmel sind es die Moms. Auf der Erde die Wölfe. Dies ist ein Ort der Zauberei, die stärker ist als unsere.«
    Dennoch hatte ich das Gefühl, es wäre einen Versuch wert.
Ich blickte in beide Richtungen der Arena, als die Leute mit den Füßen aufstampften und nach uns brüllten, über den Tod der Opferjungfrau jubelten, über das Blut, das in der Arena ihres eigenen Volkes vergossen worden war. Mein Ekel vor der Welt der Sterblichen erreichte in jener Nacht seinen Höhepunkt, da sie kein Erbarmen mit ihren gefallenen Helden oder ihren Jungfrauen besaßen. Ich sah durch die Arena in Richtung der geöffneten Falltüren, und fragte mich, ob es wohl einen Weg gäbe, sich hinabgleiten zu lassen. Aber als ich meinen Blick über sie schweifen ließ, bemerkte ich eine Bewegung am Rande eines der Quecksilberkübel.
    Ich erblickte den Wolf, der aus seinem Käfig gefallen war, lange bevor ich das Opfer des Spiels erreicht hatte.
    Er hatte gewartet, als wäre er geduldig genug, um das Ende der Nacht abzuwarten. Nun begann er sich in unsere Richtung zu bewegen, und dann sah ich, dass da noch andere Wölfe waren, die sich ebenfalls auf Ewen und Midias zubewegten. Wir hoben alle Waffen auf, die wir finden konnten, und jeder von uns bereitete sich auf ihren Angriff vor.
    Sie bewegten sich erst trottend und dann schneller, bis sie über den Boden der Arena zu springen schienen. Ich verfügte über einen Speer, den ich aus dem Bauch eines gefallenen Kriegers gezogen hatte, und hielt ihn bereit. Wir drei trennten uns, damit sich jeder einen Wolf vornehmen und einen weiteren Gegner bekämpfen konnte.
    Du bist der letzte Kämpfer, Wolf , dachte ich, als er auf mich zukam. Komm nur her , um mich zu holen. Komm nur her .
     
    Der rennende Wolf veränderte leicht seinen Kurs. Er machte einen Satz auf das Mauerende der Bühne zu, direkt unterhalb
der Publikumstribünen. Ich beobachtete, wie er sich langsam und sehr vorsichtig auf den großen Bottich mit dem Quecksilber zubewegte. Wie konnte dies sein? Wie konnte ein Wolf wissen, dass er seine Pfoten in das flüssige Silber zu tauchen hatte? Und dennoch tat er es.
    Dann richtete er sich auf. Einen Augenblick lang dachte ich, er würde sich nun auf zwei Beine erheben. Als ich auf ihn zurannte, sah ich, wie sich der Wolf in Nebel aufzulösen schien. Oder täuschte mich mein Augenlicht durch den Rauch und den Fackelschein? Denn ich sah, dass sich der Wolf in eine Frau verwandelt hatte – eine trügerische Frau, deren Gesicht mit dem eines Hundes zu verschmelzen schien und deren Körper mit einem Wolfsfell bedeckt war. Auf ihrem Kopf trug sie Schnauze und Ohren jener Kreatur.
    Sie hob die Hände, und das flüssige Silber tropfte von ihnen herab.
    Ich verstand diese Art von Zauberei nicht. Sie aber zog rasch eine Armbrust aus den Falten ihres Wolfsfelles, und als sie sich auf mich zubewegte, indem das Silber von ihren Händen heruntertropfte, schoss sie ebenso schnell damit. Da sie genau zielte, traf mich der Pfeil mitten in den Bauch. Ich fiel auf die Knie und keuchte vor Schmerz. Kurz drehte ich mich um, in der Hoffnung, Midias wäre da, oder auch Ewen, mit einem Krummschwert. Unglücklicherweise musste ich erkennen, dass sie bereits mit Silbemetzen bedeckt waren, von ähnlich merkwürdigen Frauen in zeremoniellen Gewändern geworfen. Sie waren aus Falltüren gekommen, die wir noch nicht gesehen hatten.
    Niemand siegt in diesem Spiel.
    Der Pfeil war mit Widerhaken besetzt, er bestand aus geschnitztem
Knochen. Instinktiv griff ich danach, um ihn mir aus dem Leib zu reißen, aber die Widerhaken schmerzten an meinen Fingern – sie waren mit mehr getränkt als bloßem Silber.
    Ich drehte meine Handflächen nach oben, um mir die kleinen Stacheln anzusehen – Haizähne, vermutete ich -, die in meinen Handballen steckten. Dann spürte ich, wie ein Stoff in mein Blut eindrang.
    Der Schmerz ließ rasch nach, als mich ein seltsam verwirrendes Gefühl überkam. Ich konnte nur noch schwach atmen und bemerkte kaum, dass die Wolfsfrau eine dünne, aber starke Schnur an dem Knochenpfeil befestigt hatte. Mit einiger Kraft begann sie daran zu ziehen und zerrte mich langsam

Weitere Kostenlose Bücher