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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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sein.« Als sie bejahte, bat er sie um ihren Klinikausweis und verglich das Foto darauf gründlich mit ihrem Gesicht. Sie nahm ihre Sonnenbrille ab, um ihm die Sache zu erleichtern. Offensichtlich zufrieden, gab er ihr den Ausweis zurück.
    »Ich bin Karl Tripp, Mrs. Quests rechte Hand. Tut mir Leid, dass Sie warten mussten. Würden Sie bitte mitkommen …«
    »Aber gern«, sagte Dr. Treffler und ging neben ihrem Begleiter her. Der Plastikausweis mit seinem Foto, dem Namen und der Ausweisnummer faszinierte sie. Wenn er jetzt vom Blitz getroffen würde, wäre sie dann so geistesgegenwärtig, den Ausweis abzureißen und ihn seinen Hinterbliebenen zu schicken?
    »Sind Sie das erste Mal in Langley?«, fragte Tripp, während er dem uniformierten Wachmann am Haupteingang die unterzeichnete Bevollmächtigung zeigte, eine Frau namens Bernice Treffler ins Gebäude bringen zu dürfen.
    »Leider, ja«, erwiderte sie.
    Der Wachmann stellte einen Besucherausweis aus, der genau eine Stunde gültig war, und notierte Dr. Trefflers Namen und die Nummer des Ausweises in einem Registrierbuch. Karl Tripp heftete den Ausweis ans Revers ihrer Jacke, und dann gingen die beiden einen langen Korridor entlang zu den Aufzügen. Dr. Treffler wollte gleich in den ersten, der kam, einsteigen, aber Tripp zupfte sie am Ärmel und hielt sie zurück. »Wir nehmen den Expressaufzug in den sechsten Stock«, flüsterte er.
    Einige junge Männer, die vor den anderen Aufzügen für Normalsterbliche warteten, schielten herüber und fragten sich, wer die schick gekleidete Frau wohl sein mochte, die offensichtlich in der Chefetage erwartet wurde. Als die Tür schließlich im sechsten Stock aufging, musste Dr. Treffler eine weitere Sicherheitskontrolle über sich ergehen lassen, bevor Tripp sie über einen uniformgrauen Korridor zu einer Tür führte, an der ein Schild mit der Aufschrift »Nur DDO-Personal« hing. Er schloss die Tür mit einem Schlüssel auf, den er an einer Kette an seinem Gürtel trug, und bedeutete ihr, vor einem halbmondförmigen Schreibtisch Platz zu nehmen. »Kaffee? Tee? Cola light?«
    »Nein, vielen Dank.«
    Tripp verschwand und schloss die Tür hinter sich. Treffler sah sich um und überlegte, ob dieses winzige, fensterlose Kabuff wirklich das Büro von jemand so wichtigem sein konnte wie Crystal Quest, mit der sie schon mehrmals telefoniert hatte, seit Martin Odum bei ihr in Behandlung war. Kurz darauf öffnete sich eine schmale, versteckte Tür in der Wandvertäfelung hinter dem Schreibtisch, und Mrs. Quest erschien aus einem größeren, luftigeren Büro. Sie war offensichtlich ein gutes Stück älter, als sie am Telefon klang, und trug einen Hosenanzug mit breitem Revers, der ihre Weiblichkeit nicht gerade betonte. »Ich bin Crystal Quest«, verkündete sie sachlich, während sie sich über den Schreibtisch beugte und Dr. Treffler die Hand drückte, um sich dann rückwärts in den Korbdrehsessel sinken zu lassen. Sie griff in die unterste Schublade des Schreibtisches und zog eine Thermoskanne heraus.
    »Frozen Daiquiris«, erklärte sie und stellte zwei gewöhnliche Wassergläser auf den Tisch, von denen sie aber nur eins füllte, als ihre Besucherin dankend abwinkte. »Sie sind also Bernice Treffler«, sagte sie. »Am Telefon klingen Sie älter.«
    »Und Sie klingen jünger – tut mir Leid, ich wollte damit nicht …«
    Sie lachte nervös. »Kein schöner Gesprächsauftakt.«
    »Ich fasse das nicht als Beleidigung auf.«
    »So war es auch nicht gemeint.«
    »Kommen wir zu Martin Odum.«
    »Ich habe Ihnen einen Zwischenbericht geschickt –«
    »Papier ist geduldig«, unterbrach Quest sie mit einem verkniffenen Lächeln. »Das soll keine Beleidigung sein.«
    »Martin Odum leidet an einer Multiplen Persönlichkeitsstörung, genannt MPS.« Dr. Treffler hörte, wie Crystal Quest Eisstückchen zwischen den Backenzähnen zermalmte. »Ursache solch einer Störung ist immer ein Trauma«, fuhr die Psychiaterin fort, »nicht selten ein Kindheitstrauma wie sexueller Missbrauch. Das Trauma verursacht einen Kurzschluss im narrativen Gedächtnis und führt zu der Ausbildung von multiplen Persönlichkeiten, von denen jede über eigene Erinnerungen, Fähigkeiten und Emotionen verfügt, sogar über eigene Fremdsprachenkenntnisse. Patienten mit MPS wechseln häufig von einer Persönlichkeit zu anderen, wenn sie in Stress geraten.«
    Crystal Quest fischte ein Stück Eis aus ihrem Glas und steckte es sich in den Mund. »Hat er das Trauma

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