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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Littell
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zuvor der späteren Mrs. Lee den Hof gemacht hatte. Martin hatte auch eine Anekdote über Old Pete Longstreet parat. Der General soll sich ein Damenschultertuch umgelegt haben, ehe er durch ein Standfernrohr die Schlacht beobachtete und meinte, der Angriff der Unionsarmee sei eine Finte und die eigentliche Offensive würde woanders starten.«
    Der Vorsitzende spähte Dante über den Rand seiner Nickelbrille an. »War Bobby Lee der General, den wir als Robert E. Lee kennen?«, fragte er.
    »Genau der«, sagte Dante von seinem Platz an der Wand. »Die Virginier nannten ihn Bobby Lee – allerdings sprach ihn keiner so an.«
    »Na, da lässt sich doch allerhand draus machen«, sagte der Vorsitzende zu den anderen. »Unser Mann ist vielleicht kein Bürgerkriegsexperte, aber mit einem bisschen Hilfe könnte er durchaus einer werden, nicht wahr?«
    »Womit wir zum Namen kommen«, sagte Maggie Poole. »Und was wäre für einen Bürgerkriegsexperten logischer, als ihn Lincoln zu nennen?«
    »Da könnten wir ihm auch gleich den Vornamen Abraham verpassen«, feixte der Aversionstherapeut.
    » Va te faire cuire un œuf « , fuhr Maggie Poole ihn an und musste offensichtlich den Impuls unterdrücken, ihm die Zunge rauszustrecken. »Nein, ich habe an Lincoln als Vornamen gedacht, weil das einer Legende als Bürgerkriegsexperte Glaubwürdigkeit verleihen würde.«
    »Lincoln Soundso hört sich für mich durchaus elegant an«, rief Dante von der Wand her.
    » Merci, Mr. Pippen. Schön, dass Sie so aufgeschlossen sind, was man von einigen anderen hier im Raum nicht behaupten kann«, sagte Maggie Poole.
    »Ich kannte in Chicago mal einen Waffensammler namens Dittmann – mit zwei t und zwei n « , sagte die Lexikographin. »Der hatte sich auf Schusswaffen aus dem Bürgerkrieg spezialisiert. Sein ganzer Stolz war ein englisches Scharfschützengewehr, das hieß Whentworth oder Whitworth oder so ähnlich. Die Waffe schoss mit Papierpatronen, die sündhaft teuer waren, aber sie galt in den Händen eines erfahrenen Scharfschützen als tödlich.«
    »Lincoln Dittmann ist ein Name mit … Gewicht«, befand der Vorsitzende. »Wie gefällt er Ihnen, Mr. Pippen?«
    »Ich könnte mich dran gewöhnen«, stimmte er zu. »Und es wäre durchaus originell, aus einem Geheimagenten einen Bürgerkriegsexperten zu machen.«
    Die Mitglieder des Legendenausschusses wussten, dass sie fündig geworden waren, und jetzt sprudelten sie vor Ideen nur so über.
    »Er könnte doch zunächst selbst die Schlachtfelder besichtigen.«
    »Er sollte sich auch eine Sammlung von Bürgerkriegswaffen zulegen.«
    »Ich mag Waffen«, verkündete Pippen von seinem Platz aus. »Ja, eine eigene Sammlung mit Bürgerkriegswaffen wäre eine gute Tarnung für einen Waffenhändler. Genau darauf will Fred Astaire mit dieser Legende auch hinaus.«
    »Dann müssen wir die Legende also auf einen Waffenhändler abstimmen.«
    »Ja.«
    »Wer in Gottes Namen ist Fred Astaire?«
    »Das ist Mrs. Quests interner Spitzname.«
    »Du meine Güte.«
    »In welchem Teil der Welt würde Lincoln Dittmann operieren? Wer wären seine Kunden?«
    »Seine Kunden wären alle möglichen Leute, die darauf aus sind, Amerika Schaden zuzufügen«, sagte er.
    »Um in Lincoln Dittmanns Rolle zu schlüpfen, müssten Sie Ihre Hausaufgaben machen.«
    »Hätten Sie was dagegen, sich in ein Thema einzulesen, Mr. Pippen?«
    »Im Gegenteil. Würde mir Spaß machen.«
    »Er bräuchte glaubwürdige Referenzen.«
    »Okay. Fassen wir also zusammen. Er ist in Jonestown, Pennsylvania, aufgewachsen und war als Kind so häufig in Fredericksburg, dass er das Schlachtfeld in- und auswendig kannte, während andere in seinem Alter noch Batman-Comics lasen.«
    »Sein Vater könnte eine Kette von Haushaltswarenläden gehabt haben, mit der Hauptfiliale in Fredericksburg, dann hätte er mehrmals im Jahr dorthin gemusst. Dass er möglichst oft seinen kleinen Sohn mitgenommen hat, ist ja schließlich ganz normal …«
    »Natürlich! Er hätte ihn in den Schulferien gut mitnehmen können. Der kleine Lincoln Dittmann wird zusammen mit anderen Jungs das Schlachtfeld nach Bürgerkriegsandenken abgesucht haben, die nach heftigen Regenfällen an die Oberfläche gespült werden.«
    »Irgendwann hat Lincoln seinen Vater dazu gebracht, in der Gegend nach Gewehren und Pulverhörnern und Orden zu suchen, wenn er mit dem Wagen – geben wir ihm einen Studebaker – in Fredericksburg war, um in seiner Filiale nach dem Rechten zu sehen. Viele

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