Die kalte Nacht des Hasses
einen leisen spanischen Akzent. »Wer zum Teufel sind Sie? Sie sind eingebrochen.«
»Falsch. Ich bin hier mit Erlaubnis der Besitzerin, und Sie stecken tief in der Scheiße, weil ich Sie wegen Einbruchs der Polizei Miami überstellen werde, ganz zu schweigen von einem tätlichen Angriff. Haben Sie vielleicht deren Nummer?«
»Warten Sie, nein, Moment, hören Sie, bitte nicht. Sie verstehen nicht. Bitte. Warten Sie bloß einen Augenblick. Ich bin bloß hier, um rauszukriegen, wo Hilde ist. Sie sollte inzwischen zu Hause sein, ist aber nicht gekommen, und ich kann sie nirgends erreichen. Ich habe die Wohnung oben in Missouri angerufen, wo sie wohnt, aber auch da geht keiner ran. Ich habe das Hotel angerufen, in dem sie den Wettbewerb abhalten, und ich habe versucht, ihre Schwester zu erreichen, aber niemand sagt mir irgendwas. Ich mache mir wahnsinnige Sorgen.«
»Okay, halten Sie einfach eine Minute den Mund, dann klären wir das. Aufstehen. Langsam.«
Er mühte sich auf die Beine und zuckte dann plötzlich nach rechts und schlug den Arm mit meiner Pistole in die Höhe. Ein Schuss löste sich, die Kugel traf die Zimmerdecke, und dann war er weg, er rannte durch den Flur und zur offenen Tür hinaus. Ich folgte ihm über den Strand und gab einen Warnschuss in die Luft ab, was ihn jedoch nicht weiter kümmerte. Ich fluchte, rannte hinter ihm her, und machte sogar Boden gut, als ich auf dem Sand hinter mir schwere Schritte hörte. Ich wandte mich um und sah einen großen Schwarzen mit langen jamaikanischen Dreadlocks hinter mir, aber bevor ich meine Waffe in seine Richtung wenden konnte, packte er mich schon um die Hüfte. Wir stürzten gemeinsam, er auf mir drauf, und ich rang nach Luft. Eine Sekunde später drückte ich ihm meine Pistole gegen die Wange. Das Problem war nur, dass er seine .45er gegen meine rechte Brust presste. Wir starrten einander in die Augen und sagten dann gleichzeitig: »Polizei! Lassen Sie die Waffe fallen.«
Dasselbe atemlose Knurren, auch diesmal fast gleichzeitig. Wir waren ja ein tolles Team. Er schaute beinahe genauso überrascht wie ich, da war ich sicher.
»Sie zuerst«, schlug ich höflich vor.
»Keinesfalls. Ladies first«, widersprach er. Auch er hatte irgendeinen Akzent, vielleicht jamaikanisch, er sagte keinesfalls in einem Singsang wie eine Calypso-Ballade. Er trug ein schwarzes Leinenhemd mit blutroten Orchideen darauf, wie das Mitglied einer Steeldrum-Band, und sein ärgerlich gerunzeltes Gesicht hatte fast dieselbe Farbe wie die Orchideen.
»Nehmen Sie die linke Hand und zeigten Sie mir langsam Ihre Marke, und vielleicht könnten Sie sich auch verdammt noch mal von mir runterrollen«, schlug ich, diesmal nicht ganz so höflich, vor.
Der Kerl drückte mich mit seiner Brust in den Sand, während er seine Marke aus der hinteren Hosentasche seiner Jeans zog und sie direkt vor mir aufklappte. Seine Pistole rührte sich nicht, und ebenso wenig änderte sich die Intensität seiner karamellbraunen Augen.
»Okay, legen Sie jetzt die Waffe hin«, sagte er.
Er sagte dia Waffa, aber da ich definitiv im Nachteil war, legte ich dia Waffa in den Sand und tastete nach der Polizeimarke, die um meinen Hals hing. Ich zog sie unter meinem T-Shirt hervor und sagte: »Okay, ich glaube Ihnen. Hier ist meine.« Ich hob sie, damit er sie anschauen konnte. Er steckte seine Waffe nicht weg und warf kaum einen Blick auf meine Marke. Stattdessen schmiss er meine Waffe ein paar Meter weiter weg und zielte weiterhin auf meinen Kopf.
»Umdrehen, Lady. Ich lege Ihnen Handschellen an und buchte Sie ein.«
»Ihnen ist wohl die Marke nicht aufgefallen, die ich Ihnen vors Gesicht halte?«
»In jeder Pfandleihe in Florida kriegt man gefälschte Marken. Vor allem Killer laufen mit welchen rum, die super aussehen, genau wie Ihre.«
»Killer? Sie glauben, ich wäre ein Killer?« Ich lachte ebenso herzlich wie verächtlich. »Oh, das ist ja toll, Officer. Und vielen Dank auch, denn Sie haben gerade meinen Mordverdächtigen entkommen lassen. Gute Arbeit.«
»Halten Sie den Mund. Drehen Sie sich um. Hände hinter den Rücken, Mann, und machen Sie nichts Dummes.«
»Tut mir leid, Mann, aber der einzig Dumme hier sind Sie. Ich kann beweisen, dass ich Detective bin, ich bin wegen einer Mordermittlung aus Missouri hier. Fragen Sie doch in der Stadt, wenn Sie mir nicht glauben.«
»Ach ja? Ganz schön weit weg von zu Hause, oder? Lustig, niemand auf der Wache hat mir erzählt, dass Sie auf Besuch kämen. Tut
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