Die kalte Nacht des Hasses
aber das ließ ich dann doch lieber.
»Und wie nett, Ihnen zu begegnen, Chica. «
Chica? Wo war ich denn jetzt gelandet? Vera Cruz? Ich lächelte, als amüsierte ich mich prächtig. Immerhin hatte er mir ein Geschenk gekauft. Vielleicht eine neue Pistole mit abgefeilter Seriennummer, irgendwas, was man immer brauchen konnte, vor allem hier und jetzt.
»Nicky sagt, Sie sind hier, um an einem Fall zu arbeiten. Sind Sie damit schon vorangekommen?«
Ich nickte, gab aber keine weiteren Details preis. Irgendwo muss Schluss sein.
»Ich glaube, ich kann Ihnen vielleicht helfen, aber wo bleiben meine Manieren. Möchten Sie etwas trinken? Eine Piña Colada vielleicht?«
»Ich trinke nicht, aber trotzdem vielen Dank.«
»Nicky?«
»Im Moment nicht.«
»Nun, dann setzt euch, por favor. Damit wir uns kennenlernen können.«
Wir setzten uns. Er rauchte. Keiner sagte etwas. Das war ja ein tolles Kennenlernen.
Rangos stieß eine Wolke stinkigen Rauch aus und betrachtete mich, als wäre ich ein seltenes Exemplar der Gattung »Gesetzeshüter«. »Ich habe gehört, meine Liebe, dass Sie heute von einem unserer Männer angesprochen wurden.«
Oh-oh. »Wie kommen Sie denn darauf, Mr Rangos?«
Er sah mich an, wobei er sich unangemessen lange auf mein Pflaster konzentrierte, und dann legte er seinen grauen Kopf mitsamt der Löwenmähne in den Nacken und lachte dröhnend, was mich ein bisschen nervös machte, musste ich zugeben.
»Wir haben ein Auge auf alles, was hier in der Gegend geschieht. Und das Pflaster in ihrem Gesicht und das geschwollene Auge bestätigen meine Informationen, oder?«
»Ich will wirklich nicht unhöflich sein, aber ich arbeite hier unten an einem Fall und kann darüber leider keine Auskünfte geben.« Obwohl ich das Gegenteil beteuerte, klang ich unhöflich, das war mir klar, also setzte ich Black zuliebe mit einem breiten Grinsen hinzu: »Aber ich weiß Ihre Sorge um mein Wohlergehen zu schätzen. Und meine Kopfschmerzen sind schon fast abgeklungen.«
»Ich habe eine hübsche Überraschung für Sie.«
Oha. Ich sah plötzlich vor mir, wie meine Füße in einen Eimer mit Beton sanken und hörte ein Motorboot in Richtung Bermudadreieck röhren. »Wie aufmerksam von Ihnen.«
»Ich fühle mich dafür verantwortlich, was Ihnen heute zugestoßen ist.«
»Darüber sollten Sie sich keine weiteren Gedanken machen.« Ich warf Black einen Hilfe suchenden Blick zu. Er war plötzlich wirklich ganz schön still geworden, lächelte mich aber an und nahm meine Hand. Ich runzelte die Stirn und nahm sie ihm weg. Ich mochte ihn sehr, aber ich würde ganz bestimmt nicht hier mit ihm kuscheln, um seinen »wahren« Patenonkel zu beeindrucken.
»Kommen Sie, ich zeige es Ihnen.«
Wir erhoben uns alle und José stützte sich schwer auf einen weißen Gehstock mit einem silbernen Knauf in Form eines Löwens, dessen Mähne fast so aussah wie Josés eigene. Wir gingen um den Pool herum in einen üppigen Blumengarten voller Geranien und Springkraut, alle möglichen interessanten Düfte lagen in der Luft, und José hielt mir kleine Vorträge über alle seine Elefantenohren und Bougainvillea-Pflanzen an dem künstlerisch beleuchteten Weg. In seiner Freizeit war er Gartenbaukünstler, berichtete er mir, und ich schätzte, das sollte heißen, wenn er gerade niemanden über die Klinge springen ließ. Black schien plötzlich unheimlich interessiert an diesem Gartenkram, und ich fragte mich, wie viele andere Verbrecher er noch derart gut kannte. Vielleicht waren seine Verbindungen auf die südlichen Bundesstaaten beschränkt, möglicherweise mochte er nur tropische Gangsterbosse.
Wir spazierten etwa fünf Minuten auf gewundenen Wegen durch üppiges Grün, das gut roch, hin und wieder kamen wir an glucksenden Brunnen vorbei und unsere Füße knirschten über weiße Muscheln. Unterwegs fiel mir durchaus die über zwei Meter hohe Mauer um den Garten herum auf, natürlich in rosa, auf deren Oberkante sich irgendwelche scharfen Spikes sowie gewundener Stacheldraht befanden, ganz zu schweigen von den sieben Dänischen Doggen, die in ihrem Maschendrahtkäfig knurrten. Ich fragte mich, wie viele unglückliche Leute diesen Weg entlanggegangen waren, und ob sie jetzt auf dem Grunde des Ozeans herumstanden und ihr Haar sich im Golfstrom wiegte. Black lächelte immer noch, also standen wir wohl nicht auf der Liste, oder vielleicht lächelte er auch nur, weil er nicht darauf stand.
Nach einer Weile begann ich mich zu fragen, ob wir am Ende bis
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