Die kalte Nacht des Hasses
ernsthafte, konzentrierte Session mit dieser Frau haben musste, und zwar möglichst zügig.
Mein Handy klingelte und ich trat ein paar Schritte zur Seite, denn im Display sah ich, dass es Charlie war. Ich war nicht bereit für den Ärger, hatte aber auch nicht den Mut, es klingeln zu lassen, ohne ranzugehen.
»Ja, Sir.«
»Wo zum Teufel sind Sie?«
»Cedar Bend Lodge. Wir sind erst vor ein paar Minuten gelandet.«
»Kommen Sie sofort her. Ich habe Bud schon gesagt, dass er sich melden und Sie mitbringen soll. Ich weiß nicht, wo zum Teufel der Kerl steckt.«
»Ja, Sir, er ist auch hier, aber …«
Klick. Und das war’s. Charlie war nicht immer der Höflichste.
»Lass uns gehen, Bud. Charlie will uns sehen, und zwar gestern.«
Wir verzogen uns eilig, ich fuhr mit Bud in seinem Bronco. Er würde später zurückkommen, um Brianna zu holen, dann würde ich meinen Explorer wiederkriegen. Ich berichtete ihm, was in Florida vorgefallen war, selbst den Teil mit Rangos und seiner fröhlichen Schlägerbande.
»Gar nicht gut, Claire. Charlie zerfleischt dich bei lebendigem Leibe, wenn er rauskriegt, dass du bei Rangos zu Gast warst, um Vasquez zu vernehmen.«
»Was du nicht sagst.«
»Und das ist auch das Problem zwischen dir und Black, nehme ich an?«
»Genau.«
Danach fuhren wir schweigend weiter, und als wir im Büro waren, dauerte es auch nicht lange, bis wir erfuhren, was da los war. Charlie sah aus, als würde er gleich ein ganzes Feuerwerk an schlechter Laune abbrennen.
»Setzt euch und seht euch das an.«
Wir nahmen Platz und starrten einen dunklen Fernsehbildschirm an, während er eine Videokassette einlegte und auf Play drückte. Statik. Dann das Bild eines halbdunklen Raums, in dem zwei Leute es mächtig trieben. Mit anderen Worten, sie hatten wilden, ungenierten Sex. Als ich sicher war, dass es nicht Black und ich waren, lehnte ich mich zurück und wartete auf die Pointe. Nach ein paar Minuten durchaus beeindruckenden Geschnaufes und Geraufes und begeistertem Gestöhnes auf dem Bildschirm sagte ich: »Sheriff, äh …«
»Warten Sie eine Minute, verdammt.«
Bud und ich rutschten ungemütlich auf unseren Stühlen herum, wir hatten noch nie zusammen Pornos geguckt, und ich hoffte bei Gott, dass Mrs Ramsay jetzt nicht wieder mit Charlies Prediger auftauchen würde. Kein Wunder, dass Charlie die Tür abgeschlossen und die Jalousien heruntergelassen hatte.
Da klopfte es in dem wunderbaren Filmchen laut, und alle unsere Gesichter liefen tomatenrot an und wurden heiß, und auf dem Band wurde panisch geflüstert und eilig nach Klamotten gegriffen.
»Wer ist da?«, rief der Mann der Stunde in grabestiefer, knarziger Stimme, während er sich das Hemd über den Kopf zerrte. Er wandte sich der Frau zu und legte einen Finger auf seine Lippen, damit sie still blieb, aber ich hatte ihn in dem Moment erkannt, als er den Mund aufgemacht hatte. Das war Walter Costin, der nachlässige Nachtwächter bei Lohmans Beerdigungsinstitut, und derzeit mein Hauptverdächtiger für den Angriff auf Vasquez.
Ich erstarrte, als ich die darauffolgende Stimme hörte. Sie sagte deutlich und erkennbar: »Hier ist Johnny. Lass mich rein, und zwar zackig.«
Bud sagte: »Oh, Scheiße.«
Charlie sagte: »Alle beide: Schnauze, zuhören.«
Wir sahen Walter Costin aus dem Zimmer in den Flur gehen und eine Tür nach draußen öffnen. Er blieb im Bild, während Shaggy Becker hereinkam und einen Blick in den Raum warf, wo sich das Mädchen außerhalb des Bildfeldes versteckte, aber nur kurz, nicht lange genug, als dass wir sein Gesicht sehen konnten. Dann gingen die beiden aus dem Aufnahmewinkel heraus und führten ein unverständliches, aber hitziges Streitgespräch. Nach etwa zehn Minuten kehrte Costin in die Tür zurück und sagte leise: »Alles in Ordnung, Pam, er hat dich nicht gesehen.« Dann ging er durchs Zimmer zur Kamera und beendete die Aufnahme.
Charlie schaltete den Fernseher aus und starrte uns an.
Ich sagte: »Ich habe Shaggy danach gefragt, Sheriff, und er hat geschworen, dass er in jener Nacht nicht dort war.«
»Ja? Aber wissen Sie was, er hat gelogen! Deswegen werdet ihr beide ihn jetzt noch einmal vernehmen, und diesmal werdet ihr es richtig machen.«
Dreck. Das war doch nicht zu glauben. Warum hätte Shaggy mich anlügen sollen? Ich sagte: »Selbstverständlich, Sir. Sollen wir ihn holen und auf die Wache bringen?«
»Er ist schon hier. Vernehmungsraum zwei. Genauso wie Walter Costin, der ist in eins. Sie haben
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