Die kalte Nacht des Hasses
Warum bist du wirklich heute hier?«
Er betrachtete mein Gesicht, wie er das gerne tat, und er tat es gerne, weil es mir verdammt unangenehm war. Es nervte mich richtig.
»Ich habe letztens von dir geträumt, Detective.«
»Ach ja? Stell dich hinten an.«
Er grinste, langsam und eindrucksvoll, aber dann beruhigte er sich und senkte seine Stimme, um zu zeigen, dass er es ernst meinte. »Du weißt doch von dieser Zukunftsseherei, die ich manchmal habe? Letztens ging es damit wieder los, also dachte ich, ich schaue mal vorbei und sehe nach, ob du noch am Leben bist. So wie dein Arm aussieht, hatte ich auch recht, bin aber ein bisschen spät.«
»Kannst du mir das vielleicht auch normal erklären, statt in diesem Psycho-Geschwafel?«
McKay entschied sich, mir den Gefallen nicht zu tun. Er kniete sich neben seine Tochter und griff nach einem der Würmchen, das aus der Schachtel gekrochen war und dadurch auf sich aufmerksam gemacht hatte. Todessehnsucht auf Wurmart, schätze ich. McKay machte eine große Show daraus, ihn auf den Haken zu spießen, und ich sah zu, wie er sich wie verrückt krümmte, offensichtlich war ihm sein Schicksal ziemlich klar.
»So, meine Süße.« McKay lächelte Elizabeth an, während er ihre Leine mit einem leichten Klatschen zurück ins Wasser fallen ließ. Sie sagte nichts, sondern starrte bloß ins Wasser. Dann rückte er ihren Strohhut zurecht, um ihr Gesicht von der Sonne zu schützen, und Zachs sonnenverbranntes kleines Gesichtchen kam aus den Tiefen meines Herzens angeschossen, zusammen mit einer Schmerzwelle von solchem Ausmaß, dass ich Magensäure spürte. Die Luft war warm, ein milder Wind wehte, das Wasser war glatt und grün und ruhig, und ich schaute die Bäume auf der anderen Seite der Bucht an und versuchte, wieder zu mir zu finden.
McKays Kind war bei unserem gemeinsamen Alptraum in dieser gottverfluchten dunklen Höhle dabei gewesen, und ich hoffte, dass sie alles, was dort vorgefallen war, weggeblockt hatte. Ich wünschte, ich könnte das auch, aber es war noch nicht so weit, zumindest nicht in meinen Träumen.
Als sich McKay entschied, unser Gespräch fortzusetzen, erhob er sich und ging ein paar Schritte von dem schweigenden Kind weg. Er stand nah neben mir und senkte die Stimme. Ich war mir seines maskulinen Auftritts durchaus bewusst, aber er dachte jetzt bloß an seine Tochter. »Lizzie geht es inzwischen ein bisschen besser, aber immer noch nicht gut. Sie sagt nicht viel und träumt manchmal schlimm von diesem Typ und seiner widerlichen Freundin.«
»Ja, ich habe auch ein paar Nächte mit ihnen verbracht.«
»Da sind wir schon drei.«
»Okay, McKay, ich beiße an, also, was hast du von mir geträumt?« Ich wollte die Einzelheiten nicht wirklich wissen, weil Einzelheiten mich normalerweise nicht sonderlich weiter brachten, aber wie ich schon sagte, waren seine Visionen manchmal ziemliche Volltreffer. Lieber sichergehen.
»Ich habe diese großen lächelnden Münder gesehen. Keine Gesichter, wohlgemerkt, außer deinem, und glaub mir, du lächelst nicht, wenn ich dich sehe, du starrst bloß mit glasigen Augen geradeaus, und Süße, ich glaube, das heißt, dass du direkt auf irgendein Riesenproblem zusteuerst.«
Ich starrte ihn an, die Augen glasig, mit einer Gänsehaut, und ziemlich sicher, dass er meine nahe Zukunft vor sich gesehen hatte. Bei meinem letzten Fall hatte sein Wissen über die Tatorte dazu geführt, dass ich ihn verdächtigte. Aber diesmal nicht. Diesmal hatte er komplett recht, und er hätte auf keinen Fall etwas über die Verstümmelung von Hildes Leiche wissen können. »Meine Güte, McKay, du machst mir richtig Angst.«
»Dieses Lächeln bedeutet also etwas für dich?«
»Vielleicht. Noch was, was ich wissen sollte?«
»Noch nicht.«
»Hast du sonst noch jemand in dieser Lächel-Träumerei gesehen?«
McKay schüttelte den Kopf. »Eins noch, das solltest du wissen.«
»Ja? Was denn?«
»Diese lächelnden Münder, die ich sehe? Aus ihnen tropft Blut. Das war’s. Deswegen bin ich hergekommen. Du weißt schon, der Ritter in weißer Rüstung, ich versuche das Richtige zu tun und wieder deinen hübschen kleinen Hintern zu retten.«
Ich sah weg, aber ich machte mir ziemliche Sorgen um meinen hübschen kleinen Hintern. McKay hatte in der Vergangenheit oft genug recht gehabt, so dass ich ihm glauben wollte. Vielleicht war es keine tolle Sache, einen Hellseher zum Freund zu haben. Vielleicht sollte ich ihn meiden. »Ich weiß das zu schätzen,
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