Die kalte Nacht des Hasses
schlich zur Tür, lauschte, aber sie wusste, dass ihre Eltern hinter einer geschlossenen Tür im ersten Stock schliefen.
Dann begann sie in einem heiseren Flüstern Freddys kleinen Reim zu summen, genau wie der Junge es vorgeschlagen hatte. Sie wartete, bis Sissy sich im Bett aufrichtete, und dann schaltete sie die Taschenlampe direkt unter ihrem Kinn ein. Sissy stieß einen unvorstellbar entsetzten Schrei aus, und die Ältere ließ den mörderischen Handschuh auf sie zu schießen. Sissy sprang aus dem Bett und rannte durch den Flur, sie schrie um ihr Leben, und die Ältere lachte vor sich hin, riss sich das Kostüm herunter, und warf es zum Fenster hinaus zu dem Jungen. Sie warf die Videokassette hinterher, schloss das Fenster und stieg ins Bett.
Minuten später war Sissy zurück, in den Armen des Stiefvaters, sie zitterte und weinte, und die Ältere richtete sich auf und rieb sich die Augen, als wäre sie im Halbschlaf. »Was ist denn mit Sissy los?«
»Sie sagt, du hättest sie einen Freddy-Krueger-Film sehen lassen, und jetzt sei er gekommen, um sie zu holen.«
»Häh? Wer ist Freddy Krueger?«
Mama starrte mich an. »Hast du das deiner Schwester angetan?«
»Nein. Wo sollte ich denn so einen Film herkriegen?«
Darauf hatten sie keine Antwort und der Stiefvater sagte schließlich: »Sie hatte einfach bloß einen Alptraum, das ist alles. Das ist bald wieder vorbei.«
Aber nachdem sie Sissy nach unten gebracht hatten, um sie in den Schlaf zu wiegen, durchsuchte Mama mit gerunzelter Stirn die Kommodenschubladen der Älteren und sah sogar unter ihrem Bett nach. Die Ältere tat, als schliefe sie, aber innerlich lachte sie so sehr, dass sie es kaum aushalten konnte.
8
Ich verbrachte die nächste Stunde damit, meinen Anteil der Teilnehmerinnen zu verhören. Das brachte mir ziemlich wenig, außer mächtig Kopfschmerzen. Und die Wunde an meinem Arm nervte mich inzwischen auch, aber nur halb so sehr wie das halbe Dutzend schwachköpfiger Frauen, die alle nach Blacks glitzerndem Strasskrönchen und -zepter gierten. Sie hatten natürlich alle wasserdichte Alibis, eine Menge der Mädchen verbrachten ihre Freizeit bei den verschiedenen Wettbewerben gemeinsam, entweder mit Einkaufen oder Essengehen, wahrscheinlich Salat und Mineralwasser, so wie sie aussahen.
Jetzt gerade sprach ich mit einer besonders durchgeknallten Schönheit namens Bettina Long. Sie war keine der üblichen blonden Göttinnen, sondern ein dunkelhaariges kleines Ding mit großen, leuchtend braunen Augen und Zähnen, die so weiß waren wie Santas Bart. Sie zeigte sie mir das ganze Gespräch über, als wäre ich ein Wettbewerbsschiedsrichter, der sie nach ihren Lebensplänen befragte, statt nach einer toten Kollegin.
»Wie gut kennen Sie die Verstorbene, Ms Long?«
»Ganz gut, schätze ich. Wir waren in ähnlichen Kreisen unterwegs. Sie hat allerdings öfter gewonnen als ich. Die Schiedsrichter mögen ihren Typ einfach lieber, Sie wissen schon, lange Beine und hellblondes Haar.« Wenn ihr Lächeln noch strahlender würde, dann würde sich mein Kopfschmerz von Au in Auauau wandeln. Wahrscheinlich war sie einfach darauf programmiert, nach jedem Satz, den sie sagte, breit zu grinsen. Oder vielleicht übte sie auch nur.
»Okay. Hat sie Ihnen gegenüber je von einem Stalker gesprochen, oder von persönlichen Problemen mit anderen Teilnehmerinnen?«
Strahlend verkündete sie: »O ja, sie hat einen Stalker erwähnt, und sie hat mir einmal erzählt, dass sie ihre Schwester mehr als jeden anderen Menschen auf der ganzen weiten Welt hasste.« Mehr Strahlen.
Oh-oh. »Ihre Schwester?«
»Genau. Sie heißt Brianna Swensen, und sie haben eine Weile zusammengelebt, bis Hilde sie rausgeworfen hat, weil sie immer stritten. Hilde sagte, sie seien wie Katze und Hund.«
Wieder lächelte sie, lange und ausführlich. Das brachte mich dazu, die Stirn runzeln zu wollen, also folgte ich diesem Impuls. Vielleicht würde sie es mitkriegen.
»Hat sie erwähnt, worüber sie stritten?« Ich starrte sie finster an und hoffte auf eine entsprechende Entgegnung. Aber sie strahlte wie eine höchst zufriedene Lavalampe.
»Sie hat bloß gesagt, dass Brianna eifersüchtig wurde, wenn sie gewann. Sie hätte aufgehört, an den Wettbewerben teilzunehmen, weil sie es satt hatte, gegen Hilde zu verlieren. Hilde hatte einfach einen entspannteren Gang und ein viel natürlicheres Lächeln. Man sagt mir nach, das sei bei mir ebenso.« Sie demonstrierte es.
Ich konnte nicht mehr, also
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