Die kalte Nacht des Hasses
Aufmerksamkeit von Leuten zu fesseln. Das muss ich ihm lassen. Ich habe ihn neulich im Court TV gesehen, es ging um den Fall, wo dieser Exschauspieler, wie hieß er noch, seine Freundin erschossen hat. Wann will er das machen? Bald?«
»Ja, Sir. So bald wie möglich. Er hat mich gebeten, ihn anzurufen, sobald Sie sich entschieden haben.«
»Sagen Sie ihm, er soll ruhig loslegen, dabei aber nicht mehr verraten, als unbedingt notwendig ist, so wenig wie irgend möglich also. Los, rufen Sie ihn ruhig an. Ich wette, Sie haben seine Privatnummer auf Kurzwahl, oder?«
Das hatte ich natürlich, aber das zu erwähnen war jetzt unnötig. »Ja, Sir, aber er ist Nummer fünf. Sie und Bud sind eins und zwei.«
Charlie runzelte ein wenig die Stirn. Bud grinste leise. Es tat mir gut, zu sehen, dass er trotz allem noch zu vernünftigen Gesichtsausdrücken fähig war. In der letzten Zeit hatte ich nicht viele davon mitbekommen dürfen. Ich drückte die Fünf und Black ging fast sofort ran, offensichtlich wartete er auf das Okay. »Charlie hat es gerade genehmigt. Er sagt, du sollst es mit den scheußlichen Einzelheiten nicht übertreiben. Mach die Ansage kurz, süß, auf den Punkt.«
»Verstanden. Wann wirst du heute Abend zu Hause sein?«
»Ich weiß noch nicht. Nicht besonders früh.«
»Warum kommst du nicht heute mal zu mir?«
»O nein, oh-oh. Ich denke nicht.«
»Jude beißt nicht.«
»Aber ich vielleicht.«
»Ja, ich erinnere mich.«
Ich lächelte ein wenig, als ich daran zurückdachte, bis ich Charlies genervten Blick bemerkte. Er zwinkerte noch nicht mal. »Es bringt mich um, Ihr privates Geplauder unterbrechen zu müssen, Detective, aber wir reden hier über einen verdammten Fall.«
Verdammt? Bud und ich warfen einander von Charlie unbemerkt einen Blick zu, hielten aber keinen Augenkontakt. Es sah aus, als hätte Charlie sich entschieden, eine neue und weniger blasphemische Lebensphase zu beginnen. Ich fragte mich, wie lange er eine so drastische Verhaltensänderung durchstehen würde.
»Ja, Sir.« Seine Ungeduld störte mich nicht. Charlie war ein guter Kerl, ein ausgezeichneter Sheriff, und die meiste Zeit blieb er ruhig, er wurde bloß ein wenig zickig, wenn es am See blutige, scheußliche, ungelöste Mordfälle gab. So wie jetzt. Ich sagte: »Ich muss jetzt auflegen. Wir sitzen bei Charlie. Ruf mich später wieder an.«
Zehn Minuten darauf ging ich hinaus und stieg auf den Beifahrersitz von Buds Bronco. Ich freute mich keineswegs darüber, was ich ihm sagen musste. Ich hielt erst mal die Klappe, bis wir auf dem Highway unterwegs zu mir waren, dann holte ich tief Luft.
»Wir müssen reden, Bud.«
»Wieso? Was ist?«
Okay, vielleicht konnte es noch eine Minute warten. »Wie geht es Brianna?«
»Ziemlich gut, glaube ich. Abgesehen davon, dass sie der Meinung ist, dass sie die Leiche sehen will.«
»Das wäre nicht so toll.«
»O ja, ich versuche ihr das sehr nachdrücklich auszureden.« Er warf mir einen Blick zu. »Okay, was ist mit dir? Ich merke es, wenn du dich vor etwas drückst. Sag’s mir einfach, bring es hinter dich. Teufel, ich bin sowieso vom Fall abgezogen, was für einen Unterschied macht es?«
So ist das, wenn man lange mit jemandem zusammenarbeitet. Sie kennen einen und kriegen so ziemlich alles mit. Aber das hier würde sehr wohl einen Unterschied für Bud darstellen. Es würde ihn sogar nerven. »Okay, Bud, aber es wird dir nicht gefallen.«
»Wahrscheinlich nicht. Na und? Mir hat überhaupt noch nichts gefallen, was heute passiert ist. Scheiße, meine Stimmung könnte kaum schlechter sein.«
Au contraire. »Ich habe mir sagen lassen, dass Briannas Beziehung zu Hilde nicht besonders gut war.«
Buds senkrechte Falten zwischen den Augenbrauen gruben sich tiefer in seine Stirn. Ich war es nicht gewohnt, ihn so wütend und gereizt zu sehen. Normalerweise war er ein freundlicher Typ, der grinste und freche Sprüche klopfte und lustige Storys erzählte. »In welcher Hinsicht?«
»Die Leute sagen, dass sie sich nicht gut verstanden hätten. Manche sogar, dass sie einander richtig hassten.«
Bud murmelte etwas und mir fiel auf, wie seine Finger das Lenkrad umklammerten. »Wer zum Teufel hat das behauptet?«
»Dixson, der Fotograf, schien sich ziemlich sicher zu sein, und ein paar der Mädchen haben erwähnt, dass die Schwestern sich viel stritten.«
»Das ist reiner Blödsinn. Bri hat mir gegenüber nie ein schlechtes Wort über Hilde verloren.«
»Aber warum sollte sie auch?«
Bud
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