Die kalte Nacht des Hasses

Nachmittag im Winnebago Spiele gespielt hätten. Meine Schwestern werden das bezeugen. Den Rest der Zeit bleiben wir bei meinen Eltern und meinen Schwestern im Haus, so haben wir ein wasserdichtes Alibi. Dein Daddy wird sie finden, wenn er nach Hause kommt, und denken, sie sei versehentlich die Stufen heruntergefallen, und dann werden alle herausbekommen, dass sie Sissy in die Strafkiste gesperrt hat, und sie werden erfahren, wie sie euch beide misshandelt hat. Es ist perfekt.«
    »Ja, perfekt!«, rief Sissy, und dann kletterte sie tatsächlich lächelnd in die Kiste und ließ sich von dem Jungen einsperren.
    Die Ältere brach wieder in Tränen aus und sackte auf die Knie, die Gefühle übermannten sie, aber sie war gar nicht sicher, warum. Der Junge nahm sie in seine Arme und beruhigte sie, er küsste ihr Haar, und als er ihr sagte, alles würde gut ausgehen, glaubte sie ihm.

10
    Hilde Swensens Beisetzung fand bereits wenige Tage nach dem Mord in den Räumen von Lohmans Bestattungsunternehmen statt, für meinen Geschmack ein bisschen schnell, aber so wollte Brianna es. Mir war nicht ganz klar, warum sie es so eilig hatte, aber vielleicht wollte sie es einfach hinter sich bringen. Black bestand darauf, mich zu begleiten, und wir trafen auf eine überraschend große Trauergemeinde in dem plüschigen, viktorianisch eingerichteten Bestattungsunternehmen. Die Erste, der wir begegneten, war Jüdin, wie wunderbar. Sie verabreichte mir eine schnelle, unnötige und unerwünschte Umarmung, und ich lächelte die ganze Zeit und versuchte, nicht an ihrem Parfüm zu ersticken. Wahrscheinlich stammte es direkt aus Coco Chanels Chemiewerkstatt in Paris, dasselbe Zeug, das Black mir zu Weihnachten geschenkt hatte. Ich fragte mich, ob er ihres auch bezahlte.
    Jude sagte: »Das ist alles so schrecklich traurig, oder?«
    »Stimmt.« Ich nickte und zwang mich, betrübt auszusehen, obwohl ich nicht sicher war, dass Jude tatsächlich so mitgenommen war. Black sah ungemütlich aus wie immer, wenn wir drei uns miteinander vergnügten. Was hatte er denn erwartet? Dass ich sie in den Schwitzkasten nahm oder zum Schlammringen herausforderte? Beides klang durchaus verführerisch, das muss ich zugeben. Hey, ich könnte es mit ihr aufnehmen, kein Problem.
    Er sagte: »Setzen wir uns. Es geht gleich los.«
    Ich ging vor in die Kapelle, weil ich einen Platz haben wollte, von dem aus ich alles gut überblicken konnte, vielleicht würde ja jemand die Tränen nur heucheln oder halb versteckt arrogant grinsen, weil er oder sie glaubte, mit einem Mord davongekommen zu sein. Bud saß in der ersten Reihe, direkt links vom Gang. Brianna neben ihm war von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt. Ein breitkrempiger schwarzer Filzhut mit einem schwarzen Spitzenvorhang verdeckte ihr Gesicht. Sie war offensichtlich ein großer Fan traditioneller viktorianischer Trauerbekleidung. Wahrscheinlich hatte sie sich deswegen für Lohman’s entschieden, mit all den Spitzendeckchen auf den Möbeln.
    Ich führte das früher verheiratete Duo auf die andere Seite des Saals, wo eine Reihe kurzer Bänke quer zu den anderen stand. Ich trat höflich zurück und ließ Black und Jude an mir vorbeigehen, aber in Wahrheit wollte ich nur am Ende der Bank sitzen, um schnell aufspringen zu können, wenn es nötig wäre. Vor allem aber wollte ich nicht neben Jude enden.
    Als ich mich setzte, beugte sich Black nahe genug an mich heran, dass ich sein sexy Aftershave riechen konnte. Es erinnerte mich an süße Dinge. »Wonach genau suchst du?«
    »Nach allem, was mir helfen könnte.«
    Über die Reihen hinweg traf mein Blick auf Buds, und er lächelte zwar nicht, nickte aber kurz zum Gruß. Was hieß, dass er nicht mehr sauer war. Gut. Wenn ich ihn richtig einschätzte, und da war ich sicher, würde er Brianna auf verdächtiges Verhalten hin beobachten, ob ihm die Vorstellung nun passte oder nicht. Er war ein guter Polizist. Und so was machen gute Polizisten nun einmal. Ich war ja selbst nicht sicher, ob sie etwas mit der Sache zu tun hatte, wahrscheinlich konnte sie ihrer eigenen Schwester nicht so etwas Brutales angetan haben, selbst falls sie sie insgeheim auf den Tod hasste. Wie Bud konnte ich mir Brianna nicht dabei vorstellen, wie sie eine Schere herauszog und an den Lippen ihrer Schwester herumschnippelte.
    Aber es gab die merkwürdigsten Dinge. Andauernd. Vielleicht hatte sie eine gespaltene Persönlichkeit. Black würde es eine dissoziative Identitätsstörung nennen, aber der ist ja