Die Kalte Sofie
retten?«
Erstaunt betrachtete Manu erst ihren aufgelösten Bruder im Rahmen der Wohnungstür, dann das blütenweiße Herrenhemd, auf dem der bräunliche Abdruck eines Bügeleisens prangte. Nur mühsam gelang es ihr, ein Grinsen zu unterdrücken. So was nannte man wohl Selbstsabotage. Griabig!
»Was schaust jetzt so, Manu? Des is mei letztes sauberes Hemd, die anderen sind noch in der Wäscherei. Lass dir halt was einfallen. Bitte!«
Gegen diesen schmelzenden nussbraunen Dackelblick moch ten andere Weibsbilder machtlos sein. Manu jedenfalls war resistent. Zumindest – fast.
Sollte sie Joe doch helfen? Hausmittelchen kannte Manu genug: Mit Essig, Borax, Salz, Zwiebelsaft oder Zitrone nebst Puderzucker würde sie dem hässlichen frischen Abdruck schon zu Leibe rücken können … Und Joe damit pfeilgerade in Sofies Arme befördern? Kam gar nicht infrage.
»Tut mir leid, Joe. Da is nix mehr zu machen.«
»Des sagst du so. Ich muss dringend aus dem Haus!«
Ich weiß, dachte Manu, heimlich grinsend. Aber bitte. Vielleicht brachte Joe ja wenigstens den Schneid auf, ihr ins Gesicht zu sagen, dass er sich ausgerechnet mit seiner Ex zu treffen gedachte.
»So. Und wohin, wenn ich fragen darf? Was Berufliches?«
Joe zögerte sichtlich. »Eher … privat.«
Also ein Geheimnis wollte er daraus machen. Umso besser. Damit verflüchtigten sich auch Manus letzte Reste an schlechtem Gewissen.
»Essen kannst doch auch bei uns. Aber dein Date wirst sausen lassen müssen, Bruderherz. Die So… – des Madl wird’s schon verkraften, oder?«
13
Dante
S ofie schwang sich vom Sattel – und kam dabei doch glatt schon wieder an diese vermaledeite Radlkette. Doch auf die neuerliche Schmierspur an den ohnehin bereits ruinierten Jeans kam es nicht mehr an, auch wenn Sofie der alten Rostschleuder am liebsten einen kräftigen Fußtritt versetzt hätte. Dann jedoch erinnerte sie sich gerade noch rechtzeitig daran, dass sie das unselige Trumm von Max bekommen hatte, Vronis hartnäckigstem Verehrer.
Ob er die Tante noch immer mit seinen Tierparkbesuchen und den scheußlichen Holländer-Kirsch-Schnitten heimsuchte, aus denen sich Vroni noch nie etwas gemacht hatte? Oder hatte er inzwischen endlich kapituliert und sich anderen, aussichtsreicheren Damenbekanntschaften zugewandt?
Schon spurtete Sofie die Treppen zur Haunerschen hinunter. Es gab da noch so einiges, das sie wissen wollte.
Am Empfang fragte sie nach Dr. Sonner und fand ihn dann, wie nicht anders vermutet, in der Intensivstation bei Vanessa. Die hässlichen Plastikstühle davor waren leer. Offenbar hatten seine Worte gewirkt, und die Eltern Füracker waren nach Hause gegangen.
Wie ihnen wohl zumute war?
Sie konnte mit einer wichtigen Erkenntnis aufwarten. Sie las die Erleichterung in Dr. Sonners Augen, als sie ihm die Ergebnisse der toxikologischen Untersuchung mitteilte.
»Also GHB «, wiederholte er. »Gamma-Hydroxybutyrat, in gewissen Kreisen auch Liquid Ecstasy genannt. Respekt, Frau Kollegin! Das erklärt natürlich die Symptome – die Atemnot, die Krampfanfälle, den Brechreiz, diesen gesamten komatösen Zustand. Aber wie kommt ein kleines Mädchen zu diesem Gift stoff – noch dazu auf einem Spielplatz? Soweit ich informiert bin, wird dieses fiese Zeug doch eher in einschlägigen Lokalen jungen Frauen heimlich ins Glas geträufelt, um sie gefügig zu machen.«
Sofie schüttelte ratlos den Kopf und streichelte Vanessas Hand.
»Dafür habe ich auch keine Erklärung … Hat sich der Zustand der Kleinen denn inzwischen gebessert?«
Dr. Sonner verneinte mit düsterer Miene.
»Wir müssen die Nacht abwarten. Gegen Substanzen wie GHB sind wir leider machtlos. Ich werde die Kollegen aber gleich zu einem Konsil einberufen und beratschlagen, was wir zusätzlich unternehmen können, um das Mädchen zu stabilisieren. Auf jeden Fall sind wir Ihnen äußerst dankbar, dass Sie so schnell gearbeitet haben.« Ein winziges Lächeln entspannte seine schmalen Lippen. »Und dass Sie sich sogar persönlich mit dem Ergebnis zu uns bemüht haben.«
»Gern geschehen«, sagte Sofie. »Vanessas Genesung liegt mir sehr am Herzen. Ich würde mich freuen, wenn Sie mich weiter auf dem Laufenden halten.«
Sollte sie ihm von der toten Maus erzählen, in der sie die glei che Substanz gefunden hatte? Fast lag es ihr schon auf der Zunge, dann jedoch entschloss sie sich dagegen. Noch gab es zu viele unbekannte Faktoren, die sie erst für sich abklären musste.
»Ich informiere Sie sofort,
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