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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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schrie er auf und versetzte ihr eine harte Ohrfeige, die ihren Kopf nach links schleuderte.
    Für einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen, dann kehrte sein schweißbedecktes Gesicht mit dieser widerlichen verspiegelten Sonnenbrille in ihr Blickfeld zurück.
    »Willst mi richtig wütend machen?«, keuchte er. »Des kannst fei haben, du Dreckstück!«
    Auf einmal erschien er ihr doppelt so schwer. Wie ein Felsbrocken aus Fleisch und Blut lag er auf ihr. Seine Hände umklam merten ihren Hals, während er sich abmühte, in sie einzudringen.
    Würde er sie umbringen, wenn sie sich weiter wehrte?
    Laura war nahe daran aufzugeben, dann aber wurden Ekel und Wut in ihr so groß, dass sie plötzlich wieder glasklar denken konnte.
    Speichel hatte das Papiertaschentuch durchtränkt und es zu einem Klumpen werden lassen. Sie spie ihn aus und begann gellend zu schreien.
    »Halt’s Maul!«, brüllte der Mann. »Sonst mach i di hi …«
    Das Geräusch schneller Schritte.
    Dann sauste ein Knüppel auf seinen Kopf. Mit einem seltsamen Quieken fiel er zur Seite. Rührte sich nicht mehr.
    Eine schlanke Gestalt in Röhrenjeans und einem dunklen Hoodie, der tief ins Gesicht gezogen war, blieb einen Lidschlag lang stehen, dann warf sie den Knüppel ins Gebüsch und spurtete leichtfüßig davon.
    Laura setzte sich auf, völlig benommen.
    Ihr Angreifer machte keinen Mucks. Ein Schäferhund beschnüffelte ihn leise fiepend.
    Wie in Zeitlupe angelte sie nach ihrem Rucksack, dann erhob sie sich mit zitternden Beinen. Schließlich bückte sie sich nach den Resten ihres Slips und steckte ihn mit spitzen Fingern ein.
    Als ihre Finger über das Handy-Display zuckten, war sie schon ein ganzes Stück weiter. Jeden, der ihr entgegenkam, hätte sie umarmen können. Menschen bedeuteten Leben. Sicherheit.
    Freiheit.
    »Ich bin’s. Laura.« Jetzt erst begann sie hemmungslos zu weinen. »Jemand hat gerade versucht, mich zu vergewaltigen.«

26
    Rein freundschaftlich
    » I ch glaub, ich spinn. Sag amal, bist du narrisch, oder was? Lockst mich einfach hierher, als ob sonst was los wär.«
    Fassungslos starrte Sofie ihren Ex an, der unschuldig grinsend mit den Schultern zuckte.
    »Mei, Sofie, früher hast du’s doch kaum erwarten können, bis es endlich wieder so weit war. Und heut ist einfach der perfekte Tag dafür! Da hab ich mir gedacht …«
    »… dass ich nix Besseres zu tun hab, als ausgerechnet mit dir über die Maidult zu spazieren? Das kannst grad vergessen!«
    Was bildete dieser Strizzi sich eigentlich ein?
    Ganz aufgebracht griff Sofie in die noch warme Tüte, die Joe ihr als Willkommensgruß überreicht hatte, und zermalmte wütend eine frisch gebrannte Mandel zwischen den Zähnen.
    Nervennahrung – das war’s, was sie jetzt dringend brauchte.
    Das heißt: Moment mal!
    Sofie dämmerte, dass sie gerade drauf und dran war, Joes Bestechungsversuch auf den Leim zu gehen.
    Von wegen. Nicht mit ihr!
    Voller Verachtung wollte sie die Tüte zusammenknüllen, um sie Joe hocherhobenen Hauptes vor die Brust zu knallen.
    Zu spät.
    Inzwischen war bereits eine weitere Mandel in ihrem Mund gelandet, wohligknackigsüß breitete sich der geradezu magische Geschmack nach Karamell, Zimt und Mandeln auf ihrer Zunge aus.
    Eh sie sichs versah, griff sie bereits nach der nächsten Mandel.
    So schmeckte Kindheit …
    Eine Flut früher Erinnerungen stürmte auf sie ein: Sofie an der warmen, festen Hand von Tante Vroni, überwältigt vom atemlosen Stakkato des billigen Jakob, begeistert applaudierend beim Kasperltheater, fasziniert von den Kunststücken der winzigen Akrobaten im Flohzirkus, bezaubert von dem Märchenbuch mit den wunderschönen Holzschnitten, das die Tante auf Sofies inständiges Betteln hin in der Antiquariatsgasse erstanden hatte und das Sofie seither wie ihren Augapfel hütete. Dazu diese einzigartige, verlockend wabernde Duftmischung aus Rostbratwürstln, Apfelküchlein, Zuckerwatte und gebrannten Mandeln über den Dächern der verwinkelten Buden …
    Wie in Trance schob Sofie sich eine weitere Mandel in den Mund.
    Joe schaute sie fragend an, dann senkte er betreten den Kopf.
    »Ich weiß schon, dass das nicht okay war mit dem Anruf. Andererseits: Wenn ich dich einfach so gefragt hätt, hättst garantiert Nein gesagt. Also blieb mir nix andres übrig, als a bissl zu tricksen. Aber ich versteh natürlich, wennst lieber wieder gehn magst …«
    Grimmig, aber auch amüsiert musterte Sofie ihren Ex. Die tiefe Zerknirschung stand ihm zur Abwechslung

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