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Die Kalte Sofie

Die Kalte Sofie

Titel: Die Kalte Sofie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Gruber
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aufbewahrte.
    Während sie den Taubenkadaver behutsam einwickelte und verstaute, stahl sich ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht. Improvisierte Asservatenbeutel in Form von Supermarkttüten, Pappbechern, Zeitungen und Tiefkühlbeuteln schienen ja fast so etwas wie ihre Spezialität zu werden!
    Schnell wurde sie wieder ernst. Ein totes Tier, ein Glitzerbonbon, ein Foto von einem rothaarigen Mädchen – das Ganze hatte offensichtlich Methode.
    Aber wer legte sie aus, diese seltsamen todbringenden Arrangements?
    Und warum?
    Nachdenklich schulterte Sofie ihren Rucksack mit dem rätselhaften Inhalt. Vermutlich gab es nur einen Weg, eine Antwort auf diese Fragen zu finden: Sie musste schleunigst in Erfahrung bringen, wer dieses unbekannte rothaarige Mädchen war.
    Am liebsten wäre sie sofort losgezischt, um Vanessa das Foto zu zeigen, oder aber, um wenigstens den Kadaver in die Nußbaumstraße zu bringen und dort ordnungsgemäß zu verwahren, bis sie ihn genauer unter die Lupe nehmen und auch das Bonbon analysieren lassen konnte.
    Ein kurzer Blick auf die Uhr belehrte sie jedoch eines Besseren. Gerade mal eine gute Stunde blieb ihr noch bis zu ihrem Rendezvous mit Joe vor der Schwulensauna.
    Bis dahin musste sie es geschafft haben, zurückzujoggen, nach Hause zu radeln, den toten Vogel notgedrungen in ihrem Kühlschrank zwischenzulagern, sich zu duschen, umzuziehen und weiterzudüsen zum Wettersteinplatz.

33
    Heiße Luft
    D ie Glocken von St. Helena schlugen sechsmal, als Sofie in der Säbener Straße ankam. Wie sie das alles in nur einer Stunde hinbekommen hatte, war ihr immer noch ein Rätsel. Aber es war ihr gelungen!
    Dafür stand sie jetzt derart unter Strom, dass sie innerlich vibrierte.
    Sie stieg von ihrem Fahrrad, das den ganzen Wahnsinn erstaunlicherweise ohne Mucken mitgemacht hatte, und schloss es ab.
    Nirgendwo eine Spur von Joe.
    Auch nicht in den folgenden zehn Minuten.
    Das sah ihm wieder mal ähnlich – sie gab ihr Letztes, und er ließ sich alle Zeit der Welt!
    Sie zog ihr Handy heraus.
    Wo steckst du?, simste sie. Warten gehört nicht zu meinen Lieblingshobbys. Das weißt du genau!
    Seltsame Gegend, hier beim Wettersteinplatz. Äußerlich stockbieder, wenn man die leicht ramponierten 70er-Jahre-Fassaden betrachtete. Ein knapper Kilometer dieselbe Straße entlang, und schon war man bei den Clubanlagen des FC Bayern angelangt. Wiederum gute zweihundert Meter in die andere Richtung erhoben sich die alten Tribünen des Sechzger-Stadions an der Grünwalder Straße.
    Also echtes Jungsrevier?
    Die Jungs, nach denen sie gerade suchten, trieben vermutlich andere Spiele.
    Niemals hätte man hier einen Gay-Treff vermutet. Doch das dezente Messingschild Sauna neben der Haustür war eindeutig.
    Wer hier wohl verkehrte?
    Die geparkten Edelkarossen, die sie bei ihrem kleinen Rundgang entdeckte, sprachen für sich. Auf die Schnelle entdeckte sie mehrere nagelneue SUV s, eine aufgemotzte BMW -Limousine und einen Lancia der Extraklasse – nichts unter geschätzten achtzigtausend Euro. Während sie sich früher nie für solche Schlitten interessiert hatte, hatte die Liaison mit Erik, diesem extravaganten Snob, ihren Blick dafür geschärft. Es gab tatsächlich nichts Schlechtes, aus dem sich nicht auch etwas Gutes gewinnen ließ. Nicht nur in Sachen Rechtsmedizin.
    Der mattschwarze Hummer, frech halb auf dem Gehsteig geparkt, fiel als echte Zuhälterkarre allerdings deutlich aus dem Rahmen.
    »Sorry!«, hörte sie jemanden in ihrem Rücken rufen. Jemand, der zu ihrem Ärger kein bisschen schuldbewusst klang, obwohl mittlerweile mehr als eine Viertelstunde verstrichen war. »Tuat ma echt leid! Aber dieser Typ von der Hausverwaltung hat gelabert und gelabert …«
    »Hast wenigstens das Foto?«, unterbrach sie ihn. »Weil ohne brauch ma hier ja gar ned erst aufschlagen.«
    Joe nickte grinsend und zog das Gewünschte aus der Jackentasche.
    »Jan Schmidt«, sagte er, »falls er wirklich so heißt. Das is doch eher a Boris, a Igor oder a Wladimir. Oder was meinst du?«
    Markantes Kinn, hohe Wangenknochen. Der slawische Einschlag war unübersehbar. Die Augen tief liegend und taxierend. Eine hellblonde Strähne, die die kantige Stirn noch niedriger machte. Was Sofie am wenigsten mochte, waren die auffallend schmalen, leicht nach unten gezogenen Lippen.
    »Schaut fast guad aus«, sagte sie. »Vorausgesetzt, man steht auf solchene harte Typen.«
    »Die Miete kommt schon mal ned von seinem Konto«, sagte Joe. »Folglich scheint

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