Die Kalte Sofie
lassen, wenn du mich fragst.«
Joe fixierte Sofie beinahe herablassend.
»Ich frag dich aber ned. Und ich lass mir von dir a ned Vorschriften machen, wie ich meinen Job machen soll.«
Sofie geriet in Rage. Den Streit vorhin im Institut hatten sie beide noch mal glimpflich beilegen können. Das hier allerdings schlug dem Fass endgültig den Boden aus. Wütend verschränkte sie die Arme und funkelte ihren Ex giftig an.
»Ah ja? Und wer hat mich auf Knien angefleht, dass ich ihm beisteh bei der Brandleich? Mmmh?«
Ärgerlich biss Joe sich auf die Lippen. Seine Stimme bekam etwas Eisiges: »Als ob ich des nötig hätt! An Gfalln hab ich dir lediglich tun wollen, damit du ned komplett eingehst mit dieser Bissgurkn, dieser Falk. Aber bitte, glaub bloß ned, dass ich ohne dich ned weiterkomm. Ganz im Gegenteil!«
Inzwischen hatte er sein Motorrad erreicht. Wütend holte er seinen Helm heraus, setzte ihn auf und klappte das Topcase energisch zu.
War es tatsächlich erst gestern gewesen, dass sie zusammen den Giesinger Berg runtergedüst waren? Eng hatte Sofie sich an ihren Ex geschmiegt und sogar die ein oder andere Millisekunde gewagt, von einem Neubeginn mit ihm zu träumen …
Sofie spürte, wie ihre Augen brannten. Tränen? Vor diesem hundsgemeinen Mannsbild?
Nie im Leben!
Trotzig wischte sie sich übers Gesicht und versuchte, das Zittern in ihrer Stimme zu verbergen.
»Dann wünsch ich dem Herrn Kommissar noch viel Erfolg bei seinen Ermittlungen. Aber glaub bloß ned, dass du noch amal bei mir angekrochen kommen kannst!«
Langsam stieg Joe auf seine BMW und ließ die Maschine an. Seine Kiefer mahlten.
»Darauf kannst lang warten. Ab jetzt san mir zwoa geschiedene Leut.«
Sofie schluckte.
»Des samma eh schon längst. Zum Glück. Und jetzt verzupf di!«
Irgendetwas blitzte in Joes Gesicht auf, bevor es endgültig erstarrte. Dann klappte er sein Visier herunter, ließ den Motor aufheulen und zischte ab, ohne ein weiteres Wort.
Sofie starrte hinter ihm her. Schließlich wandte sie sich um und steuerte ihr treues Fahrrad an.
Und die Tränen?
Die hatten sich ebenfalls längst verzupft. Inzwischen spürte sie nur noch kalte Wut. Sollte Joe doch sehen, wie er ohne sie weiterkam! Diese Ermittlungen über ihren eigentlichen Job hinaus kosteten sowieso nur Zeit und Nerven.
Stattdessen würde sie sich zu Hause einen gemütlichen Abend vor der Glotze gönnen, sich eine Pizza kommen lassen – und vielleicht sogar dem einen oder anderen Umzugskarton zu Leibe rücken.
Entschlossen zückte Sofie ihren Fahrradschlüssel und warf einen letzten Blick auf die mit roter Folie verdunkelte Fensterreihe, hinter der sich die Schwulensauna befand.
Sie hielt inne. Jäh erwachte die Jägerin in ihr.
Sollte sie an dieser Stelle wirklich das Feld räumen – jetzt, wo sie schon so weit gekommen waren? Bestürzt korrigierte sie sich. Den Plural konnte sie ab sofort knicken.
Was aber nichts an dem änderte, was sie gesehen hatte …
In diesem Moment begann ihr Handy zu brummen.
Garantiert Joe, dem sein Auftritt von vorhin inzwischen leidtat. Grimmig lächelnd nahm Sofie das Telefonat entgegen.
»Da schau her. Jetzt bin ich aber gespannt, was du zu deiner Entschuldigung zu sagen hast.«
Eine sonore, freundliche, aber leicht irritierte Männerstimme meldete sich: »Charly Loessl hier. Sie erinnern sich – der neugierige Polizeireporter. Tut mir aufrichtig leid, wenn ich Sie störe, Frau Dr. Rosenhuth. Ich hätte da eigentlich ein paar Fragen an Sie gehabt. Aber wenn es grad nicht passt, melde ich mich gern ein andermal.«
Sofie stotterte: »Sorry. Ich … Ich hab Sie verwechselt.«
»Kein Problem, meine Liebe. Den Anpfiff hätte ich so oder so verdient. Immerhin ist es schon früher Abend. Darf ich trotz dem kurz nachfragen, ob Sie schon mehr wissen in Sachen Brand leiche? Soweit ich höre, kommt die Polizei in diesem Fall ja nur schleppend vorwärts?«
Ha. Hatte es sich also schon rumgesprochen, dass Joe nach wie vor im Dunkeln tappte! Fast empfand Sofie so etwas wie Mitleid mit ihrem Ex. Allerdings nur für einen Moment. Selbst schuld, wenn er sich zum neunmalschlauen Ermittler-King aufspielte!
»Tut mir leid, aber dazu kann ich Ihnen nichts sagen. Das ist Sache der zuständigen Beamten.«
»Verstehe. Darf ich Sie dann wenigstens heute Abend zum Essen ausführen? Sozusagen als Entschädigung für die Störung?«
Sofie warf einen nachdenklichen Blick Richtung Schwulensauna. Irgendwann würde Bärchen Schlegl sein
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