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Die Kalte Zeit

Die Kalte Zeit

Titel: Die Kalte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Kliem
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erzählen. Die Verantwortung abgeben. Sich fallenlassen.
    Sie sah ihn an. »Sie haben Wolf bedroht, verstehst du? Keine Polizei. Sonst würde Felix etwas passieren. Und wenn Wolf erfährt, dass ich dich angerufen habe . . .«
    Lars atmete langsam aus. Er drehte seine Hand um und öffnete sie. Sie verschränkte ihre Finger mit den seinen. Sofort spürte sie, wie ihr Widerstand schmolz.
    »Du hast Angst. Das verstehe ich. Aber ich bin gar nicht dienstlich hier. Ich bin nur . . . ein guter Freund.«
    »Das ist alles nicht so einfach.« Gesa zog ihre Hand weg.
    »Doch, das ist es. Es ist eine Frage des Vertrauens.« Er stand auf. »Du musst mir nichts erzählen, wenn du nicht willst. Aber dann rede ich jetzt mit Wolf.«
    »Nein!« Gesa schnellte von ihrem Stuhl hoch. »Nein, er schläft bestimmt noch. Warte, ich . . .«
    Doch Lars verließ schon die Küche. Auf dem kleinen Wohnungsflur sah er sich kurz um und wandte sich zur Schlafzimmertür.
     
    Wolf spürte einen stechenden Schmerz in der Schläfe, sobald er seinen Kopf bewegte. Nur langsam kam die Erinnerung an die vergangene Nacht zurück. Guram, der Georgier. Gebrochenes Deutsch. Der gefrorene Boden, auf den Wolf aufgeschlagen war.
    Dann stürmten Bilder auf ihn ein, Stimmen vermischten sich miteinander. ‚Du bist der Boss auf dem Hof. Zeigs ihr, Wolf’. Das war Heinz Kurau aus seinem Schützenzug. ‚Verlass dich drauf, Heinz.’ Und deiner Alten, der süßen Anita, besorg ich es auch noch . . . Wolf hatte sich großartig gefühlt. Unbesiegbar. Den Schützenbrüdern hatte er es gezeigt. Gestaunt hatten sie. Spargelanbau. Umrüstung des Betriebes. Endlich nahmen sie ihn ernst. Gurams Augen voller Hass. Ein Tritt in Wolfs Magen, der Gestank des Erbrochenen, in dem er lag.
    Es klopfte an die Schlafzimmertür, die sich daraufhin sofort öffnete. Wolf brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass er sich zuhause befand, in seinem eigenen Bett. In der Tür stand Schäffer, der Kommissar. Der Typ, mit dem Gesa früher was gehabt hatte. Was in aller Welt hatte der hier zu suchen? Hatte Gesa die Polizei verständigt? War sie komplett wahnsinnig geworden? Er hatte ihr doch gesagt . . .
    In diesem Moment trat auch Gesa ins Zimmer. Ihre linke Gesichtshälfte war geschwollen, die Haut schillerte blaugrün und lila. Wolf kroch es kalt den Rücken herauf. Das war er gewesen. Er hatte sie geschlagen. Innerhalb von einer Sekunde war er hellwach.
    »Bist du bescheuert?«, fauchte er in Gesas Richtung. »Was habe ich dir gesagt?«
    In Schäffers Augen funkelte etwas, hell und aggressiv. »Es war richtig, dass Gesa mich angerufen hat. Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Ich bin privat hier. Als Freund . . . der Familie.« Wolf musterte ihn. Freund der Familie? Das wäre ihm neu.
    Interessant jedenfalls. Wie nah Gesa bei Schäffer stand, ihre Schulter berührte fast seinen Arm. Wie sie zu ihm aufsah. Voller Bewunderung. Ob da etwas lief zwischen den beiden? Wolf richtete sich auf.
    »Mit solchen Typen sollte man es nicht allein aufnehmen«, sagte Schäffer. »Ich bin dafür ausgebildet worden, ich kann Ihnen helfen. Können Sie die Männer beschreiben?«
    Wolf musterte Schäffer. Diese halbe Portion wollte ihm helfen? Wie so jemand Polizist werden konnte! Wolf stellte sich Bullen immer als durchtrainierte, harte Kerle vor.
    Schäffer war das Gegenteil. Trotzdem fühlte Wolf sich von ihm bedroht. Schäffers Blick verriet, dass er einen starken Willen hatte. Dass er gefährlich werden konnte.
    Wolf verzog den Mund zu einer Grimasse. »Es waren drei. Der eine hatte einen Akzent. Irgend so ein Gesocks aus dem Osten. Die anderen beiden waren Deutsche.« Er lehnte den Kopf zurück und stöhnte leise. Sein Kopfschmerz verschwand, seine Kräfte kehrten zurück, aber das musste dieser Schäffer ja nicht wissen. Sollte er ihn nur unterschätzen. »Ach so, und die Deutschen trugen Strumpfmützen. Die Gesichter konnte ich nicht sehen. Aber einer hatte einen Ohrring. Silbern, glaub ich. Sah echt albern aus.«
    »Wie können Sie unter einer Strumpfmütze einen Ohrring gesehen haben?«, fragte Lars Schäffer.
    Wolf hatte die Antwort schon parat. »Der Typ griff sich ans Ohr. Der Ohrring hatte sich wohl in der Wolle verhakt. Er zog die Mütze hoch und fummelte daran rum.«
    »Können Sie den Ohrring genauer beschreiben?«, fragte Schäffer.
    Wolf seufzte genervt. »Keine Ahnung. Ein Anhänger. Kann so was wie ein Gesicht drauf gewesen sein. Vielleicht ein Totenkopf. Es war zu dunkel, um was

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