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Die Kammer

Titel: Die Kammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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vergessen, bis Mitternacht zusammengesessen und darüber diskutiert, ob ich in den Zeugenstand gehen sollte oder nicht. Aber denk einmal darüber nach, Adam. Ich wäre gezwungen gewesen, zuzugeben, daß ich die Bombe gelegt hatte, daß sie einen Zeitzünder hatte und erst später hochgehen sollte, daß ich an anderen Bombenanschlägen beteiligt war und daß ich mich auf der anderen Straßenseite aufhielt, als sie detonierte. Außerdem hatte die Anklage eindeutig bewiesen, daß wir es auf Marvin Kramer abgesehen hatten. Ich meine, sie spielten im Gerichtssaal die Bänder ab, die das FBI aufgenommen hatte. Das hättest du hören sollen. Sie bauten im Saal riesige Lautsprecher auf und stellten das Bandgerät auf einen Tisch vor den Geschworenen, als wäre es eine Art scharfe Bombe. Und da war Dogan am Telefon und unterhielt sich mit Wayne Graves, seine Stimme war kratzig, aber völlig verständlich, über den Bombenanschlag auf Marvin Kramer, weil er dieses und jenes getan hatte, und renommierte damit, daß er seine Truppe, wie er mich nannte, nach Greenville schicken würde, damit sie die Sache in die Hand nahm. Die Stimmen auf dem Tonband hörten sich an wie Gespenster aus der Hölle, und die Geschworenen ließen sich kein Wort entgehen. Sehr wirkungsvoll. Und dann war da natürlich Dogans eigene Aussage. Ich hätte mich nur lächerlich gemacht, wenn ich versucht hätte, auszusagen und die Geschworenen davon zu überzeugen, daß ich eigentlich gar kein Bösewicht war. McAllister hätte mich bei lebendigem Leibe aufgefressen. Also beschlossen wir, daß ich nicht aussagen würde. Jetzt bin ich ziemlich sicher, daß das ein Fehler war. Ich hätte reden sollen.«
    »Aber auf den Rat deines Anwalts hin hast du es nicht getan?«
    »Hör zu, Adam, wenn du daran denkst, Keyes wegen unzulänglicher juristischer Beratung zu attackieren, dann vergiß es. Ich habe Keyes gutes Geld bezahlt, alles verpfändet, was ich besaß, und er hat gute Arbeit geleistet. Vor langer Zeit haben Goodman und Tyner erwogen, gegen Keyes vorzugehen, aber sie konnten keinerlei Einwände gegen seine Vorgehensweise finden.«
    Die Cayhall-Akte bei Kravitz & Bane enthielt einen mindestens fünf Zentimeter dicken Packen von Recherchen und Memos zum Thema Benjamin Keyes. Unzulängliche juristische Beratung war ein Standardargument bei Einsprüchen gegen Todesurteile, aber in Sams Fall war davon kein Gebrauch gemacht worden. Goodman und Tyner hatten eingehend darüber diskutiert, und zwischen ihren Büros im einundsechzigsten und sechsundsechzigsten Stock waren lange Memos hin- und hergegangen. Im letzten Memo hieß es, Keyes hätte beim Prozeß so gute Arbeit geleistet, daß man ihm keinerlei Vorwürfe machen konnte.
    Die Akte enthielt auch einen drei Seiten langen Brief von Sam, in dem er jede Attacke auf Keyes ausdrücklich verbot. Eine entsprechende Eingabe würde er auf keinen Fall unterschreiben.
    Doch das letzte Memo war vor sieben Jahren geschrieben worden, zu einer Zeit, in der der Tod nicht mehr als eine ferne Möglichkeit gewesen war. Jetzt lagen die Dinge anders. Einwände mußten wieder aus der Versenkung geholt oder sogar fabriziert werden. Die Zeit war gekommen, wo man nach jedem Strohhalm greifen mußte.
    »Wo ist Keyes jetzt?« fragte Adam.
    »Das letzte, was ich von ihm gehört habe, ist, daß er einen Job in Washington übernommen hat. Er hat mir vor ungefähr fünf Jahren geschrieben, daß er nicht mehr praktizierte. Es hat ihn ziemlich schwer getroffen, daß wir verloren haben. Ich glaube, wir hatten beide nicht damit gerechnet.«
    »Du hast nicht damit gerechnet, verurteilt zu werden?«
    »Eigentlich nicht. Wie du weißt, war ich schon zweimal davongekommen. Und in meiner Jury beim dritten Prozeß saßen acht Weiße, Anglo-Amerikaner, sollte ich wohl sagen. So schlecht der Prozeß auch lief - eigentlich habe ich nie so recht daran glauben können, daß die Geschworenen mich verurteilen würden.«
    »Was war mit Keyes?«
    »Oh, er war beunruhigt. Wir haben die Sache bestimmt nicht auf die leichte Schulter genommen. Wir verbrachten Monate mit der Vorbereitung auf den Prozeß. Wochenlang, während der Vorarbeiten, hat er seine anderen Mandanten und sogar seine Familie vernachlässigt. McAllister war, wie es schien, jeden Tag in den Zeitungen, und je mehr er redete, desto mehr arbeiteten wir. Sie veröffentlichten die Liste möglicher Geschworener. Sie umfaßte vierhundert Mann, und wir verbrachten Tage damit, uns über diese Leute zu

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