Die Kandidaten
Minuten nach Schließung der Wahllokale eingesammelt
und dann dem sicheren Gewahrsam unseres Polizeichefs
übergeben, der sie über Nacht in Haft behielt.« Einige Leute
lachten höflich über den kleinen Scherz des Bürgermeisters,
woraufhin Holbourn lächelte und prompt den Faden verlor. Er
schien zu zögern, bis sein Stellvertreter sich vorbeugte und ihm
»Wahlurnen« ins Ohr flüsterte.
»Ja, natürlich, ja. Die Wahlurnen wurden heute Morgen um 9
Uhr ins Rathaus gebracht. Ich bat meinen Stellvertreter zu
überprüfen, ob die Siegel unverletzt waren. Er bestätigte, dass
alle Siegel intakt sind. Um 10 Uhr werde ich diese Siegel
aufbrechen, dann werden die Stimmzettel aus den Urnen
entfernt und in der Mitte des Sitzungssaales auf den Zähltisch
gelegt. Beim ersten Durchlauf wird nur festgestellt, wie viele
Menschen ihre Stimme abgegeben haben. Sobald die Zahl
feststeht, werden die Stimmzettel in drei Haufen aufgeteilt. Die
republikanischen Stimmen, die demokratischen Stimmen und
jene Stimmen, die man als strittig bezeichnen könnte. Obwohl
ich hinzufügen möchte, dass es nur selten strittige Stimmzettel
in Madison gibt, weil es für viele von uns sehr wohl die letzte
Gelegenheit sein könnte, eine Stimme abzugeben.« Ein paar
Leute lachten nervös, obwohl Nat nicht daran zweifelte, dass es
Holbourn todernst meinte.
»Meine letzte Aufgabe als Wahlleiter besteht dann darin, das
Ergebnis zu verkünden, was wiederum entscheiden wird, wer
der nächste Gouverneur unseres wunderbaren Staates wird. Ich
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hoffe, das gegen Mittag tun zu können.« Nicht, wenn wir in
diesem Tempo weitermachen, dachte Fletcher. »Gibt es
irgendwelche Fragen, bevor ich Sie in den Sitzungssaal führe?«
»Wie viele Stimmenzähler stehen Ihnen zur Verfügung?«,
wollte Jimmy wissen.
Wieder flüsterte der Stellvertreter etwas in das Ohr des
Bürgermeisters. »Zwanzig – und alle sind Angestellte der
Stadtverwaltung«, sagte der Bürgermeister daraufhin.
»Und wie viele Beobachter lassen Sie zu?«, fragte Tom.
»Ich werde zehn Vertreter jeder Partei zulassen«, erklärte der
Bürgermeister. »Sie dürfen einen Schritt hinter jedem
Stimmenzähler stehen, jedoch zu keiner Zeit das Wort an ihn
richten. Wenn sie eine Frage haben, müssen Sie sich an meinen
Stellvertreter wenden. Bleibt die Frage dennoch ungelöst, wird
er sie an mich weiterleiten.«
»Und wer ist der Schlichter für die strittigen Stimmzettel?«,
fragte Tom.
»Sie werden feststellen, dass es in Madison nur selten strittige
Stimmzettel gibt«, wiederholte der Bürgermeister, weil er
vergessen hatte, dass er diesen Spruch bereits von sich gegeben
hatte. »Denn für viele von uns könnte es die letzte Chance sein,
ihre Stimme abzugeben.« Diesmal lachte niemand und der
Bürgermeister hatte auch Toms Frage nicht beantwortet. Tom
beschloss jedoch, ihn kein zweites Mal danach zu fragen. »Nun,
wenn es keine Fragen mehr gibt, dann begleite ich Sie jetzt in
unseren historischen Sitzungssaal, der 1867 erbaut wurde und
auf den wir alle mächtig stolz sind«, verkündete der
Bürgermeister.
In den Sitzungssaal passten nur etwa tausend Menschen, aber
die Bevölkerung von Madison ging ja nachts ohnehin nicht viel
aus. Doch bei dieser Gelegenheit glich der Saal, noch bevor der
Bürgermeister, seine Stadträte, Fletcher, Nat und ihre jeweiligen
Teams eingetreten waren, eher einem japanischen Bahnhof zur
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Hauptverkehrszeit als dem Rathaussaal eines verschlafenen
Küstenorts
in
Connecticut.
Nat
hoffte,
dass
der
Feuerwehrkommandant nicht anwesend war, denn bestimmt gab
es keine einzige feuerpolizeiliche Sicherheitsbestimmung, die
hier nicht gebrochen wurde.
Der Bürgermeister eilte zur Bühne und ließ die beiden
Kandidaten zurück, die sich fragten, ob er es jemals schaffen
würde. Schließlich tauchte die winzige, grauhaarige Gestalt auf
der Bühne auf und stellte sich vor ein niedrig eingestelltes
Mikrofon. »Meine Damen und Herren, in meiner Eigenschaft als
Wahlleiter für den Distrikt Madison habe ich den beiden
Kandidaten bereits erklärt, wie ich bei der Auszählung
vorzugehen gedenke, und das will ich nun noch einmal erläutern
…«
Fletcher sah sich in dem Saal um und merkte schnell, dass nur
wenige Leute dem Bürgermeister zuhörten. Die meisten waren
damit beschäftigt, sich einen Platz zu sichern, der so nah wie
möglich an dem abgesperrten Bereich lag, in dem die
Auszählung stattfinden
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