Die Kandidaten
würde.
Als der Bürgermeister seine Ausführungen beendet hatte,
bemühte er sich tapfer, in die Mitte des Saales zurückzukehren,
aber das wäre ihm sicher niemals gelungen, wenn die
Auszählung auch ohne seine Erlaubnis hätte anfangen dürfen.
Als er endlich an den Auszählungstisch gelangte, reichte ihm
der Verwaltungschef eine Schere. Holbourn schnitt die Siegel
der
einundzwanzig
Kästen
auf,
als
ob
er
eine
Eröffnungszeremonie leitete. Danach leerten die Stimmenzähler
die Kästen und häuften die Stimmzettel auf den überlangen
Tisch in der Mitte. Anschließend prüfte der Bürgermeister
sorgfältig das Innere der Wahlurnen – zuerst drehte er jeden
einzelnen Kasten um, dann schüttelte er ihn wie ein
Zauberkünstler, der beweisen will, dass sich nichts mehr darin
befindet. Beide Kandidaten wurden aufgefordert, die Urnen
selbst noch einmal zu überprüfen.
652
Tom und Jimmy hielten ihren Blick auf die Mitte des Tisches
gerichtet, während die Wahlhelfer die Stimmzettel unter den
Stimmenzählern aufteilten, wie ein Croupier die Chips auf
einem Roulettetisch verteilt. Sie zählten jeweils zehn
Stimmzettel ab und bündelten dann einhundert Stimmzettel mit
einem Gummiband. Diese einfache Übung dauerte fast eine
Stunde und mittlerweile waren dem Bürgermeister die
Informationsbrocken ausgegangen, die er denen, die ihm noch
zuhörten, über Madison erzählen konnte. Die Stapel wurden zu
guter Letzt vom Verwaltungschef gezählt, der bestätigte, dass es
neunundfünfzig seien und sich in einem davon weniger als
einhundert Stimmzettel befanden.
Früher war der Bürgermeister an dieser Stelle immer auf die
Bühne zurückgekehrt, aber der Verwaltungschef hielt es für
einfacher, wenn man das Mikrofon zu ihm brachte. Paul
Holbourn war mit dieser Neuerung einverstanden und es wäre
auch eine weise Entscheidung gewesen, hätte das Kabel bis zur
Absperrung
gereicht.
Doch
wenigstens
musste
der
Bürgermeister nun eine beträchtlich kürzere Wegstrecke
zurücklegen, bevor er sein Ultimatum verkünden konnte. Er
blies in das Mikrofon und produzierte dabei ein Geräusch wie
ein Zug, der in einen Tunnel fährt, weil er hoffte, sich dadurch
Gehör zu verschaffen.
»Meine Damen und Herren«, fing er an und sah auf das Blatt
Papier, das der Verwaltungschef ihm in die Hand gedrückt hatte.
»5 934 gute Bürger von Madison haben an dieser Wahl
teilgenommen. Man hat mir gesagt, das seien 54 Prozent der
Wählerschaft, ein Prozent mehr als die durchschnittliche
Wahlbeteiligung in diesem Bundesstaat.«
»Dieser zusätzliche Prozentpunkt könnte zu unserem Vorteil
sein«, flüsterte Tom in Nats Ohr.
»Zusätzliche
Punkte
gehen
normalerweise
an
die
Demokraten«, rief ihm Nat in Erinnerung.
653
»Nicht, wenn die Wähler im Schnitt 63 Jahre alt sind«,
widersprach Tom.
»Unsere nächste Aufgabe besteht nun darin, die Stimmen der
beiden Parteien zu trennen, bevor wir mit der Auszählung
beginnen können«, fuhr der Bürgermeister fort. Sobald auch
diese Aufgabe vollendet war, begann die eigentliche
Auszählung der Stimmen. Zehnerhaufen wuchsen zu
Hunderterhaufen an und diese wurden in ordentliche kleine
Reihen aufgestellt, wie Soldaten auf einem Exerzierplatz.
Nat wäre gern im Saal herumgelaufen, um sich die
Auszählung genau ansehen zu können, aber es war dermaßen
voll, dass er sich mit den regelmäßigen Berichten zufrieden
geben musste, die ihm seine Repräsentanten von der Front
zukommen ließen. Tom beschloss, sich durch die
Menschenmassen zu kämpfen und fand heraus, dass es zwar so
aussah, als ob Nat in Führung lag, er aber nicht sicher sein
konnte, ob es ausreichte, die 118 Stimmen aufzuholen, mit
denen Fletcher nach der nächtlichen Auszählung in Führung lag.
Es dauerte eine weitere Stunde, bevor die Auszählung
abgeschlossen war. Der Bürgermeister forderte beide
Kandidaten auf, sich zu ihm in den abgesperrten Bereich in der
Mitte des Saales zu begeben. Dort erklärte er ihnen, dass
sechzehn Stimmzettel von seinen Wahlhelfern zurückgewiesen
worden waren und er wolle sie beide befragen, bevor er
beschließen würde, welche dieser Zettel für gültig erklärt
werden sollten.
Niemand konnte dem Bürgermeister vorwerfen, er würde nicht
an eine volksnahe Regierung glauben, denn alle sechzehn
Stimmzettel lagen für jedermann sichtbar mitten auf dem Tisch.
Auf acht Stimmzetteln schien überhaupt nichts angekreuzt zu
sein und beide
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