Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide
Eis – Amerikaner haben echt einen Knall), aber ich hatte meinen Spaß in der ersten Klasse.
»Ich hab mich schon vor ein paar Stunden zurückverwandelt.« Ich räusperte mich. »Es – äh – war hilfreich, was du gesagt hast … dass man sich auf das Wichtige konzentrieren soll.«
Es war komisch, mich an das zu erinnern, was er mir, als ich noch meine Milan-Gestalt hatte, über seine Reisen mit Dad erzählt hatte – wie sie sich in der U-Bahn verloren hatten, wie ihm in Venedig schlecht geworden war, wie er wie ein Baby gekreischt hatte, als er einen Skorpion in seiner Socke gefunden hatte. Er hatte mir so viel in die Hand gegeben, um ihn aufzuziehen, doch merkwürdigerweise war ich überhaupt nicht in Versuchung. Die Art, wie er seine Seele preisgegeben hatte … Vielleicht hatte er geglaubt, ich würde ihn in Milan-Gestalt nicht verstehen – aber er war so ehrlich gewesen, so offen, und er hatte alles getan, um mich zu beruhigen. Hätte er mir nicht etwas gegeben, worauf ich mich konzentrieren konnte, würde ich jetzt vielleicht immer noch Feldmäuse am Potomac jagen.
Carter hatte über Dad geredet, als wären ihre gemeinsamen Reisen zwar schon toll gewesen, aber auch ziemlich stressig, weil Carter sich ständig anstrengen musste, nett zu sein und sich von seiner besten Seite zu zeigen, und andererseits niemanden hatte, bei dem er mal relaxen oder mit dem er reden konnte. Dad hatte zugegebenermaßen eine besondere Ausstrahlung. Man musste schon krass drauf sein, um seine Anerkennung nicht zu wollen. (Zweifellos ist das auch der Grund für meine verblüffend charismatische Persönlichkeit.) Ich sah ihn bloß zweimal im Jahr, trotzdem hatte ich mich immer auf die Begegnung einstellen müssen. Zum ersten Mal fragte ich mich, ob Carter wirklich besser weggekommen war. Würde ich mein Leben gegen seines eintauschen wollen?
Ich beschloss, ihm nicht zu erzählen, wie ich mich letztendlich wieder in einen Menschen zurückverwandelt hatte. Ich hatte mich nämlich überhaupt nicht auf Dad konzentriert. Ich hatte mir vorgestellt, Mom wäre noch am Leben und wir würden zusammen die Oxford Street entlangbummeln, Schaufenster gucken und reden und lachen – wir würden einen ganz normalen Tag miteinander verbringen, wie wir nie einen zusammen hatten. Ein unmöglicher Wunsch, ich weiß. Doch er war stark genug gewesen, um mir in Erinnerung zu rufen, wer ich war.
Ich erwähnte es mit keinem Wort, aber Carter beobachtete mein Gesicht und ich spürte, dass er meine Gedanken nur allzu genau erraten hatte.
Ich trank einen Schluck Cola. »Du hast übrigens das Mittagessen verpasst.«
»Warum hast du mich nicht geweckt?«
Auf der anderen Seite des Gangs rülpste Bastet. Sie hatte gerade ihren Teller Lachs verputzt und wirkte ziemlich zufrieden. »Ich könnte noch ein paar Friskies herbeizaubern«, bot sie an. »Oder Käsetoasts.«
»Nein danke«, brummte Carter. Er wirkte niedergeschlagen.
»Mensch, Carter«, sagte ich. »Wenn es so wichtig für dich ist, ich hab noch was von der Pizza übrig –«
»Darum geht es nicht«, sagte er. Dann erzählte er uns, wie sein Ba um ein Haar von Seth gefangen worden wäre.
Die Neuigkeiten sorgten dafür, dass ich kaum noch Luft bekam. Ich hatte das Gefühl, wieder in der Milan-Gestalt festzustecken und nicht klar denken zu können. Dad war in einer roten Pyramide gefangen? Und der arme Amos wurde als eine Art Pfand benutzt? Ich sah Bastet fragend an. »Können wir überhaupt nichts tun?«
Sie schaute grimmig. »Sadie, ich weiß es nicht. An seinem Geburtstag wird Seth am stärksten sein und Sonnenaufgang ist der vielversprechendste Moment für Magie. Wenn er es an diesem Tag schafft, bei Sonnenaufgang einen großen Ausbruch von Sturmenergie zu entfesseln – indem er nicht nur seine eigene Magie einsetzt, sondern sie noch durch die Kraft der anderen Götter verstärkt, die er zerstört hat … Kaum auszudenken, welches Ausmaß an Chaos er damit auslösen kann.« Sie schauderte. »Carter, du hast doch gesagt, dass ein einfacher Dämon ihm diese Idee in den Kopf gesetzt hat?«
»Klang so«, erwiderte Carter. »Oder er hat den ursprünglichen Plan noch weiter ausgetüftelt.«
Sie schüttelte den Kopf. »Das sieht Seth nicht ähnlich.«
Ich hustete. »Wie meinst du das? Das sieht ihm mehr als ähnlich.«
»Nein«, beharrte Bastet. »Das ist zu grausam, sogar für ihn. Seth möchte König sein, aber bei einer solchen Explosion hat er am Ende vielleicht nichts mehr,
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