Die Kane-Chroniken, Band 1: Die rote Pyramide
und Sadie brüllte: »Ja!«
Der Obelisk leuchtete purpurfarben und pulsierte vor Energie. Sadie berührte den Stein und schrie auf. Sie wurde ins Innere gesaugt und verschwand.
»Sadie!«, rief ich.
Zwei Sphingen nutzen den Moment der Ablenkung, um mich zu rammen und zu Boden zu stoßen. Mein Schwert schwirrte davon. Mein Brustkorb machte Knack! und mein Oberkörper explodierte vor Schmerz. Die Hitze, die von den Kreaturen ausging, war unerträglich – es war, als würde man unter einem glühend heißen Ofen zermalmt.
Ich versuchte verzweifelt, den Obelisken zu berühren. Er war bloß ein paar Zentimeter weit weg. Ich hörte die anderen Sphingen kommen und den Magier, der vor sich hin sang: »Haltet ihn! Haltet ihn!«
Mit letzter Kraft kroch ich auf den Obelisken zu, jeder Nerv in meinem Körper jaulte vor Schmerz. Meine Fingerspitzen berührten den Sockel, dann wurde alles schwarz.
Plötzlich lag ich auf kaltem, feuchtem Stein. Ich befand mich mitten auf einem großen öffentlichen Platz. Es regnete und die eisige Luft verriet mir, dass ich nicht mehr in Ägypten war. Sadie war irgendwo in der Nähe und schrie voller Angst.
Die schlechte Nachricht zuerst: Ich hatte die zwei Sphingen mitgebracht. Einer sprang gerade von mir herunter und setzte Sadie nach. Der andere saß noch immer auf meinem Oberkörper und funkelte mich böse an, auf seinem Rücken dampften Regentropfen, seine qualmenden weißen Augen waren direkt vor meinem Gesicht.
Ich versuchte mich an das ägyptische Wort für Feuer zu erinnern. Wenn ich das Monster abfackeln könnte … aber ich war viel zu sehr in Panik. Rechts von mir hörte ich eine Explosion, in diese Richtung war Sadie gerannt. Ich hoffte, dass sie es geschafft hatte, aber ich war mir nicht sicher.
Der Sphinx öffnete den Mund. Aus dem Rauch bildeten sich Reißzähne, die an einem altägyptischen König nichts zu suchen hatten. Er wollte sich gerade über mein Gesicht hermachen, als eine dunkle Gestalt hinter ihm auftauchte und befahl: »Mange des muffins!«
Schwupp!
Der Sphinx löste sich in Rauch auf.
Ich wollte aufstehen, schaffte es aber nicht. Sadie taumelte auf mich zu. »Carter! Oje, alles in Ordnung?«
Ich blinzelte zu der anderen Person hinüber – die mich gerettet hatte: Es war eine große, schmale Gestalt in einem schwarzen Regenmantel mit Kapuze. Was hatte sie geschrien: Friss Muffins? Was war denn das für ein Schlachtruf?
Die Gestalt warf ihren Mantel ab. Eine Frau in einem Gymnastikanzug aus Leopardenfell grinste mich an, ließ ihre Reißzähne aufblitzen und ihre lampenähnlichen gelben Augen.
»Habt ihr mich vermisst?«, erkundigte sich Bastet.
18.
Fiese Flughunde
Wir drängten uns unter dem Vordach eines großen weißen Regierungsgebäudes aneinander und beobachteten den Regen, der auf die Place de la Concorde prasselte. Es war ein mieser Tag für einen Aufenthalt in Paris. Der Winterhimmel war verhangen und ich fror bis auf die Knochen in der kalten, feuchten Luft. Es waren keine Touristen zu sehen, niemand war zu Fuß unterwegs. Jeder halbwegs vernünftige Mensch saß zu Hause vor dem Ofen und gönnte sich etwas Warmes zu trinken.
Zu unserer Rechten wand sich die Seine träge durch die Stadt. Auf der anderen Seite des riesigen Platzes waren die Gärten der Tuilerien in dichten Nebel gehüllt.
Einsam und dunkel erhob sich der ägyptische Obelisk in der Mitte des Platzes. Wir warteten darauf, dass noch mehr Feinde auftauchen würden, aber es kam niemand. Ich erinnerte mich an Zias Bemerkung, dass Artefakte zwölf Stunden abkühlen müssen, bevor man sie wiederverwenden kann. Hoffentlich behielt sie Recht.
»Halt still!«, ermahnte mich Bastet.
Als sie mir die Hand auf die Brust legte, zuckte ich zusammen. Sie flüsterte etwas auf Ägyptisch, danach ließ der Schmerz langsam nach.
»Gebrochene Rippe«, verkündete sie. »Es ist schon besser, aber du solltest dich wenigstens ein paar Minuten ausruhen.«
»Was ist mit den Magiern?«
»Über die würde ich mir an deiner Stelle gerade keinen Kopf machen. Das Haus wird annehmen, dass ihr euch anderswohin teleportiert habt.«
»Warum?«
»Paris ist der Vierzehnte Nomos – Desjardins’ Zentrale. Ihr müsstet wahnsinnig sein, wenn ihr euch auf seinem Territorium verstecken wolltet.«
»Super.« Ich seufzte.
»Aber eure Amulette schützen euch«, fügte Bastet hinzu. »Da ich versprochen habe, auf Sadie aufzupassen, würde ich sie überall finden. Für Seths Augen und die der anderen Magier
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