Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron
Haare zurück«, befahl ich Carter. »Ich muss deine Stirn bemalen.«
»Ich werde mich nicht mit der Aufschrift LOSER auf der Stirn in den Tod stürzen!«
»Ich versuche, dich zu retten. Los, mach schon!«
Er strich die Haare zurück. Als ich die Hieroglyphen für Feuer und Schild auf seine Stirn malte, fing mein Bruder auf der Stelle zu brennen an.
Ich weiß – es war ein Traum und ein Albtraum zugleich. Bis er schließlich merkte, dass das Feuer ihn nicht verbrannte, hüpfte er herum und stieß ein paar interessante Flüche aus. Er war einfach in ein schützendes Feuerlaken gehüllt.
»Was genau –?« Er bekam große Augen. »Halt dich irgendwo fest!«
Die Barke kippte in einem Schwindel erregenden Winkel über die Kante des Wasserfalls. Ich pinselte mir schnell die Hieroglyphen auf den Handrücken, aber es war keine besonders gute Abschrift. Die Flammen züngelten schwach um mich herum. Hey, ich hatte keine Zeit, es besser zu machen. Ich umklammerte mit den Armen die Reling und wir stürzten in die Tiefe.
Seltsam, wieviel einem durch den Kopf gehen kann, während man ins sichere Verderben stürzt. Aus der Höhe sah der Feuersee ziemlich schön aus, wie die Oberfläche der Sonne. Ich überlegte, ob der Aufschlag wohl sehr weh tat oder ob wir schlicht verdampften. Als wir durch Asche und Qualm in die Tiefe stürzten, konnte man kaum etwas erkennen, trotzdem meinte ich in ungefähr anderthalb Kilometern Entfernung eine vertraute Insel auszumachen – den schwarzen Tempel, wo ich Anubis zum ersten Mal getroffen hatte. Ob er mich wohl von dort aus sehen konnte? Würde er mir zu Hilfe eilen? Wären meine Überlebenschancen besser, wenn ich mich vom Boot abstieß und einfach wie ein Klippenspringer in die Tiefe fiel? Da ich mich das nicht traute, klammerte ich mich lieber mit aller Kraft an die Reling. Ich war nicht sicher, ob der magische Feuerschild mich schützte, jedenfalls schwitzte ich unglaublich und war ziemlich sicher, dass ich meine Kehle und den Großteil meiner inneren Organe oben an der Wasserfallkante zurückgelassen hatte.
Schließlich schlugen wir mit einem Knall unten auf.
Wie soll man das Gefühl beschreiben, wenn man in einen See aus flüssigem Feuer eintaucht? Na ja … es brannte. Aber gleichzeitig war es auch irgendwie nass. Ich wagte nicht zu atmen. Nach kurzem Zögern öffnete ich die Augen. Alles, was ich sah, waren wirbelndes Rot und gelbe Flammen. Wir waren noch immer unter Wasser … unter Feuer? Mir fielen zwei Dinge auf: Ich verbrannte nicht und das Boot bewegte sich vorwärts.
Ich konnte nicht fassen, dass meine wahnwitzigen Schutzhieroglyphen tatsächlich funktioniert hatten. Während das Boot durch wirbelnde Hitzeströmungen glitt, flüsterten die Stimmen der Mannschaft in meinem Kopf – nun eher fröhlich als wütend.
Erneuere dich , sagten sie. Neues Leben. Neues Licht .
Das klang zunächst vielversprechend – bis mir ein paar weniger erfreuliche Tatsachen bewusst wurden. Ich konnte noch immer nicht atmen. Mein Körper atmete aber gern. Außerdem wurde es sehr viel heißer. Ich konnte spüren, wie meine Schutzhieroglyphe nachließ, die Tinte brannte auf meiner Hand. Als ich sie ausstreckte, erwischte ich einen Arm – und ging davon aus, dass es Carters war. Wir hielten uns an der Hand, und auch wenn ich ihn nicht sehen konnte, war es tröstlich, ihn neben mir zu wissen. Vielleicht war es nur meine Einbildung, aber die Hitze schien nachzulassen.
Vor langer Zeit hatte uns Amos erklärt, dass wir zusammen über größere Macht verfügten. Wir erhöhten die Zauberkraft des anderen durch unsere bloße Nähe. Ich hoffte, dass das jetzt der Fall sein würde. Ich versuchte, Carter meine Gedanken zu übermitteln, damit er mir half, den Feuerschild aufrechtzuerhalten.
Das Schiff segelte weiter durch die Flammen. Ich hatte das Gefühl, dass wir aufstiegen, aber vielleicht war das Wunschdenken. Mir wurde schwarz vor Augen. Meine Lungen schrien. Würde ich wie Wlad Menschikow enden, wenn ich Feuer einatmete?
Genau in dem Moment, als ich kurz vor einer Ohnmacht stand, schoss das Boot nach oben und wir durchbrachen die Seeoberfläche.
Ich schnappte nach Luft – nicht nur, weil ich Luft brauchte. Wir hatten am Ufer des brodelnden Sees angelegt, vor einem großen Torbogen aus Kalkstein, der dem Eingang zu dem antiken Tempel ähnelte, den ich in Luxor gesehen hatte. Ich hielt noch immer Carters Hand. Soweit ich sehen konnte, waren wir beide unversehrt.
Die Sonnenbarke war
Weitere Kostenlose Bücher