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Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Feuerthron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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oder widerwilligen Respekt empfand.
    Isis erhob sich schwankend. Obwohl sie so geschockt wirkte, als hätte sie gerade einen Spaziergang durch ein Kriegsgebiet gemacht, hob sie die Hand. Auf ihrer Handfläche brannte eine glutrote Hieroglyphe – es war Res geheimer Name, zusammengefasst in einem einzigen, unglaublich mächtigen Wort.
    Sie legte die Hand auf Res vergiftetes Bein und sprach einen Zauber. Das grüne Gift zog sich aus seinen Venen zurück. Die Schwellung ging zurück. Der Verband fiel ab und die zwei Bissstellen schlossen sich. Re lehnte sich auf seinem Thron zurück und seufzte erleichtert. »Endlich. Keine Schmerzen mehr.«
    »Mein König braucht Ruhe«, schlug Isis vor. »Eine sehr, sehr lange Ruhepause.«
    Der Sonnengott öffnete die Augen. Nun war kein Feuer mehr in ihnen. Sie ähnelten den trüben Augen eines menschlichen alten Mannes.
    »Bastet!«, rief er.
    Neben ihm erschien die Katzengöttin. Sie trug eine ägyptische Rüstung aus Leder und Eisen, sie wirkte jünger, was aber vielleicht nur daran lag, dass sie noch nicht Jahrhunderte in einem Gefängnisabgrund durchgemacht hatte, wo sie gegen Apophis kämpfen musste. Ich war versucht, sie zu rufen und vorzuwarnen, doch meine Stimme funktionierte nicht.
    Bastet warf Isis einen Seitenblick zu. »Mein König, belästigt Euch diese … Frau ?« Re schüttelte den Kopf. »Mich wird nichts mehr belästigen, meine treue Katze. Komm jetzt mit mir. Wir haben noch einige wichtige Dinge zu besprechen, bevor ich abreise.«
    »Mein König? Wohin geht Ihr?«
    »In die Zwangsrente.« Re warf Isis einen finsteren Blick zu. »Das willst du doch, Göttin der Zauberei, oder?«
    Isis verneigte sich.
    »Niemals, mein König!« Bastet fuhr ihre Messer aus und machte einen Schritt auf Isis zu, doch Re streckte den Arm aus.
    »Es reicht, Bastet«, sagte er. »Ich habe noch einen anderen Kampf für dich im Sinn – einen letzten, entscheidenden Kampf. Was dich anbelangt, Isis: Bildest du dir vielleicht ein, du hättest gewonnen, weil du meinen geheimen Namen kennst? Ist dir klar, was du in Gang gesetzt hast? Osiris mag Pharao werden, doch seine Herrschaft wird kurz und bitter sein. Sein königlicher Sitzplatz wird ein blasses Abbild meines Feuerthrons sein. Diese Barke wird nicht länger durch die Duat segeln. Das Gleichgewicht zwischen Maat und Chaos wird sich langsam verlagern. Ägypten wird untergehen. Die Namen seiner Götter werden zu einer entfernten Erinnerung verblassen. Und eines Tages wird die ganze Welt am Rand der Zerstörung stehen. Du wirst nach Re rufen und ich werde nicht da sein. Wenn dieser Tag kommt, erinnere dich daran, dass deine Gier und dein Ehrgeiz die Auslöser waren.«
    »Mein König.« Isis verbeugte sich respektvoll, doch ich wusste, dass sie nicht über irgendeine weit entfernte Zukunft nachdachte. Sie war trunken von ihrem Sieg. Sie glaubte, Osiris würde Ägypten ewig regieren, und hielt Re für einen alten Narren. Sie ahnte nicht, dass sich ihr Sieg in kurzer Zeit in eine Tragödie verwandeln würde. Osiris würde von seinem Bruder Seth ermordet werden. Und irgendwann würden sich auch die anderen Vorhersagen Res bewahrheiten.
    »Komm, Bastet«, sagte Re. »Wir sind nicht länger erwünscht.«
    Der Thron ging in einer Flammensäule auf und verbrannte den blau-goldenen Baldachin. Ein Feuerball stieg zum Himmel auf, bis er im grellen Schein der Sonne verschwand.
    Als sich der Rauch lichtete, stand Isis allein da und lachte vergnügt.
    »Ich hab es getan!«, rief sie aus. »Osiris, du wirst König werden! Ich habe Res geheimen Namen herausgefunden!«
    Ich hätte ihr gern gesagt, dass sie überhaupt nichts herausgefunden hatte, doch ich konnte Isis nur dabei zusehen, wie sie über das Boot tanzte. Sie war so zufrieden mit sich, dass ihr nicht auffiel, dass die magischen Dienerlichter verschwanden. Die Taue fielen herab. Das Segel hing schlaff herunter. Die Ruder schleiften im Wasser, die Sonnenbarke trieb ohne Mannschaft den Fluss hinunter.
    Meine Vision verblasste und ich versank in Dunkelheit.
    Ich wachte in einem weichen Bett auf. Einen seligen Augenblick lang dachte ich, ich wäre wieder in meinem Zimmer im Brooklyn House. Ich könnte aufstehen und ein schönes Frühstück mit meinen Freunden Amos, Philipp von Makedonien und Cheops genießen und dann den Rest des Tages unseren Initianden beibringen, sich gegenseitig in Reptilien zu verwandeln. Geniale Vorstellung.
    Aber natürlich war ich nicht zu Hause. Als ich mich aufsetzte, wurde

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