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Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange

Titel: Die Kane-Chroniken – Der Schatten der Schlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick Riordan
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dachte an den Augenblick, als Zia gestern Abend im Speisesaal meine Hand genommen hatte: Manchmal muss man seinem Herzen folgen . Vielleicht war es unser letzter Tag auf Erden. Wenn dem so war, sollte ich Zia wirklich meine Gefühle gestehen. Na ja, vermutlich kannte sie sie ohnehin, aber ich wusste nicht sicher, ob sie wusste, also … Oh Mann. Kopfschmerz.
    Ich setzte gerade an: »Zia –«
    Da tauchte Setne neben uns auf. »Alles frisch?«
    Im Tageslicht sah er fast aus, als sei er aus Fleisch und Blut, doch als er eine Pirouette drehte, um seine neuen Kleider vorzuführen, flackerten sein Gesicht und seine Hände holografisch. Ich hatte ihm erlaubt, mehr als seinen Lendenschurz anzuziehen. Genau genommen hatte ich darauf bestanden. Eine so behämmerte Aufmachung hatte ich allerdings nicht erwartet.
    Vielleicht versuchte er, dem Spitznamen gerecht zu werden, den Sadie ihm verpasst hatte: Onkel Vinnie. Er trug ein schwarzes Sakko mit Schulterpolstern, ein rotes T-Shirt, knallenge Jeans und strahlend weiße Turnschuhe. Um den Hals lag eine schwere Goldkette aus verschlungenen Anchs. An den kleinen Fingern prangten riesenbonbongroße Klunker, in die das Symbol der Macht – Was  – in Diamanten eingesetzt war. Sein Haar war mit noch mehr Pomade zurückgekämmt. Seine Augen waren mit Khol umrandet. Er sah aus wie ein altägyptischer Mafioso.
    Dann fiel mir auf, dass bei alldem etwas fehlte. Er schien die Bänder der Hathor nicht mehr zu tragen.
    Ich geb’s zu: Ich bekam Panik. Ich rief den Befehl, den Zia mir beigebracht hatte: »Tas!«
    Das Symbol für Binde flammte in Setnes Gesicht auf.

    Die Bänder der Hathor erschienen wieder um seinen Hals, seine Handgelenke, Knöchel, Oberkörper und Taille. Sie breiteten sich hartnäckig aus und hüllten Setne so lange in einen pinkfarbenen Tornado, bis er wie eine Mumie eingewickelt war und nur noch seine Augen zu sehen waren.
    »Mmmm!«, protestierte er.
    Ich holte tief Luft. Dann schnippte ich mit den Fingern. Die Fesseln schrumpften auf ein normales Maß.
    »Was sollte das denn?«, fragte Setne.
    »Ich habe die Bänder nicht mehr gesehen.«
    »Du hast nicht …« Setne lachte. »Carter, Carter, Carter. Ach komm, Kumpel. Das ist bloß eine Illusion – eine kosmetische Veränderung. In Wirklichkeit komm ich aus den Dingern nicht raus.«
    Er streckte uns die Handgelenke entgegen. Die Bänder verschwanden und tauchten anschließend wieder auf. »Seht ihr? Ich verdecke sie bloß, weil sie nicht zu meinen Klamotten passen.«
    Zia schnaubte. »Zu diesen Klamotten passt überhaupt nichts.«
    Setne warf ihr einen verärgerten Blick zu. »Musst ja nicht gleich unsachlich werden, Püppi. Entspann dich einfach, okay? Du hast doch gesehen, was passiert ist – ein Wort von dir und ich bin fest verschnürt. Kein Problem.«
    Das klang vernünftig. Setne war kein Problem. Setne würde mit uns zusammenarbeiten. Ich konnte mich einfach entspannen.
    In meinem Hinterkopf warnte die Stimme von Horus: Vorsicht .
    Ich sah mich genauer um. Plötzlich wurde mir bewusst, dass rings um mich Hieroglyphen in der Luft schwebten – kaum sichtbare Rauchfetzen. Als ich sie mit meinem Willen zwang, sich aufzulösen, zischten sie wie Mücken in einem elektrischen Insektenvernichter. »Lass das mit den magischen Worten, Setne. Ich werde mich entspannen, wenn wir das hinter uns gebracht haben und du wieder in der Obhut meines Vaters bist. Wohin reisen wir überhaupt?«
    Über Setnes Gesicht huschte ein überraschter Ausdruck. Er verbarg ihn hinter einem Lächeln. »Klar, kein Thema. Freut mich zu sehen, dass diese Weg-der-Götter-Magie bei dir klappt. Wie geht’s dir da drinnen, Horus?«
    Zia fauchte ungeduldig. »Beantworte einfach die Frage, du Made, bevor ich dir das Grinsen aus dem Gesicht brenne.«
    Sie streckte die Hand aus. Um ihre Finger wanden sich Flammen.
    »Zia, ruhig«, sagte ich.
    Ich hatte sie schon früher wütend erlebt, aber die Ich-brenn-dir-das-Lächeln-weg-Taktik kam sogar bei ihr ein bisschen hart.
    Setne schien sich keine Sorgen zu machen. Er zog einen seltsamen weißen Kamm aus dem Sakko – waren das menschliche Fingerknochen? – und kämmte seine Schmalztolle.
    »Arme Zia«, sagte er. »Der alte Mann geht dir an die Nieren, was? Hast du schon, ähm, Temperaturprobleme? Ich hab schon ein paar Leute in deiner Situation spontan in Flammen aufgehen sehen. Nicht schön.«
    Seine Worte schienen Zia zu verunsichern. In ihren Augen brodelte zwar Verachtung, doch sie schloss

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