Die Kanonen von Dambanor II
verzog sich auf eine Weise, die beim Publikum Mitgefühl hervorrief. Er deutete mit der Zeigekralle seiner rechten Pranke in Richtung der zerstörten Augen.
»Ich habe das Licht der Götter gesehen. Seitdem bin ich blind für alles andere, was mir begegnet. Ich wollte eins sein mit diesem Licht. Die Götter brachten es zu mir. Meine Augen büßte ich dafür ein, aber dieses Opfer nehme ich gerne in Kauf. Mag sein, dass mich nachher jemand zu meiner Sänfte führen muss, aber nie zuvor sah ich die Dinge so klar wie jetzt!«, behauptete der Blinde. »Die Außenweltler sind schuld an der Misere unseres Planeten. Nur wenn wir sie vertreiben, können wir wieder Herr im eigenen Haus werden. Also lasst uns für dieses Ziel einen Kampf führen!«
Die letzten Worte des militanten Predigers gingen im allgemeinen Tumult unter.
Doch in diesem Augenblick geschah etwas, womit niemand im Publikum gerechnet hätte.
Teile der kalkartigen Schicht, die das Heiligtum umgab, das in Form eines aufgerichteten Quaders vor ihnen stand, platzten einfach weg. Gleichzeitig drang aus dessen Inneren ein platinweißes Feuer ins Freie, das sofort alle Anwesenden in helle Panik versetzte.
Solche Vorgänge wurden ausführlich in den religiösen Schriften der Gheroor aufgezeichnet. Aber das war kaum einem der Anwesenden tatsächlich bewusst.
Ein Raunen ging durch die Reihen der weiß gekleideten Echsen. Hier und da waren schrille Schreie mit Nasenzäpfchenvibrationen darunter – Ausdrucksformen spiritueller Ekstase.
Die äußere Gesteinsschicht des Heiligtums, das schon fast völlig vom Dschungel überwuchert und in den letzten drei Generationen nahezu vergessen worden war, platzte nun großflächig ab.
Darunter kam ein Leuchten zum Vorschein. Platinweiß und heller als die Sonne. Sekundenlang wurde es immer gleißender. Dann war es plötzlich verschwunden. Schließlich schoss das Licht als gebündelter Strahl aus dem Kubus in den mondhellen Himmel. Dort vereinigte es sich mit einem anderen Lichtstrahl, der von einem weit entfernten Ort zu kommen schien.
Dieser vereinigte Stahl traf dann zielsicher einen der Monde. Blitze umflorten den Mond für Minuten. Die Gläubigen starrten wie gebannt zum Himmel empor.
Der blinde Prediger schien mit seinen Worten recht behalten zu haben. Die Kraft der Mondgötter war doch stärker als jede andere Macht, die es auf Gher gab.
Und das galt auch in Hinblick auf die Außenweltler.
Schließlich sammelte sich das Licht wieder und schoss von dem blitzumflorten Mond weiter in den Raum hinaus.
Dann war das Phänomen vorüber.
Unter der abgesprengten Kalkschicht des Heiligtums kam etwas Metallisches zum Vorschein.
Der blinde Prediger wandte sich dem riesigen, quaderförmigen Block zu. »Die Kraft der Mondgötter wohnt in den alten Tempeln. Wir müssen sie nur zu bündeln vermögen. Aber die Gebete all der Gläubigen, die sich hier in dieser denkwürdigen Nacht versammelt haben, werden dazu beitragen.«
Für Augenblicke herrschte Schweigen.
»Nieder mit den Außenweltlern!«, krächzte eine Stimme, die durch den Gebrauch des Nasenzäpfchens so durchdringend war, dass die gesamte Versammlung sie mühelos hören konnte.
Andere, zischende, heisere und teilweise einen gurrenden Grundton verwendende Stimmen stimmten in den Chor mit ein.
»Folgt dem blinden Prediger!«
»Er gebietet über die Kraft der Mondgötter!«
»So soll er damit Wunder vollbringen.«
»Vielleicht ist er der Heilsbringer der Legende!«
»Hier KMX-22 an Raumkontrolle auf Dambanor II/1. Bitte kommen!«
Seit einer Stunde hatte Song den Kontakt zu Commander Deschii verloren, und es schien unmöglich zu sein, ihn wieder herzustellen.
»So etwas kann es doch nicht geben!«, knurrte McKinley.
»Das Bergstrom-Spektrum bleibt komplett tot, und der Normalfunk …«
»Es kann doch nicht sein, dass komplett der gesamte Funkverkehr zur Raumkontrolle ausfällt! Es gibt viel zu viele ausgeklügelte Notsysteme!«
»Typisch McKinley«, meinte Damaron und verzog das Gesicht. »Er hat nun mal grenzenloses Vertrauen in die Technik und die Organisation unserer Systemregierung.«
»Du kannst mich mal, Damaron!«, knurrte McKinley.
Augenblicke des Schweigens vergingen. Auf der Positionsanzeige war zu sehen, wie das Xabong-Schiff immer mehr beschleunigte. Die Werte wurden jeweils nach einer Minute aktualisiert. Momentan lag die Geschwindigkeit des Xabong-Raumers bei 0,3995 LG. Man musste jederzeit mit einem Übertritt in den Zwischenraum
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