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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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Miller schnell miteinander sprachen, sah wie sie Stevens schüttelten und ihn auf die Füße stellten, und er, noch halb betäubt anscheinend, Seewasser erbrach. Andrea sprach in sein Ohr, offenbar energisch, legte ihm das Seil in die Hände. Dann schwang das Boot wieder einwärts und Stevens packte ganz von selbst das Seil kürzer. Ein ungeheurer Schubs von Andrea – Mallory streckte seinen Arm weit aus, und schon war Stevens auf dem Vorsprung gelandet, saß mit dem Rücken an der Felswand und hielt sich an dem Steigeisen fest, seinen dumpfen Kopf schüttelnd, aber in Sicherheit.
    »Nun Sie, Miller!« rief Mallory. »Aber schnell, Mann – springen!«
    Miller blickte zu ihm hoch, und Mallory hätte schwören können, daß er grinste. Anstatt das Seil von Andrea zu nehmen, lief er nach vorn zur Kabine.
    »Eine Minute noch, Boß!« bölkte er. »Ich habe meine Zahnbürste vergessen.«
    In wenigen Sekunden erschien er wieder, doch ohne Zahnbürste. Er trug den großen grünen Kasten mit Explosivstoffen, und ehe Mallory recht begriff, was geschah, schwang schon die fünfzig Pfund schwere Kiste, von den unermüdlichen Armen des Griechen emporgedrückt, am Seil durch die Luft. Mechanisch griff Mallory zu und packte sie. Er verlor das Gleichgewicht, stolperte, die Kiste noch haltend, nach vorn. Mit einem Ruck wurde er zurückgerissen. Stevens war, eine Hand noch an der Eisenklammer, aufgestanden und hatte die andere in Mallorys Gürtel gehakt. Er zitterte heftig vor Kälte und Schwäche, in einer seltsam mit Furcht gemischten Erregung, aber – er war jetzt, wie Mallory, wieder der Bergsteiger in seinem Element.
    Eben hatte Mallory sich aufgerichtet, als schon das wasserdicht verpackte Funkgerät in die Höhe schwebte. Er ergriff es, legte es nieder und blickte wieder nach unten. »Laßt den verflixten Krempel liegen!« schrie er wütend. »Macht, daß ihr selber 'raufkommt – los!«
    Zwei Seilrollen landeten neben ihm auf dem Vorsprung, dann der erste Rucksack mit Lebensmitteln und Kleidungsstücken. Er merkte, ohne hinzusehen, daß Stevens die Sachen praktisch zu ordnen suchte.
    »Hört ihr nicht?« brüllte er. »Sofort 'rauf alle! Das ist ein Befehl! Das Boot sackt weg, ihr Idioten!«
    Die Kajike sank wirklich. Sie lief schnell voll. Brown hatte den schon umspülten Motor verlassen. Aber das Deck lag jetzt ruhiger als vorher, da die Schlingerbewegungen viel kürzer waren und bei dem vielen Wasser im Schiffsraum die Stöße gegen die Klippenwand weniger heftig. Für einen Augenblick schien es Mallory, als sei der Meeresspiegel gesunken, doch sogleich wurde ihm klar, daß der Schwerpunkt des Bootes, mit mehreren Tonnen Wasser im Raum, viel tiefer lag als vorher, doch unter dem Gewicht etwas ruhiger.
    Miller hatte eine Hand ans Ohr gelegt, sein Gesicht sah auch im Schein der fast erloschenen Rakete sonderbar grün aus. »Kann hier kein Wort verstehen, Boß«, rief er. »Übrigens sinkt das Schiff noch nicht.« Und wieder verschwand er in die vordere Kabine.
    Innerhalb von dreißig Sekunden, in denen alle fünf Männer angestrengt arbeiteten, kam auch der Rest ihrer Ausrüstung auf den Klippenvorsprung. Das Boot lag mit dem Achterdeck unter Wasser, das schon ins Luk vom Maschinenraum strömte, als Brown sich am Seil emporkämpfte. Und als gleich hinter ihm Miller das Seil ergriff, sank auch das Vorschiff, so daß Andrea, der als letzter anpackte, um sich gegen die Klippe zu schwingen, schon mit den Füßen im Leeren hing. Die Kajike war gekentert, nichts mehr von ihr zu sehen: kein Stück Treibgut, nicht einmal eine Luftblase verriet, wo sie eben noch gewesen war …
    Der Felsenvorsprung war an der breitesten Stelle nur achtzig, neunzig Zentimeter breit und nach den im Dunkel verlaufenden Seiten schmaler. Schlimmer noch, daß – bis auf den kleinen Platz, an dem Stevens das Material dicht zusammengepackt hatte – der scharf vorstehende Rand dünn und glitschig war. Den Rücken an die Felswand gepreßt, mußten Andrea und Miller sich auf die Hacken stellen, die Arme ausgestreckt, die Handflächen am Gestein, so dicht wie möglich anlehnend, um ihr Gleichgewicht zu halten. Doch in weniger als einer Minute hatte Mallory in drei Meter Abstand, etwa einen halben Meter über dem Boden, noch zwei Eisen eingeschlagen und sie durch ein Seil verbunden, eine sichere Rettungsleine, an der sich alle festhalten konnten.
    Ermattet ließ Miller sich nieder und lehnte, tief dankbar, seine Brust gegen die verläßliche Schranke,

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