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Die Kanonen von Navarone

Die Kanonen von Navarone

Titel: Die Kanonen von Navarone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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konzentriert, davon gar keine Notiz nahm. Mallory fiel wieder ein, daß Millers Zeug vollkommen durchnäßt war, und er fragte sich jetzt abermals, wodurch es so naß geworden sein mochte, den er hatte doch einen wasserdichten Umhang gehabt.
    »Versorgen Sie ihn, ich suche inzwischen einen trockenen Platz.« Mallory war seiner Sache durchaus nicht so sicher, aber vielleicht ließ sich an den mit Geröll übersäten Hängen der vulkanischen Berge etwas weiter im Hintergrund ein geschützter Felsenwinkel oder sogar eine Höhle finden. Bei Tageslicht, heißt das. Jetzt in der Finsternis konnte er sich nur auf das Glück des Zufalls verlassen … Er sah, daß Casey Brown, grau im Gesicht vor Erschöpfung und ganz elend – die Nachwirkungen einer Kohlengasvergiftung stellen sich erst allmählich ein –, taumelnd aufgestanden war und auf eine Lücke zwischen den Felsblöcken zusteuerte. »Wohin wollen Sie denn, Chief?« rief er ihm zu.
    »Die restlichen Sachen herholen, Sir.«
    »Können Sie das auch bestimmt schaffen?« Mallory suchte sein Gesicht zu erkennen. »Scheinen mir nicht gerade in bester Form zu sein?«
    »Fühle mich auch nicht«, sagte Brown ehrlich. Er musterte Mallory. »Aber bei allem Respekt, Sir, Sie wissen wohl kaum, wie schlecht Sie selber aussehen.«
    »Eins zu eins«, gab Mallory zu. »All right, kommen Sie. Ich gehe mit.«
    Zehn Minuten herrschte Schweigen auf dem kleinen freien Platz, unterbrochen nur durch das Gemurmel von Miller und Andrea, die an dem gebrochenen Bein arbeiteten, und das Stöhnen des Verletzten, der sich im dunklen Abgrund seiner Qualen wand und schwach wehrte. Allmählich begann das Morphium zu wirken, der Körper wurde ganz still, so daß Miller ohne Störung sehr schnell arbeiten konnte. Andrea hatte über ihnen einen Ölmantel ausgespannt, der für zweierlei nützlich war: er schützte vor dem Schneeregen, der von Zeit zu Zeit um den Felsen herumschlug, und schirmte den dünnen Lichtstrahl der Taschenlampe ab, die Andrea über das Bein hielt. Das Bein wurde eingerenkt und bandagiert, mit möglichst vielen Holzschienen versteift. Dann stand Miller auf und streckte seinen schmerzenden Rücken.
    »Gott sei Dank, das wäre erledigt«, sagte er müde, mit einer Handbewegung nach Stevens. »Ich fühle mich so schlecht wie dieser Knabe aussieht.«
    Plötzlich stutzte er und streckte warnend einen Arm aus. »Ich höre was, Andrea«, flüsterte er.
    Andrea lachte. »Das ist bloß Brown, der zurückkommt, mein Freund. Er kommt schon eine Minute auf uns zu.«
    »Woher wissen Sie, daß es Brown ist?« fragte Miller, der, ein wenig ärgerlich auf sich selbst, seinen schon im Anschlag gehaltenen Revolver unauffällig wieder in die Tasche schob.
    »Brown versteht sich gut im Felsgelände zu bewegen«, sagte Andrea sanft, »aber er ist müde. Doch Hauptmann Mallory …« Er zuckte die Achseln. »Mich nennen die Leute ›die große Katze‹, das weiß ich, aber zwischen Bergen und Felsen ist der Hauptmann noch besser als eine Katze. Er ist ein Geist, und so haben sie ihn auf Kreta auch genannt. Wenn der sich nähert, merken Sie das erst in dem Moment, da er Ihre Schulter berührt.«
    Miller erschauderte in einem Windstoß unter dem eisigen Schneeregen. »Ich wünschte, ihr würdet nicht soviel herumschleichen«, beklagte er sich. Er blickte hoch, denn eben kam Brown um einen Felsen herum, schlurfend und stolpernd, zum Umfallen erschöpft. »He, Casey, wie klappt die Geschichte?« rief Miller.
    »So einigermaßen.« Brown bedankte sich murmelnd, als Andrea ihm den Kasten mit Sprengstoff von der Schulter nahm, den er wie ein leichtes Päckchen auf die Erde stellte. »Dies ist das letzte Stück von unseren Sachen. Der Hauptmann hat mich damit hergeschickt. Wir hörten Stimmen auf der Klippe, ein Stück weiter. Er ist dageblieben, um zu horchen, was sie sagen, wenn sie entdecken, daß Stevens fort ist.« Schlapp setzte er sich auf die Kiste. »Vielleicht kann er ungefähr feststellen, was sie vorhaben, was sie tun werden.«
    »Ich finde, er hätte lieber Sie dalassen und den verdammten Kasten selbst tragen sollen«, knurrte Miller. In seiner Enttäuschung über Mallory wurde er deutlicher als er eigentlich wollte. »Der ist doch viel besser in Form als ausgerechnet Sie, und es ist doch ein starkes Stück …« Er brach ab und stöhnte leise vor Schmerz, da Andrea ihm die Finger wie stählerne Zangen um den Arm gelegt hatte.
    »So zu reden ist nicht fair, mein Freund«, sagte Andrea tadelnd.

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