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Die Kanzlerin - Roman

Die Kanzlerin - Roman

Titel: Die Kanzlerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lenos Verlag
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hilfreich sein kann beim Weiterdenken.«
    Sie war eine Intellektuelle, und es kostete sie viel Energie, das nur ausnahmsweise anklingen zu lassen. Die Wähler wollen keine Denker, sondern Macher. Denn wer denkt, weiss noch nicht, was richtig ist und was falsch und was gut ist und was böse. Null und eins. So oder eins? – so denkt der Mensch. Und so ist das Denken sozusagen immer unterwegs und immer nur mit vorläufigen Resultaten. Registrieren, kombinieren, schlussfolgern: Ohne Politik aber wäre das alles nur Spinnerei. Ein Politiker muss sich die Dinge so denken, dass etwas Konkretes dadurch entsteht, etwas Stabiles.
    »Wähler wollen keine Prozesse und keine Entwicklungen, Wähler wollen Politiker, die Urteile fällen und sie vollstrecken«, sagte Kranich.
    »Herr Kranich, solche Gedanken lösen meine Probleme nicht.«
    »Ich meine«, sagte er, »zuerst druckte die EU auf die Zigarettenpackungen: ›Rauchen kann tödlich sein.‹ Aber das hat die Leute nicht beeindruckt. Sie wollten Gewissheit. Und darum steht jetzt auf den Packungen: ›Rauchen tötet.‹ Das hätte man von Anfang an so machen müssen. Die Leute wollen keine Mutmassungen, sondern Gewissheit. Das Volk darf verdächtigen, aber die Politiker müssen urteilen, das ist die Erwartung.«
    »Entweder man denkt, Herr Kranich, oder man redet. In diesem Moment würde ich es vorziehen zu denken, wie gesagt. Wobei ich zugeben muss, dass ich mir die letzten Minuten gar nichts gedacht habe. Also auch nichts Böses. Ich habe diesem Ministerpräsidenten übrigens bei einem kurzen Telefonat gesagt: ›Es ist immer wieder nett, mit Ihnen ein bisschen zu plaudern. Und ich glaube, ich rede so gern mit Ihnen, weil ich mir dann nichts denken muss, was Ihren Ansprüchen genügen müsste.‹ Er hat sich für die Störung entschuldigt, und in gewisser Weise war mir das fast genauso wichtig wie seine Entschuldigung für diese himmeltraurige Rede.«
    Sie schwieg eine Weile und sagte dann plötzlich: »Kranich, jetzt bin ich Kanzlerin, und das schon eine erwähnenswert lange Zeit. Aber die Frage lautet: Was wird jetzt daraus? Ich muss mich einerseits mit Leuten wie Pils oder Hendricks herumschlagen und andererseits nun vermutlich auch noch mit diesem Obama. Ein charmanter Mann, finden Sie nicht auch?«
    »Ein guter Tänzer.«
    »Ach, Kranich, Sie sind so durchsichtig. Sie sind ein transparenter Bürger. Den Innenminister wird es freuen. Aber Sie sind auch ein Träumer.«
    »Ja«, sagte Kranich, »und meine Träume habe ich nie verraten.«
    »Wissen Sie, wovon ich träume? Von Süssigkeiten. Und ich bereue nichts Süsses. Trotzdem bleibt festzustellen, wenn man bei der Sache bleiben will, dass ich zu viele Süssigkeiten esse, gemessen an dem, was einem Menschen in der Regel guttut. Aber vielleicht träumen wir alle nur von Kuchen«, sagte sie, und der Gedanke erschien ihr ausbaufähig. »Zumindest ich habe diesen Traum vom grossen Kuchen, Kranich, und wenn ich es mir richtig überlege, dann habe ich mein ganzes Leben lang immer nur für diesen Traum gegessen. Und das Schöne daran ist: Es gibt den Kuchen immer noch.«
    »Ich kann nicht kochen«, sagte Kranich, doch bevor er sich korrigieren konnte, hatte sie schon gesagt: »Kuchen backen ist nicht kochen.« Und fügte gleich bei: »Und wenn das so ist, Kranich, dann könnte es auch einen Unterschied machen, ob man Kuchen isst oder eine Currywurst, auch wenn sich das kalorienmässig nicht gross unterscheiden sollte. Wenn Sie also Currywürste mögen, Herr Kranich, dann denken Sie darüber nach. Meinerseits lass ich mir von der Küche jetzt etwas Süsses bringen. Um dann gewissermassen nur noch Süsses zu denken in den nächsten Stunden, für die Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen.«

E s zwitscherte. Die SMS war sehr kurz: »Und?« Und was, dachte die Kanzlerin. Nun reichte es ihr. »Und was?« Sie zögerte kurz, dann drückte sie auf die Antworttaste und wartete. Es zwitscherte erneut: »Und leben wir in der besten aller möglichen Welten?«
    »Gottfried Wilhelm Leibniz«, murmelte die Kanzlerin. »Gut und böse. Alles hat seinen Preis. Und das Gute kostet viel. Man bekommt es nur, wenn man sich nicht zu gut ist dafür, auch das Üble gedeihen zu lassen.« Sie antwortete sofort: »Ich tu mein Bestes, im Guten wie im Schlechten, wenn Sie so wollen.« Sie wartete auf das Zwitschern. »Dann frisch zum Kampfe, frisch zum Streite, Sie haben Mozart an Ihrer Seite.«
    Das war genug, für heute, und überhaupt.
    »Frau

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