Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman
eine Zwillingsschwester von Heidi Klum sein könnte. Mich interessiert, was sie gesagt hat.“
Kollege Hetzel schaute sich mit einem provokanten Lächeln auf den Lippen im Kreise seiner Kollegen um. „Typisch Frau, gönnt uns Männern unsere kleinen Freuden nicht.“ Als keine Reaktion erfolgte, kehrte er doch noch zur Sachlichkeit zurück. „Laut Frau Stigler hängen die Regionalfürsten der Seniorenorganisation alle naselang am Telefon und bombardieren den Vorsitzenden mit Forderungen. Es gab oft Stress bei denen. Streit wegen der Mittelverteilung, der Vorstandssitze und dergleichen mehr.“
„Kaum vorstellbar, dass einer der Alten zum Messerstecher geworden ist“, brummelte Pieper.
„Ich war noch nicht fertig“, beschwerte sich Hetzel. „Wächter war Mitglied im Europaausschuss und im Wirtschaftsausschuss. Die Stigler meinte, dass die Ausschüsse ihn nicht sonderlich interessiert hätten. Er sei durch sein Aufsichtsratsmandat bei der Baumgart Holding und die Rentnergang sehr eingespannt gewesen.“
„Wir müssen uns unbedingt Baumgart vorknöpfen, egal, was der Direktor mit dem Ministerium verhackstückt. Dass Wächter bei ihm im Aufsichtsrat gesessen hat, lässt Rückschlüsse auf ein Mordmotiv im Umfeld von Baumgarts geschäftlichen Aktivitäten zu“, warf Pieper ein. Seine Feststellung sorgte für zustimmendes Grummeln im Raum.
Verena ging auf die Bemerkung nicht ein. „Was ist mit Wächters Terminkalender?“
Triumphierend hielt Hetzel einige Blätter in die Höhe, sodass jeder im Raum sie sehen konnte.
„Alle Termine der letzten drei Monate, einschließlich seiner Wahlkreisverpflichtungen, hat Frau Stigler für mich ausgedruckt.“ Mit einem betont ironischen Lächeln überreichte er ihr die Unterlagen.
„Hat sie etwas über den anonymen Anrufer gesagt und die überstürzte Fahrt nach Bad Pyrmont?“
„Diesbezüglich konnte sie keine genaue Auskunft geben. Vermutlich gab es den üblichen Ärger mit Bauverzögerungen. Nichts Neues also und nichts, was uns bei den Ermittlungen weiterbringt.“
Niemand widersprach, auch Verena nicht.
Assistentin Schramm hatte die Presseberichte über Tobias Wächter aus den letzten Jahren ausgewertet. Spektakuläres war nicht dabei: Berichte aus Lokalzeitungen über Firmenbesuche, Treffen der Seniorenorganisationen und Bürgersprechstunden in seinem Wahlkreis.
„Gibt es Zeitungsberichte über Bad Pyrmont und eine Klinik?“, vergewisserte sich Verena.
„Mir ist bis jetzt kein Bericht aufgefallen. Wenn Sie möchten, prüfe ich das noch einmal gründlich.“
Verena nickte zustimmend. Dann berichtete sie in knappen Worten über ihre Gespräche mit der Fraktionsvorsitzenden und dem Abgeordneten Wagner. Begeisterung löste sie damit nicht aus. Die Morde im politischen Milieu aus den Vorjahren waren den meisten Polizeibeamten in schlechter Erinnerung. Auch wenn sie am Ende aufgeklärt worden waren, hatte es ärgerliche Einmischungen der Politik gegeben.
Aus der Bevölkerung waren über zweihundert Hinweise eingegangen. Die mit der Auswertung befassten Kollegen legten wenig Zuversicht an den Tag, dass etwas Brauchbares darunter war. Erfahrungsgemäß meldeten sich bevorzugt Wichtigtuer und einsame Menschen auf der Suche nach Aufmerksamkeit, die ihnen das Alltagsleben vorenthielt.
Wächters Telefonlisten waren beim Netzbetreiber angefordert worden. Kleinsorge würde sich darum kümmern. Von der Spusi gab es bislang nichts Neues.
Nachdem Verena den Termin für die nächste Lagebesprechung bekannt gegeben hatte, bat sie Hetzel zu einem Vieraugengespräch in ihr Büro. Die Aussprache war überfällig, so konnte es nicht weitergehen.
Dieser reagierte überheblich. „Stets zu Diensten, werte Frau Kollegin. Aber jetzt geht es gerade überhaupt nicht. Eine eilige Rücksprache in einem Fall, der seit Wochen auf meinem Schreibtisch schmort. Ein anderes Mal gerne.“
Verena lächelte ihre Verärgerung weg.
13
Ein Blick auf das Display ihres Mobiltelefons verriet Verena: zwei verpasste Anrufe! Der erste von Jürgen, der zweite vom stellvertretenden Leiter der KOST, der Koordinierungsstelle für Kriminaltechnik.
Jürgen war schon wieder auf hundertachtzig. „Stell dir vor, der Minister will mich abberufen und die amtierende Polizeipräsidentin aus Braunschweig zur Leiterin der Polizeiabteilung im Innenministerium berufen. Die Dame ist stramm auf Parteikurs.“
„Und was wird aus dir?“
„Ich soll die Abteilung für Kommunalaufsicht übernehmen. Der
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