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Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman

Titel: Die Kanzlerkandidatin - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Braumüller <Wien>
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Baumgart hat sich mit Sicherheit niemanden als seinen Vertreter geholt, der die Moralkeule schwingt. Hast du dir eigentlich schon einmal überlegt, ob dieser Hansen möglicherweise lügt?“ Übergangslos kam er dann auf sein erstes Gespräch mit den Referatsleitern seiner künftigen Abteilung im Innenministerium zu sprechen. Seine Begeisterung hielt sich in Grenzen. Die Münchenpläne schien er jedoch ad acta gelegt zu haben. Vorerst zumindest. Gut so, dachte Verena und gab ihm einen Kuss. Dieses Mal schubste er sie nicht weg.
    Später, als sie aus der Dusche kam, schlug Jürgen einen Ausflug vor. „Heute ist Sonntag und die Sonne scheint. Eine Wanderung an frischer Luft wird uns guttun. Lass uns in die Sieben Berge fahren!“
    Verenas Pläne waren andere. Sie hatte Hirschmann zugesagt, am späten Vormittag ins Büro zu kommen. Eigentlich wollte sie das jetzt gleich tun. Jürgen wollte davon nichts hören, er erwähnte Verenas Magenprobleme, die vermutlich stressbedingt seien.
    Während Verena nach ihren Wanderschuhen suchte, die seit Jahren kein Tageslicht mehr gesehen hatten, tüftelte Jürgen am Computer eine Wanderroute aus. Dann drängte er zum Aufbruch. Vom Auto aus versuchte Verena Direktor Hirschmann zu erreichen. Er ging jedoch nicht ans Telefon.
    Nach einer knappen Stunde kamen sie am Ziel an, eine kleine, abgeschiedene Ortschaft mitten im Leinebergland. Sie stellten ihr Auto auf dem Parkplatz eines Landgasthofes ab. Jürgen hatte gehört, dass dort die besten Forellen weit und breit kredenzt würden. „Doch vorher müssen wir uns das Essen erst verdienen“, verkündete er und erwähnte beiläufig, dass vierzehn Kilometer und dreihundert Höhenmeter vor ihnen lagen. An einer Weggabelung im lichten Wald schlugen sie den Hasenweg ein. Verena hätte den weniger steilen Fuchsweg bevorzugt, fügte sich aber. Jürgen nahm die Ausarbeitung von Freizeittouren immer sehr ernst und konnte Einmischungen gar nicht leiden. Weit und breit war niemand zu sehen. Links von ihnen dichter Wald, rechts grüne Wiesen und Kornfelder, am Wegesrand Glockenblumen und Gänseblümchen. Über ihr zogen Bussarde auf der Suche nach Nahrung ihre Bahnen. Die friedliche Stimmung kam Verena fast unwirklich vor.
    Auf einer Bank an einem Aussichtspunkt machten sie Rast und tranken den mitgebrachten Tee. „Ist es nicht wunderschön hier?“, meinte Jürgen. „Warum müssen die Menschen immer alles zerstören? Die Natur, das Klima, den Wald und am Ende sich selbst?“
    „Ja, und warum bringen sie sich dann gegenseitig um?“, hätte Verena gerne hinzugefügt, verkniff sich jedoch die Bemerkung. Sie wollte nicht reden, nur die Sonne und die gute Luft genießen. „Keine Ahnung“, brummelte sie und streckte ihr Gesicht der Sonne entgegen. „Wir müssen weiter“, trieb Jürgen sie an. „Wir haben erst ein Drittel der Strecke geschafft.“
    Verena wäre lieber dösend in der Sonne sitzen geblieben. Doch ihr Liebster drückte erneut aufs Tempo. Dann klingelte ihr Handy. Hirschmann war aufgebracht. „Wo sind Sie denn? Sie hatten doch versprochen, ins Büro zu kommen. Der Minister möchte noch heute über die Ergebnisse Ihrer Dienstreise informiert werden. Außerdem steht für morgen früh eine Pressekonferenz an. Was glauben Sie, was hier los war, während Sie in Brandenburg waren? Unser Pressesprecher ist einem Nervenzusammenbruch nahe. Wir warten auf Sie“, bellte er ins Telefon.
    Jürgen war wütend, dass sie die Wanderung abbrechen mussten, und verfluchte den Tag, an dem er Hirschmann als seinen Nachfolger vorgeschlagen hatte.

28
H ANNOVER , K IRCHRODE
    Für Verena nahm der Sonntag keinen erfreulichen Verlauf. Hirschmann reagierte auf ihren Bericht über ihre Dienstreise nach Eberswalde verärgert. „Das ist zu wenig, um bei der Presse damit zu punkten. Viel zu wenig, Frau Kollegin“, ermahnte er sie. „Ich hatte gehofft, Sie würden mehr herausfinden. Der Minister übrigens auch.“ Danach war sie dazu verdonnert worden, zusammen mit dem Pressesprecher des LKA eine Erklärung für die Pressekonferenz am nächsten Tag auszuarbeiten. Ein mühsames und langwieriges Unterfangen, da der Pressesprecher noch neu und entsprechend unsicher war.
    Als sie gegen Abend nach Hause kam, war Jürgen in die Lektüre der Sonntagszeitung vertieft. „Ein Bericht über die Dongabande. Den musst du unbedingt lesen, der Journalist hat gut recherchiert“, riet er ihr. „Schon nach wenigen Wochen ist es dem Innenminister gelungen, sich in der

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