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Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kardinälin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Goldstein
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flogen durch den Raum, die glühende Materie glitt ins Feuer, wo sie sich weiter erhitzte. Dann explodierte auch der Athanor mit einem Donnern, das mich fast taub machte.
    Innerhalb von wenigen Augenblicken stand das Laboratorium in Flammen. Ich schlug die Kapuze des purpurfarbenen Talars hoch, dessen unbrennbarer Asbestos-Stoff mich vor dem Feuer schützte. Ich musste hier heraus, so schnell wie möglich!
    Mit erhobenen Armen, um mein Gesicht vor der Feuerglut zu schützen, eilte ich zum Arbeitstisch, um auch Giovannis Conclusiones vor der Vernichtung zu retten. Die anderen Bücher brannten bereits, als ich mein Notizbuch an mich riss und aus dem Inferno flüchtete, bevor auch der vordere Teil meines Ladens, wo ich die Flaschen mit dem Alkohol für die Herstellung des Parfums lagerte, in Flammen aufging. Wenn der Alkohol Feuer fing, war ich verloren! Ich würde ersticken, verbrennen …
    Das Feuer fraß sich rasend schnell vorwärts. Der Arbeitstisch, Bücher, Pergamente – alles stand in Flammen. Ich floh durch das Inferno, bis ich eine Wand erreichte, an der ich mich entlangtastete. Wegen der sengenden Hitze hielt ich die Augen geschlossen und bemühte mich, nicht die Orientierung zu verlieren.
    Dort war die Tür! Ich schlüpfte hindurch und schlug die schwere Eichenholztür zu.
    Dann stürmte ich durch meinen Laden, stieß in meiner Eile ein Regal mit Flakons um, die am Boden zerschellten. Der Alkohol verteilte sich in einer Pfütze auf dem Boden, netzte meinen Talar.
    In dem Augenblick, als ich die Straße erreichte, entzündete sich das Laboratorium in einer gigantischen Stichflamme. Die glutheiße Druckwelle presste mich gegen die Hauswand gegenüber, raubte mir den Atem, entzündete den Saum meines Talars.
    Ich stolperte ein paar Schritte die Straße hinunter in Richtung der Kirche Santa Maria delle Grazie, löschte den brennenden Alkohol auf dem Stoff und dankte Gott für die Errettung aus diesem Inferno.
    Männer rannten schreiend an mir vorbei. »Feuer, Feuer!«-Rufe erklangen von überall her. Wie erstarrt stand ich mit den Büchern im Arm und starrte in die Flammen. Um mich herum tobte das Chaos, Wasser wurde herangeschafft, um den Brand zu löschen, der mit der Heftigkeit eines Feuersturms auf die benachbarten Häuser überzugreifen drohte. Männer drängten sich um mich, stießen mich zur Seite, brüllten mich an, mich in Sicherheit zu bringen.
    Erst als mir ein Mann die Hand auf die Schulter legte, erwachte ich aus meiner Trance. Er fragte: »Ist das dein Feuer?«, und deutete an mir vorbei auf das brennende Laboratorium.
    Ich nickte und dachte über die seltsame Wortwahl nach: »mein Feuer«. Woher wusste er …? Ich drehte mich zu ihm um und betrachtete sein Gesicht im hellen Feuerschein.
    Im ersten Augenblick dachte ich: Er ist Hermes Trismegistos. Sein schulterlanges Haar und sein gepflegter Bart, der ihm bis über die Brust reichte, ließen ihn älter erscheinen, als er war. Weiser. Die opalblauen Augen mit den feinen Lachfältchen in den Augenwinkeln machten diesen Eindruck sofort wieder zunichte. Ein Weiser? Nein: ein Narr!, dachte ich. Ein Narr, der sich selbst nicht ernst nimmt. Seine Kleidung war auffällig wie die eines Narren: hautenge weiße Hosen, ein viel zu kurzes französisches Doublet aus zartrosa Seide. Er hatte sich in eine Wolke Vanità gehüllt, die seine Eitelkeit noch unterstrich. Woher hat er mein Parfum?, fragte ich mich verwirrt. Er ist doch nie in meinem Laden gewesen …
    »Ein ziemlicher Hokuspokus, den du da veranstaltest«, beschwerte er sich grinsend. »Lass uns verschwinden, bevor wir noch mehr Aufsehen erregen.«
    »Wer bist du?«, fragte ich, als er meine Hand ergriff, um mich zu führen, irgendwohin.
    »Du kennst mich. Wir sind uns schon einmal begegnet. Damals war dein Auftritt etwas weniger spektakulär …« Er deutete lässig auf das Feuer hinter mir. »… aber ebenso beeindruckend.«
    Ich starrte ihn an, versuchte mich zu erinnern.
    »Du sagtest: Ich weiß, dass ich nichts weiß«, half er meinem Gedächtnis nach. »Ich habe erkannt, dass es unermesslich viel gibt, von dem ich nichts weiß. Und ich ahne, dass da noch unendlich viel mehr ist, von dem ich nie wissen werde, dass es überhaupt existiert. Ich glaube, aber ich will wissen!« Er sah mich an. »Du hast in den vergangenen drei Jahren bei Giovanni eine Menge gelernt. Nur mit dem Feuer umzugehen, daran solltest du unbedingt noch arbeiten. Nur zu deiner eigenen Sicherheit!«
    Ich wusste, wer er

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