Die Karriere-Bibel
September
Brauchweh – Die Heimtücke der Gewohnheiten
Als Carl Benz sein motorgetriebenes Dreirad der Welt vorstellte, feierte ihn zwar die Presse – die Menschen aber lehnten das
Vehikel ab: zu laut, zu stinkend, zu unzuverlässig sei es. Am Morgen des 5. August 1888 schlich sich seine Frau Bertha morgens
in die Werkstatt, packte die beiden Kinder auf das Gefährt und fuhr mit ihnen los, von Mannheim nach Pforzheim – 106 Kilometer
über grob gepflasterte Straßen. Eine Frau am Steuer dieser Höllenmaschine! Bei Wiesloch war der Tank alle, und Bertha kaufte
in einer Apotheke drei Liter Reinigungsbenzin nach. Vor Bruchsal riss die Antriebskette, und Bertha fand einen Schmied, der
auch noch die Bremsklötze |325| erneuerte. Zwischendurch mussten die Jungs immer wieder Öl und Wasser nachfüllen und ihre Mutter mit der Hutnadel Treibstoffleitungen
freistochern. Am Abend aber kamen sie in Pforzheim an, und Bertha telegrafierte an ihren Mann: »1. Fernfahrt ist gelungen.«
Von da an musste Carl Benz die Zuverlässigkeit seines Fahrzeugs nie mehr demonstrieren – seine spontane Frau hatte das übernommen.
Denkmuster und Routinen tun uns gut, sie wiegen uns in Sicherheit. Sie lullen aber auch ein und beschränken unseren Horizont.
Geist und Seele reagieren auf Gewohnheiten genauso wie der Körper auf mangelnde Bewegung: Sie verkümmern. Routinierte bewegen
sich wie jemand, der durch Zement stapft: Irgendwann klebt man fest. Hüten Sie sich davor, ein Kleingeist zu werden, und nehmen
Sie sich an Bertha ein Beispiel:
Fahren Sie mal einen anderen Weg nach Hause als sonst.
Gehen Sie mit einem unbekannten Kollegen zum Essen.
Besser: Setzen Sie sich zu einem Fremden an den Tisch und beginnen Sie ein Gespräch.
Hören Sie andere Musik oder einen anderen Sender als sonst.
Seien Sie spontan!
Psychologische Studien zeigen, dass schon solche winzigen Abweichungen das Denken an einem ganzen Tag beeinflussen können.
Und was soll schon passieren? Außer, dass Sie ein paar neue Seiten an sich und anderen entdecken und Ihre Welt größer wird?
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24. September
Vitamin B – Flüchtige Bekannte sind für die Karriere besser
Die Meldung hatte es in sich: Gleich eine »Bande« von Siemens-Managern sollte Schmiergelder auf schwarze Konten in die Schweiz
transferiert haben. Insgesamt 200 Millionen Euro. Das war Ende November 2006 und der Beginn eines gigantischen Konzernskandals,
der mehrere Siemens-Manager ihren Job kostete und das alte Klischee von Seilschaften, Filz und Klüngel nährte. Beim
Netz
werken
|326| denken noch immer viele zuerst an Vetternwirtschaft und geheime Nebenabsprachen. Sicher, das kommt vor. Fakt ist aber auch:
Die richtige Information zum richtigen Zeitpunkt, ein wohlmeinender Mentor an passender Stelle liefert oft das entscheidende
Quäntchen zum Erfolg, denn: Beziehungen schaden vor allem dem, der keine hat.
Schon 1968 machte der US-Soziologe Robert K. Merton darauf aufmerksam, dass 55 der amerikanischen Nobelpreisträger selbst
für einige Zeit bei einem Nobelpreisträger in der Schule gewesen waren oder für ihn gearbeitet hatten. Ohne ein funktionierendes
Netzwerk ist es heute fast unmöglich, beruflich große Sprünge zu machen. Führungskräfte helfen sich regelmäßig gegenseitig
auf die Karrieresprünge. Auch der US-Soziologe Mark Granovetter untersuchte die Wirksamkeit von Netzwerken und fand heraus:
Die Mehrzahl bekam ihren neuen Job allein mithilfe persönlicher Kontakte. Bei Managern rangierte das Vitamin B sogar auf Platz
1.
Wissenschaftler unterscheiden allerdings zwischen starken und schwachen Verbindungen. Starke Verbindungen, wie Partner und
engste Freunde, haben in der Regel kaum Wirkung. Schwache Netzwerke, die zufällig im Job oder Verein entstehen, sind dafür
folgenreicher für die Karriere. Besonders die ab Ebene vier, also der Freund eines Freundes eines Freundes eines Freundes.
Der Schluss daraus: Bilden Sie keine Bande – spielen Sie lieber über Bande!
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25. September
Rand und Band – Besser netzwerken
Sozialen Netzwerken, vor allem jenen, die sich über gleiche Interessen zusammenfinden, verheißen zahlreiche Wissenschaftler
eine große Zukunft. Vitamin B immunisiert den Einzelnen gegen Jobunsicherheiten, die mit der zunehmenden Flexibilisierung
der Arbeitsverhältnisse einhergehen. Auf dieser Erkenntnis basieren letztlich die Geschäftsmodelle aller virtuellen Businessclubs,
wie Xing.com oder
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