Die Karriere-Bibel
Oberwasser zu behalten, veröffentlichte
sie aber nie. Das geschah erst nach seinem Tod im Jahr 1864. Böse Zungen behaupten: Auch das war eine geschickte Manipulation
seines Rufs.
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23. November
Stressgucker – Stress als Machtstrategie
Kennen Sie den? Der Typ am Restauranttisch gegenüber zieht beide Augenbrauen zur Mitte, hebt sie dabei leicht an und öffnet
die Augen etwas weiter als normal … Typischer Fall von Stressgucker.
Stressgucker sind nahe Verwandte der Mitleids-Erreger. Sie verdichten |399| ihre sämtlichen Symptome auf das obere Gesichtsdrittel. Man sieht ihnen sofort an: Der Typ hat Stress, ist wichtig, ohne ihn
läuft nichts. Jetzt, wo er hier sitzt und nicht an seinem Schreibtisch, bricht wahrscheinlich das ganze System zusammen. Man
kann die Hilferufe der anderen geradezu aus seiner Miene lesen: Haltet den Mann nicht auf, er ist unsere einzige Hoffnung!
Kommt Ihnen bekannt vor? Kein Wunder. Stressgucker sind nichts Neues. Zur Hochzeit der New Economy gab es schon mal eine Epidemie.
Damals mischte sich in die Strapazen-Mimik noch ein Hauch Euphorie. Manchmal war es aber auch nur Größenwahn. Heute liegen
die Dinge etwas anders: Überall werden Prozesse optimiert, Kostenstellen hinterfragt und gestrafft. Stressgucker wissen: Sie
sind eine Kostenstelle. Das wiederum strafft ihre Gesichtsmuskulatur. Das wirkt irgendwie smart, wahnsinnig engagiert und
hoffentlich unentbehrlich.
Stressgucker sind übrigens völlig harmlos. Sie gucken ja bloß. Andere quasseln, jammern – oder schlimmer: Sie werden hyperaktiv.
Die richten meist noch Schaden an. So gesehen ist Stressgucken also eine positive Mutation. Und eine subtile Masche, seinen
Status zu steigern.
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24. November
Unter Druck – Ohne Stress keine Hierarchie
Was Sie spätestens seit gestern wissen und kaum einer zugibt: Stress ist eine veritable Machtstrategie. Er mag eine Zivilisationskrankheit
sein, ein neuzeitliches Phänomen ist er nicht. Unsere Vorfahren wurden aus gutem Grund soziale Wesen. In der Gruppe konnten
sie besser jagen, sich gegen Feinde wehren. Den Gruppenvorteil bezahlten sie jedoch mit Stress. Es entstand Wettbewerb – um
Nahrung, Wohnraum, Sexualpartner. Die Folge: Gruppenstress. Dabei geht es um nichts anderes als um Macht, Status und Hierarchien.
Wie im Mikrokosmos Unternehmen heute.
Und das bedeutet: Nicht jeder, der das vorgibt, hat tatsächlich Stress. Ganz häufig wird damit manipuliert. Stress ist nicht
nur Ausdruck von Überforderung, Ohnmachtgefühlen oder narzisstischen |400| Verletzungen. Oft ist er nichts weiter als eine Unterwerfungsgeste – und damit eine subtile Machtstrategie. Durch Stress signalisiert
der Rangniedrigere, dass er den höheren Status des Chefs anerkennt (Du darfst mir Stress machen!). Ergo wird er weiterhin
geduldet, vielleicht sogar befördert. Oder der Stress moralisiert Fehlverhalten (Das war zu viel!). Dabei werden Erwartungen
hin- und hergeschoben, Schuld zugewiesen und ein schlechtes Gewissen gemacht. Soziologen sagen: Ohne ein solches Verhaltensrepertoire
würden Gruppen nicht funktionieren.
So ist es auch kein Wunder, dass der Stresspegel weltweit in den Unternehmen steigt: Der Arbeitsalltag ist mehr und mehr geprägt
von Unsicherheit, von prekären Verhältnissen, von Projektarbeit. Ständig setzen sich neue Teams zusammen, darin müssen die
Mitglieder ständig neue Rollen und Rangordnungen finden. Gruppenstress! Dabei ein bisschen Stress zu zeigen, macht unverdächtig,
weckt bei anderen Sympathien und lullt dominante Alpha-Typen ein. Umgekehrt gilt allerdings auch: Je höher Sie in der Hierarchie
steigen, desto weniger Stress dürfen Sie zeigen. Denn wer führt, der fürchtet (offiziell) nicht – nicht einmal Druck.
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25. November
Lobenswert – Die Macht des Beifalls
Lob ist nicht nur Labsal für die Seele – es ist ein mächtiges Instrument, um das Verhalten anderer zu verändern: Lob bringt
die Menschen dazu, selbigem gerecht zu werden; es wärmt das Herz und öffnet den verstockten Geist. Durch sublimen Beifall
lassen sich Chefs genauso lenken wie Kollegen. Das hat nichts mit Schleimen zu tun, weil das lediglich Botschaften transportiert,
die der andere hören will. Loben dagegen vermittelt eigene Ziele und verstärkt so gewünschtes Betragen. »Der Schmeichelei
gehen auch die Klügsten auf den Leim«, wusste der französische Dramatiker Molière. Rund 300 Jahre später stellte der
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