Die Karriere-Bibel
probiert haben, abzuschrecken. Die im tropischen Regenwald lebenden Brüllaffen machen zwar Lärm wie eine Horde
Hunnen, sind aber kaum schwerer als neun Kilogramm. Alles Prahlerei, alles Protz und vorgegaukelt.
Signalfälschung
heißt das in der Fachsprache. Ob kunstvolle Nester in Baumkronen oder großkotzige Prunkbauten entlang baumgesäumter Alleen
– hinter all der hergestellten Oberfläche und Extravaganz steckt nichts weiter als ein Kosten-Nutzen-Kalkül mit dem Ziel,
die natürliche Selektion mehr oder weniger verdeckt zu seinen Gunsten zu entscheiden.
Die gelungene Finte darf man nur nicht plump inszenieren. Sonst sieht man aus wie ein Tartüff. Wer dagegen sachte manipuliert
wurde, zollt dem Blender eher noch Respekt für seine Chuzpe und Raffinesse. Getäuscht zu werden heißt eben noch lange nicht,
enttäuscht zu werden – solange die Ästhetik des Schauspiels erhalten bleibt.
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|395| 20. November
Wie du mir – Vergebung ist die beste Rache
Rache – das Gefühl ist so alt wie die Menschheit und lieferte schon unzählige Plots für gesellschaftliche Untergänge und Shakespeare’sche
Tragödien. Sei es Hamlet, der den Tod seines Vaters zu sühnen sucht; Krimhild im Nibelungenlied, die ihre Rache an den Mördern
ihres Gatten Siegfried über mehrere Jahre plant, oder Alexandre Dumas’
Graf von Monte Christo
, der sich die Vergeltung zur kostspieligen Lebensaufgabe macht. Und längst füllt Rache die Skripte zahlreicher Unternehmenstragödien.
Sie ist der Subtext, der in vielen dramatischen Erfolgsgeschichten mitschwingt. »Die Rache ist mein«, spricht der Gott der
Bibel. Tatsächlich aber ist sie oft auch dein und mein.
Etymologisch steckt in dem Wort
Rache
der Wunsch nach
Recht
und
Gerechtigkeit
. Sühne ist eine Mischung aus Selbsthilfe und Schadenausgleich. Und so unethisch das klingt: Neurologisch neigen wir alle
dazu. So untersuchte Ernst Fehr, Verhaltensökonom an der Universität Zürich, 2004, wie das Gehirn reagiert, wenn soziale Normen
verletzt werden. Zwei Probanden sollten dazu miteinander Geschäfte machen. Falls einer der Spieler egoistisch handeln würde,
hatte der andere die Chance, ihn zu bestrafen. Dabei wurden die Hirnaktivitäten beider Spieler gemessen – insbesondere während
einer darüber nachdachte, es dem anderen heimzuzahlen. Ergebnis: Bei jeder Bestrafung wird das Belohnungszentrum im Gehirn
aktiviert. Oder anders gesagt: Rache ist tatsächlich süß.
Riskant bleibt sie trotzdem. Denn sie ist nicht nur eine Reaktion auf bemerkte Ungerechtigkeit, sondern oft nichts weiter
als eine narzisstische Beschädigung und sicheres Indiz für ein geschwollenes Ego. Gefährlich: Direkte Rache wirkt immer kleinlich
und schwach. Mit der Helden-Attitüde ist es dann vorbei. »Rache ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird«, lautet
ein berühmtes Bonmot, das aus Mario Puzos Roman
Der Pate
stammt. Und das stimmt – aber anders, als viele es verstehen: Verletzte Eitelkeit ist ein schlechter Ratgeber. Deshalb sollte
man niemals allein Gerechtigkeit suchen. Wer sich vorher Verbündete schafft, kann so nicht nur seine Haltung gegebenenfalls
korrigieren, sondern bei der anschließenden Kampagne durch Fürsprecher mehr Reputation zurückgewinnen. |396| Noch edler wirkt nur die Haltung, die der englische Staatsmann Francis Bacon auf den Nenner brachte: »Wer Rache nimmt, ist
nicht besser als sein Feind; verzichtet er aber darauf, dann ist er ihm überlegen.« Verzeihen ist die bessere Rache.
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21. November
Gutschein – Warum sich gute Taten auszahlen
Adam Smith, der Moralphilosoph und Begründer der modernen Wirtschaftswissenschaften, war es, der die Theorie der unsichtbaren
Hand ersann: Selbst wenn jeder nur seinem Eigennutz nachgeht, geschieht das am Ende zum Wohle aller. Das ist im Prinzip bis
heute richtig. Richtig ist aber auch, dass sich im Wirtschaftsleben Ethik und sogar Selbstlosigkeit in Maßen auszahlen. Allzu
offensichtlicher Egoismus führt zu Isolation und ins berufliche Aus. Da hilft auch der Verweis auf unsichtbare Hände nichts:
Der rücksichtslose Ellbogentyp erscheint anderen weder vertrauenswürdig noch kooperativ. Beides sind aber wichtige Voraussetzungen
für eine dauerhafte Zusammenarbeit. Selbst der Florentiner Machtstratege Niccolò Machiavelli, eher bekannt als Vertreter kaltschnäuziger
Machtstrategien, forderte ungewohnt lieblich: »Ein Fürst muss milde, rechtschaffen und aufrichtig
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