Die Karriere-Bibel
veritablen Notlage steckt, ist es meist zu spät. Das Leben verläuft nun mal nicht geradlinig,
Karrieren erst recht nicht. Was die Krisenmeister jedoch von bedauernswerten Sitzenbleibern unterscheidet, ist die Vorsorge:
Sie kümmern sich bereits an sonnigen Tagen darum, dass es irgendwann Regen gibt, und beherzigen drei wesentliche Regeln:
Sie trauen dem Erfolg nicht: Wem eine Aufgabe nach der anderen gelingt, der neigt dazu, sich damit zufriedenzugeben, und wird bequem. Die Vorstufe zur
Degeneration. Das heißt nicht, dass man sich über Erfolge nicht freuen sollte – sie sind aber kein Ruhekissen! Vielmehr sollten
sie Ansporn sein, seinen Verstand weiter zu schärfen – durch neue Herausforderungen.
Sie sorgen finanziell vor: Mein Freund Michael managt die Kreditabteilung einer Kölner Bank und wundert sich oft, wie wenig Geld sich Kunden für schlechte
Zeiten zur Seite legen. Sie konsumieren lieber – neue Autos, luxuriöse Urlaube, etc. Dabei sollte jeder möglichst drei Monatseinkommen
(netto) auf einem verzinsten Tagesgeldkonto anlegen. Allein schon, weil es ungemein beruhigt, dass man jederzeit 90 Tage ohne
Job überwintern könnte.
Sie vermeiden den Tunnelblick: Die wenigsten entwickeln parallel zu ihrem Job eine Alternative. Dabei geht es nicht um einen heimlichen Zweiterwerb. Vielmehr
ist das Ziel dieser Parallelwelt, seine weiteren Begabungen auszubauen. Diese Talente äußern sich oft in Hobbys oder ehrenamtlichen
Engagements. Gut so! Ebenso schadet es nicht, Begabungen oder Hobbys so weit zu professionalisieren, um darauf vielleicht
mal eine Existenz aufbauen zu können. Kommt dann die Krise im Beruf, fällt man nicht in ein Loch, sondern hat etwas, worauf
man sich stützen kann. Und sei es nur eine psychologische Krücke.
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|101| 27. März
Zanke schön – Die Kunst zu kritisieren
Kritik ist immer unangenehm. Die meisten Menschen scheuen sie deshalb. Lieber gar keine Rückmeldung bekommen als eine schlechte.
Hemmungen haben aber auch die Kritiker selbst: Wer dem anderen ehrlich sagt, was er von dessen Arbeit hält, riskiert Rache
und Sympathieverluste – vor allem aber wieder Kritik. Wer andere zerpflückt, muss damit rechnen, selbst unter die Lupe genommen
zu werden. Lob ist daher oft nur eine Art Selbstschutz. Und ein Indiz für Mittelmaß: Alle sind nett zueinander und folgen
dem Prinzip leben und leben lassen. Ein innerbetriebliches Stillhalteabkommen.
Das schadet nicht nur dem Unternehmen, sondern auch individuell. Die meisten wollen lieber durch Lob ruiniert als durch Kritik
gerettet werden, lautet ein bekanntes Bonmot. Ohne Kritik lernt man nicht mehr – weder wie man besser wird, noch wie man mit
Kritik und Kritikern professionell umgeht. Gelungene Kritik ist immer ein Versuch zum Dialog. Beide Seiten sammeln und tauschen
Argumente aus. Das macht ihre Entscheidungen hinterher umso besser. Und wenn die Kritik falsch ist, kann man sie immer noch
ablehnen. Sie ist nicht weniger als eine Gelegenheit, um daran zu wachsen. Und die sollte jeder nutzen, indem er nicht die
Nähe zu Fans, Jasagern und Philistern sucht, sondern zu seinen Kritikern.
Ein guter Kritiker wiederum ist in erster Linie am Fortkommen interessiert und daran, dass Entscheidungen durchdacht und begründet
getroffen werden. Er beginnt nicht damit, seinen Standpunkt zu vertreten. Das wäre auch rhetorisch ungeschickt. Vielmehr versucht
er alle alternativen Ideen und Hypothesen zu sammeln und einzubeziehen. Er wird versuchen, die Diskussion um die besten verfügbaren
Informationen zu erweitern. Das beinhaltet auch mögliche Konsequenzen.
Weil er die bestmögliche Lösung anstrebt, wird er alle Positionen sorgfältig und präzise darstellen. Wertungsfrei. Deshalb
wirkt ein guter Kritiker integrierend, nicht spaltend. Er ist in der Lage, die Beweggründe für den Zankapfel zu hinterfragen,
zu interpretieren und bemüht sich um Werte und Würde der Beteiligten. Er hört ihnen aufmerksam zu, lobt auch mal, schüchtert
niemanden ein.
|102| Gute Kritiker verfügen über herausragende kommunikative Fähigkeiten. Sie können sich trotz zahlreicher Aspekte auf die Kernfrage
konzentrieren – was meist Fragen beinhaltet wie: Was meinen Sie damit? Wie kommen Sie darauf? Wo führt das hin? Aus den so
gewonnenen Argumenten leiten sie logische Schlussfolgerungen ab. Die müssen aber nicht in Stein gemeißelt sein. Kritiker bleiben
selbst offen für Kritik und sind
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