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Die Kartause von Parma

Die Kartause von Parma

Titel: Die Kartause von Parma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stendhal
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Bossi und erging sich in lächerlichen Reden.
    Fortan ließ ihm unser Held allmorgendlich Kärtchen zukommen, die nichts als folgende Worte enthielten:

    Signor Giuseppe Bossi
    empfiehlt sich
    zur Vertreibung lästiger Insekten.
    Albergo del Pellegrino, Via larga, Nr. 79.
    Der Graf Martinengo, gewöhnt an die Hochachtung, die ihm allerorts sein Riesenvermögen, sein blaues Blut und die Unerschrockenheit seiner dreißig Lakaien sicherten, spürte nicht die geringste Lust, vom Sinn dieser Karten Kenntnis zu nehmen.
    Fabrizzio schrieb andere an Fausta. Der Graf ließ diesen Nebenbuhler, der vielleicht Erfolg haben konnte, mit Aufpassern umgeben. Zunächst kundschaftete er seinen richtigen Namen aus und dann die Tatsache, daß er augenblicklich Parma meiden mußte. Ein paar Tage darauf reisten der Graf, seine Buli, seine prächtigen Pferde und die Fausta nach Parma ab.
    Fabrizzio kitzelte es, ihm am nächsten Tage zu folgen. Umsonst machte ihm der brave Ludovico feierliche Vorhaltungen. Fabrizzio lachte ihn aus, und Ludovico, der selber seinen Mann stellte, bewunderte ihn. Überdies brachte ihn diese Reise seinem hübschen Schätzchen in Casalmaggiore näher. Ludovico trug also Sorge, daß acht bis zehn ausgediente Soldaten aus napoleonischen Regimentern als Diener in Herrn Giuseppe Bossis Dienste traten. ›Vorausgesetzt, daß ich bei der Verrücktheit, Fausta zu folgen,‹ sagte sich Fabrizzio, ›weder mit dem Polizeiminister, dem Grafen Mosca, noch mit der Duchezza in Berührung komme, setze ich nur mich einer Gefahr aus. Hinterher werde ich meiner Tante sagen, ich sei der Liebe nachgejagt, der schönen Sache, die ich noch nie gefunden habe. Tatsächlich, ich denke an Fausta, sogar wenn ich sie nicht sehe. Aber ist es die Erinnerung an ihre Stimme, die ich liebe, oder sie selber?‹Fabrizzio, der nicht mehr an seine geistliche Laufbahn dachte, hatte sich den Schnurrbart und fast ebenso schreckliche Koteletten wie der Graf Martinengo stehen lassen. Das machte ihm ein wenig Spaß. Sein Hauptquartier schlug er nicht in Parma auf – das wäre zu unvorsichtig gewesen –, sondern in einem Dorf der Umgegend, mitten im Walde, an der Straße nach Sacca, wo das Schloß seiner Tante lag. Auf Ludovicos Rat meldete er sich in diesem Dorf als Kammerdiener eines englischen Lords an, eines großen Sonderlings, der jährlich hunderttausend Franken für Jagdvergnügungen ausgab und der binnen kurzem vom Comer See, wo ihn der Forellenfang fesselte, eintreffen werde.
    Glücklicherweise lag der hübsche kleine Palast, den der Graf Martinengo für die schöne Fausta gemietet hatte, am Südende der Stadt Parma, gerade an der Straße nach Sacca, und Faustas Fenster gingen auf die schönen alten Baumalleen, die sich unter dem großen Turm der Zitadelle hinziehen. Fabrizzio war in diesem entlegenen Viertel gänzlich unbekannt. Er ließ den Grafen Martinengo unausgesetzt beobachten, und eines Tages, als dieser soeben die bewunderungswürdige Sängerin verlassen hatte, besaß Fabrizzio die Keckheit, am hellen, lichten Tag auf der Straße zu erscheinen; allerdings ritt er ein vorzügliches Pferd und war gut bewaffnet. Musikanten von der Sorte, wie sie in Italien immer auf den Straßen umherziehen und die mitunter vortrefflich sind, mußten ihre Kontrabässe unter Faustas Fenstern aufpflanzen. Nach einer Ouvertüre stimmten sie zu Faustas Ehren eine recht leidliche Kantate an. Fausta zeigte sich am Fenster und sah sofort einen überaus artigen jungen Mann, der zu Pferd mitten auf der Straße hielt, sie zunächst grüßte und sie dann mit kaum zu mißdeutenden Blicken bombardierte. Trotz seiner übertrieben englischen Kleidung erkannte sie sehr bald den Verfasser jener leidenschaftlichen Briefe, die ihre Abreise von Bologna zur Folge gehabt hatten.
    »Ein sonderbarer Mensch!« sagte sie sich. »Ich glaube, ich bin schon in ihn verliebt. Ich habe hundert Louis erübrigt; da könnte ich diesem gräßlichen Grafen Martinengo getrost den Laufpaß geben. Er hat wirklich gar kein bißchen Geist, so gar nichts Unberechenbares, und kurzweilig ist er höchstens ein wenig wegen des grimmigen Gebarens seiner Leute.«
    Tags darauf hatte Fabrizzio erkundet, daß Fausta tagtäglich gegen elf Uhr in das Stadtinnere zur Messe ging, in die nämliche Kirche San Giovanni, wo sich das Grabmal seines Großonkels, des Erzbischofs Ascanio del Dongo befand. Er wagte, ihr dahin zu folgen. Allerdings hatte ihm Ludovico eine schöne Engländerperücke mit knallroten

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