Die Karte Des Himmels
weiter.«
»Nachdem die Pubs geschlossen hatten, fuhren wir alle in der Dunkelheit hinauf, und es war, als wären wir mitten im Nichts gelandet. Es war wirklich ziemlich gespenstisch, und wir ließen die Autos unten an der Straße stehen und folgten den Lichtern, die Ian auf dem Weg durch den Wald aufgestellt hatte. Es war ein bisschen verrückt, wir Mädchen in unseren albernen Schuhen und den kurzen Röcken und Marty, der diese Kiste Bier trug. Ian hatte ein großes Lagerfeuer angezündet, und dann war da dieser Turm – ja, sehr romantisch, aber auch sehr gespenstisch, wie gesagt. Dann haben wir das getrieben, was man auf Partys so treibt, und natürlich sind auch ein paar ungezogene Dinge passiert ...«
»Der Arzt hat bei der gerichtlichen Untersuchung gesagt, dass die meisten von Ihnen Cannabis geraucht hätten«, unterbrach sie Chantal in sachlichem, eisigen Ton.
»Ja, klar«, sagte Valerie mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Haben Sie etwas anderes erwartet?«
»Es hat eine Rolle gespielt, als seine Familie uns verklagen wollte«, sagte Chantal in die Runde.
»Diese ganze Angelegenheit hat nichts mit mir zu tun.« Valerie wollte den Saum ihres Rockes über ihre rundlichen Knie ziehen, aber es reichte nicht ganz.
»Mum«, flehte Claire, »erzähl bitte weiter.«
»Ich weiß nicht mehr, wie viel Zeit vergangen war, bis Marty vorschlug, wir sollten auf den Turm steigen. Ian sagte, er sei abgeschlossen, aber Marty hatte sich noch nie etwas sagen lassen, und irgendjemand hatte Werkzeug im Wagen, und sie schafften es, die Tür aufzubekommen. Ungefähr ein halbes Dutzend von uns ging rein. Ich wollte nicht, aber Marty stieg hoch, also folgte ich ihm, zusammen mit Ian und ein paar anderen. Der Weg nach oben war lang, und wir waren alle ein bisschen angetrunken und albern, und die Mädchen kreischten ununterbrochen, und dann kamen wir zu dem kleinen Raum und quetschten uns alle hinein. Marty fand es fantastisch, aber uns Mädchen hat es nicht gefallen, und wir wollten wieder runtergehen. Es hat sich nicht gut angefühlt da, mehr kann ich nicht dazu sagen, so als ob wir den Ort mit unserem ganzen Krach aufgestört hätten. Die anderen Mädchen und einer der Jungen gingen hinunter, aber Marty hat mit seiner Taschenlampe herumgeleuchtet und die Leiter entdeckt, die zu einer Art Falltür in der Decke führte. Ian hielt die Leiter, und Marty kletterte hoch. Er öffnete die Luke, schob sich nach oben und ... das ist das letzte Mal, dass ich ihn lebend gesehen habe.« Sie hielt inne. Ihre manikürte Hand lag auf ihrem Mund.
»Er ist hinuntergestürzt, nicht wahr?«, sagte Chantal mit leiser Stimme. »Das hat man jedenfalls behauptet. Er hätte nicht hinaufsteigen dürfen, schon gar nicht in seinem Zustand. Er ist zu nahe an den Rand gegangen und hat das Gleichgewicht verloren.«
»Ja, er ist runtergefallen«, sagte Valerie und warf Chantal einen trotzigen Blick zu. »Aber wir wissen nicht, warum. Niemand hat Ian zugehört, als er bei der gerichtlichen Untersuchung ausgesagt hat. Er hat gesagt, er wäre auch die Leiter raufgeklettert und hätte gerade noch den erstaunten Ausdruck auf Martys Gesicht sehen können. Er hat nicht Ian angeschaut, sondern auf irgendwas, was Ian nicht sehen konnte, weil die Falltür im Weg war. Marty ging einen Schritt zurück, verlor das Gleichgewicht und kippte über die Brüstung. Ich hörte ihn die ganze Zeit schreien, bis er unten aufschlug. Oh, diesen Schrei werde ich niemals vergessen. Ich hab versucht, die Leiter raufzusteigen, aber Ian kam schon nach unten. Die Leute unten haben einen entsetzlichen Lärm gemacht. Also sind wir die Treppe runtergerannt. Als ich fast unten war, habe ich den Tritt verloren und bin durch die Luft geflogen. Danach weiß ich nichts mehr, bis ich am nächsten Tag im Krankenhaus aufwachte, mit bandagiertem Kopf und furchtbaren Schmerzen in meinem Inneren.«
»Es war schrecklich, einfach nur schrecklich«, sagte Gran, »und wir haben den Jungen noch nicht einmal kennengelernt. Wir wussten nichts über ihn. Valeries Vater war außer sich, aber ich sagte ihm, dass wenigstens sie in Ordnung sei. Vielleicht ist es ihr eine Lehre, hab ich gesagt.«
»Aber manche Leute haben behauptet, es wäre unsere Schuld gewesen«, stieß Chantal sichtlich aufgebracht hervor. »Das ist das Problem. Natürlich konnte ich die Familie verstehen ... sie waren untröstlich. Aber zu verlangen, dass wir den Turm abreißen und eine Entschädigung zahlen? Das war unangemessen.
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