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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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Glücklicherweise war der Richter auch dieser Meinung. Mein Mann war sehr großzügig und hat die Kosten des Verfahrens übernommen.«
    »Alles in Ordnung mit dir, Darling?« Douglas streichelte die Hand seiner Frau.
    Valerie nickte. »Mit mir hatte das alles nichts zu tun«, sagte sie und presste die Lippen aufeinander, »und es hätte Marty nicht zurückgebracht.«
    »Nein, natürlich nicht.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Wie heftig die Gefühle fast vierzig Jahre nach dieser Tragödie immer noch waren! Jude fragte sich, warum ihre Mutter nie darüber gesprochen hatte, über ein so einschneidendes Ereignis in ihrem Leben.
    »Mum, was glaubst du, was da oben auf dem Turm passiert ist?«, fragte Claire.
    »Marty und Ian hatten sicher getrunken, das kann ich nicht bestreiten. Und bestimmt hatten sie auch irgendwas geraucht. Ich mochte diese Joints nicht, mir ist davon immer schlecht geworden. Deshalb kann ich mich ziemlich genau an alles erinnern. Im Turmzimmer herrschte eine merkwürdige Atmosphäre, das kann ich dir sagen. Ich weiß nicht recht, was ich mit Ians Version anfangen soll. Vielleicht hat Marty einfach das Gleichgewicht verloren und ist runtergestürzt. Ian kann ihn nicht geschubst haben oder so, denn er stand noch auf der Leiter. Aber dass Marty irgendwas gesehen haben soll, was ihn überrascht oder ihm Angst gemacht hat ... ich weiß immer noch nicht, ob ich das glaube. Trotzdem hat Ian mir leidgetan – der Gerichtsmediziner hat sich überhaupt nicht für seine Aussage interessiert.
    Ein paar Monate später bin ich weg von zu Hause. Ich bin nach London gezogen, wo ich einen Job als Sekretärin gefunden habe. Kurz darauf bin ich eurem Vater begegnet. Leider habe ich ihm das ganze Geheimnis vorenthalten. Vermutlich dachte ich, ich würde ihn damit abschrecken. Er war so ... so anständig und geradeheraus, euer Dad. Als wir geheiratet hatten, fiel es mir noch schwerer, darüber zu sprechen. Besonders seit ... also, es gab da etwas, das ich niemandem erzählt habe, außer Marty. Eure Gran wusste es natürlich, dafür hatte das Krankenhaus gesorgt. Damals, als der Unfall geschah, war ich schwanger. Dritter Monat, sagten sie. Ich habe Martys Baby verloren.«
    Danach herrschte schockiertes Schweigen, bis Jude schließlich murmelte: »Mum, das ist furchtbar!«
    »Furchtbar!«, echote Claire und fragte ihre Mutter dann rundheraus: »Hat Marty sich gefreut, dass du schwanger bist?«
    »Nein, hat er nicht«, gestand Valerie, »aber er war dabei, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Ich möchte mir gern vorstellen, dass wir es zusammen geschafft hätten.«
    Jude warf einen Blick auf Douglas, aber es schien ihn nicht im Geringsten zu stören, dass seine Frau von einem verflossenen Geliebten träumte. Bestimmt hatte er seine eigenen Liebesgeschichten – sogar Douglas mit seinen Schildkröten und den Golfclubs. Andere Männer wären vielleicht nicht so gelassen geblieben, sondern hätten automatisch mit Eifersucht reagiert. Glück für Mum. Jude war von ihrem neuen Stiefvater mehr und mehr beeindruckt.
    »Das gibt mir ein komisches Gefühl«, flüsterte Claire. Vielleicht wären Jude und sie niemals geboren worden, wenn Marty nicht gestorben wäre.
    Sie sah, dass Gran langsam eindöste. Chantal zog sich taktvoll zurück und murmelte, sie wolle die Hunde füttern. Nur Douglas hörte zu, als Valerie, Claire und Jude die vielen Missverständnisse der Vergangenheit entflochten.
    »Ich hatte große Angst, als ich merkte, dass du unterwegs warst«, sagte Valerie zu Claire. »Verstehst du, es hat alle Erinnerungen zurückgebracht, und ich konnte nicht mit deinem Vater darüber sprechen, dafür war es zu spät. Ich hatte solche Angst, dass ich mich zu sehr auf dich freute – falls es wieder schiefging. Und dann wurdest du geboren, mit deinem armen Bein, und ich, ich hatte diese Vorstellung, dass es meine Strafe dafür war, dass ich beim letzten Mal alles falsch gemacht hatte, und ich war völlig durcheinander. Ich hatte so große Angst ...«
    »... dass du vergessen hast, dass da ein kleines Baby war, das gekuschelt und geliebt werden wollte«, brachte Claire schwer atmend hervor.
    »Ja, so war es wahrscheinlich«, sagte Valerie, »aber du warst auch ein leicht reizbares kleines Baby. Du wolltest nicht saugen, und dann hast du Koliken bekommen. Das Zahnen war schlicht grauenvoll. Ich hatte keine Ahnung, dass ein Kind so viele Zähne bekommt.« Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Handtasche und wischte sich über die

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