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Die Karte Des Himmels

Die Karte Des Himmels

Titel: Die Karte Des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Hore
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die Jude nach kurzem Zögern ergriff. Es war ein starker, warmer Händedruck, und obwohl er nicht lächelte, spürte Jude, wie sich ihre innere Anspannung löste. Er ließ ihre Hand los und trat zurück.
    »Claires Schwester also. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nicht so freiheraus mit Ihnen gesprochen.«
    »Tut mir leid wegen gestern«, sagte Jude hastig. »Ich habe mich reichlich dumm benommen.«
    Er hob beschwichtigend die Hände.
    »Sie waren aufgeregt und verletzt«, erwiderte er, »ich kann das verstehen. Und ich war ein Idiot. Statt die Dinge zu erklären, habe ich alles noch schlimmer gemacht. Aber sehen Sie, ich war sowieso schon wütend, weil jemand den Muntjak verwundet hatte. Und dass mich dann auch noch eine wildfremde Frau anschreit, obwohl ich das Tier nur erlöst habe, hat das Fass zum Überlaufen gebracht.«
    »Es tut mir leid«, wiederholte sie. »Ich hatte wirklich sehr große Angst.«
    »Wegen der Schüsse, ja. Das arme Tier. Ich hasse es, zu tun, was ich getan habe, aber manchmal geht es nicht anders.«
    Summer blickte verwirrt von einem zum anderen. Es sah so aus, als wären diese beiden Erwachsenen sich schon mal begegnet. »Was ist denn passiert?«, fragte sie.
    Euan hockte sich hin, sodass sein Gesicht sich auf der Höhe des ihren befand. »Gestern war ein Hirsch am Turm, ein Muntjak. Er hat sich schlimm am Stacheldraht verwundet. Damit er nicht langsam und qualvoll verendete, musste ich ihn töten. Als dann deine Tante vorbeikam, haben wir uns deswegen gestritten, fürchte ich. Aber gerade eben haben wir gesagt, dass es uns leidtut. Haben wir doch, nicht wahr?« Er warf Jude einen fragenden Blick zu. Sie nickte.
    Summer starrte ihn aus ihren großen Augen an und versuchte, seine Worte zu begreifen. Jude war einen Moment lang beunruhigt, aber dann fragte das Mädchen: »Hat es dem Hirsch wehgetan, als du ihn getötet hast?«
    »Nein, kein bisschen«, entgegnete Euan mit fester Stimme. »Es war ganz schnell vorbei. Er ist jetzt in den ewigen Jagdgründen.«
    »Der Hirsch tut mir leid.«
    »Mir auch. Er ist gejagt worden und war sehr verängstigt. Deshalb ist er in den Stacheldraht gerannt.«
    »Wer hat ihn gejagt?«
    »Das weiß ich nicht.« Euan erhob sich. »Schon seit Wochen mache ich mir Sorgen darüber, was da oben passiert«, sagte er zu Jude. »Sie haben niemanden gesehen, oder?«
    Jude schüttelte den Kopf. »Ich dachte, Sie wären das gewesen«, erwiderte sie. »Deswegen war ich ja so wütend.«
    »Das tut mir leid. Wie gesagt, ich hätte es erklären sollen. Aber ...« Er sah so reumütig aus, dass sie sofort einlenkte.
    »Bestimmt haben Sie gedacht, dass ich sowieso nicht zuhöre. Und damit hatten Sie wahrscheinlich recht. Es war wirklich mein Fehler.« Schließlich lächelten sie einander an. Er ist wahrhaftig ein attraktiver Mann, dachte sie, und jetzt erkannte sie auch, dass er anders war als Caspar, das hieß, abgesehen von seiner Statur und dem dunklen welligen Haar. Euans Augen waren dunkelblau und nicht fast schwarz wie Caspars. Und Caspar bewegte sich nicht so langsam und geduldig wie Euan mit seiner zurückhaltenden Art.
    Jude wurde bewusst, dass Summer sie nachdenklich beobachtete.
    »Die Kleine hier hat Sie natürlich bereits erwähnt«, sagte Euan und strich Summer über das Haar, »aber ich hatte keine Ahnung, dass Sie zu Besuch sind. Nur auf ein Wochenende?«
    »Ja. Ich fahre morgen wieder zurück. Ich hatte in Starbrough Hall zu tun.«
    »Dann sind Sie bestimmt Auktionatorin.«
    »Ja. Expertin für Bücher und Manuskripte. Claire hat mir erzählt, dass Sie schreiben, und ich habe Ihre Bilder an der Wand gesehen. Wundervoll.«
    »Danke. Aber das ist eine Nebenbeschäftigung, wirklich. Ich nutze sie für meine Bücher.«
    »Arbeiten Sie hier in den Wäldern? Gestern dachte ich noch, dass Ihnen das Land gehört, aber inzwischen habe ich erfahren, dass er John Irgendwas heißt ...« Beschämt brach sie ab, als sie sich an die arrogante Marcia Vane und Chantals Wutausbruch über den neuen Besitzer erinnerte. Nein, sie wollte nicht daran denken, dass auch Euan bei ihm angestellt sein könnte.
    »Ich muss gestehen, dass ich auch ohne Erlaubnis dort war. Ich bin Naturforscher, und da bilde ich mir wohl fälschlicherweise ein, dass ich dort oben herumwühlen darf, solange ich nichts und niemanden störe. Ich laufe ständig in diesem Wald herum, und es war ein so friedlicher Ort. Aber in letzter Zeit ...«
    »Die Wickhams oben in Starbrough Hall verlieren auch kein

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