Die Karte Des Himmels
gutes Wort über den neuen Besitzer.«
»Wenn er tatsächlich für dieses wahllose Geballer verantwortlich ist, wundert mich das nicht.«
»Dieser Jagdgalgen ...« Jude brach ab, als ihr bewusst wurde, dass Summer zuhörte.
»Den hab ich auch gesehen«, sagte er knapp. Jude wechselte das Thema.
»Und Sie leben hier draußen? In dem Wohnwagen, meine ich?«
»Nur vorübergehend. Letztes Jahr habe ich das Cottage gekauft. Aber da steckt noch eine Menge Arbeit drin, wissen Sie. Neue Kabel müssen verlegt werden, der Staub und der Geruch nach Farbe und so weiter. Hier draußen ist es viel angenehmer – wenn es warm genug ist. Im September sollte das Cottage allerdings fertig sein.«
»Es muss schön sein, draußen zu schlafen. Ich habe noch nie einen Zigeunerwagen gesehen. Jedenfalls keinen, der so schön ist wie dieser hier.«
»Wollen Sie ihn mal von innen sehen?«
»Sehr gern. Was ist mit dir, Summer?«
»Ach, ich bin schon tausendmal drin gewesen«, sagte sie in arrogantem Ton, »und auf dem Herd hab ich schon Abendessen gekocht. Den Herd nennt man queenie stove , weißt du.«
»Genau das Richtige für eine Prinzessin«, sagte Jude und bemühte sich, nicht zu lachen. Sie folgte Euan die Stufen hinauf und gab einen entzückten Schrei von sich, als sie die zauberhafte Bemalung an der Innenseite des Daches sah. »Wenn ich mir vorstelle, unter diesen Bildern in den Schlaf zu sinken!«
»Es ist nicht ganz die Sixtinische Kapelle«, sagte Euan.
»Na ja, in der Sixtinischen Kapelle darf man vermutlich auch nicht schlafen.« Jude betrachtete das breite Bett, die lackierte Kommode und den kleinen Herd. Euan hielt alles sehr sauber und ordentlich. Am Kopfende des Bettes lag ein Bücherstapel, daneben stand eine Sturmlaterne. Der Laptop auf dem Bett war das Einzige, was vom einundzwanzigsten Jahrhundert zeugte.
»Ein Cousin hat mir den Wohnwagen geliehen«, erklärte Euan. »Er hatte jahrelang in seiner Scheune rumgestanden. Die Hühner hatten sich schon eingenistet. Wir haben ihn ordentlich abgeschrubbt, ein bisschen Farbe auf die Außenwände gebracht, und schon war er so gut wie neu.«
»Ich finde ihn wunderschön!«
»Ich will hier schlafen. Warum darf ich nicht?«, quengelte Summer, die nun doch hereingekommen war, um nichts zu verpassen.
»Das fragt sie immer«, sagte Euan und fügte, an Summer gewandt, hinzu: »Vielleicht irgendwann mal, wenn Darcey hier ist. Darcey ist meine Nichte. Wenn meine Schwester keine Zeit hat, passe ich manchmal auf sie auf.«
Jude erinnerte sich und nickte.
»Sie geht in meine Schule. Euan, können wir Tante Jude die Schlange zeigen?«
»Aber natürlich, mein kleiner Grashüpfer«, sagte er. »Schauen Sie nicht so ängstlich, Jude. Es ist nur eine harmlose Ringelnatter.«
»Schlangen gehören nicht unbedingt zu meinen Lieblingstieren«, erwiderte Jude und verzog das Gesicht, »aber solange ich sie nicht anfassen muss, geht es in Ordnung.«
Summer führte sie zurück durch die Lücke in der Hecke und unter dem durchsichtigen Kunststoffdach der Garage hindurch auf die andere Seite des Häuschens, wo lauter Käfige und gläserne Behälter standen. In einem der Behälter hatte sich die Ringelnatter träge auf einem Stein zusammengerollt und wärmte sich in einem Fleckchen Sonne. Wie gebannt starrte Summer hin. Jude schaute sich mehrere Käfige an und entdeckte ein Kaninchen mit einer bandagierten Pfote.
»Ich habe es in einer Schlinge gefunden«, erklärte Euan. »Der Idiot, der sie aufgestellt hat, hat sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, nachzusehen, ob sich irgendein Tier darin verfangen hat. Das arme Ding war völlig verängstigt und halb verhungert.«
In einem der größeren Käfige blinzelten zwei flaumige junge Eulen schläfrig ins Licht. Eine klackte erwartungsvoll mit dem Schnabel, als sie Euan erkannte.
»Nein, es ist keine Futterzeit, Kumpel«, sagte er und erklärte Jude: »Ein Nachbar hat sie mir gebracht. Sie waren aus dem Nest gefallen. Normalerweise ist es das Beste, es den Eltern zu überlassen, die kleinen Eulen zu retten, aber der Hund hätte sich sonst über sie hergemacht.«
Euan zeigte Jude einen kleinen Teich, den er in einer Ecke des Gartens in den Boden eingelassen hatte. Dutzende junger Frösche schwammen im Wasser und hockten im Gras. »Achten Sie darauf, wohin Sie treten. Ich habe die Frösche aus dem Laich aufgezogen und setze sie nach und nach in den Teichen hier in der Gegend aus. Dieses Frühjahr hat es nicht besonders viel Nachwuchs
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