Die Karte Des Himmels
dem Sam mir einmal erzählt hatte, dass es schrecklich jucke, streute ich in ein Loch ihrer Matratze, sodass sie sich beklagte, ihre Haut sei von Wanzenbissen übersät. Aber die unfreundlichste Behandlung, der Herrgott möge mir verzeihen, wurde dem armen Augustus zuteil.
Der dürre, blasse Knabe hatte den Aufruhr im Haushalt noch vergrößert, indem er am dritten Tage seines Besuchs in ein Fieber gefallen war. Das Wetter war so schlimm, dass Väterchen Frost nächtens die Fenster meines Zimmers von innen verzierte und ich morgens das Wasser in der Schüssel aufbrechen musste, um mich waschen zu können. Aber in Augustus’ Zimmer loderte das Feuer die ganze Nacht so hoch, dass ihm der Schweiß über die Wangen rann und die Kissen durchnässte. Zwei Nächte krochen dieserart vorüber, und der Anfall legte sich. Da seine Mutter wieder damit begann, die Dienstboten herumzuscheuchen, wurde ich zur Unterhaltung des Bettlägrigen abgeordnet und kam meiner Aufgabe nach, indem ich ihm Geschichten erzählte. Gräuliche Geschichten über die Begräbnisstätte auf dem Hügel, über entsetzliche Gespenster, die den Wald durchstreiften und sogar, wie ich ihm versicherte, bis in den Park vordrangen. »In einer mondhellen Nacht wage ich nicht, den Blick aus dem Fenster zu richten«, hatte ich ihm zugewispert und die Augen verdreht, »denn ich ängstige mich davor, dass ich mich ob des Entsetzens in Stein verwandeln könnte.« Augustus starrte mich an, den Mund in seinem ohnehin schon kränklichen Gesicht zu einem großen runden O geöffnet. Er weigerte sich, allein zu schlafen. Zu meinem Leidwesen wurde ich abgeordnet, das Zimmer mit ihm zu teilen. Bei jedem merkwürdigen Geräusch – das Zittern des Glases im Fensterrahmen, einer knarrenden Diele – schreckte er hoch und umklammerte die Decke mit seinen langen mädchenhaften Fingern. Mit der Zeit wurde ich milder. Ich hatte boshafte Absichten gegen ihn gehegt – um seiner Mutter zu schaden –, aber nach und nach sind wir Freunde geworden, und er vertraute mir die Erwartungen seiner Mutter an, dass er Starbrough Hall von seinem Onkel Anthony erben solle, da sein Vater Adolphus noch einen älteren Sohn habe, der für die Erbschaft der Ländereien von Lincolnshire vorgesehen war. Damals dachte ich mir nichts dabei. Mein Adoptivcousin ist ein harmloser Junge und ähnelt eher seinem studierwilligen Onkel als seiner zänkischen Mutter oder dem stattlichen Grundbesitzer, den ich bei späterer Gelegenheit kennenlernen sollte.
Abgesehen von seiner Einmischung zu meinen Gunsten sperrte mein Vater den Aufruhr der Woche aus, indem er die Tür hinter sich schloss. Er hielt sich ausschließlich in seinem Zimmer oder in der Werkstatt auf. Die Mahlzeiten ließ er sich von Betsy auf einem Tablett bringen. Selbst für ihn war es zu kalt, um sich in den Turm zu begeben, obwohl die Sterne, die ich in diesen eisigen Nächten durch mein Fenster erblicken konnte, ihn verlockt haben müssen. Groß sahen sie aus, und sie schienen in ihren wahren Farben zu glühen, Arkturus sahnig und Beteigeuze rosarot. Ja, es stimmt, mit einem Buch über den Nachthimmel, das ich im Salon gefunden hatte, hatte ich mich selbst unterrichtet.
Zwei Tage nach Tante Pilkingtons Abreise platzte Susan bei mir ins Zimmer. Nach Luft japsend und mit strahlendem Blick gab sie mir zu verstehen, dass ich alles stehen und liegen lassen solle, denn mein Vater wünsche mich auf der Stelle zu sehen. Sie strich mir das Haar glatt und richtete meinen Kragen, bevor sie mich die Treppe hinunter und nach draußen zu seiner Werkstatt nahe den Ställen führte, wo sie mich durch die Tür stieß und allein ließ.
Vater saß dort am Tisch und polierte geschäftig eine Silberplatte, die an ein Serviertablett erinnerte. Das, erklärte er mir, ohne mir einen Blick zuzuwerfen, sei der Spiegel für ein neues Fernglas und müsse auf diese Weise viele Stunden lang mit Zinnoxid geschliffen werden, bevor es sich als würdig erweise, die wahren Bilder der himmlischen Götter widerzuspiegeln. Er hatte mich zu sich gerufen, damit ich ihm bei diesen Mühen behilflich sei, und ich machte mich erfreut an die Arbeit, brachte ihm das Material, nach dem er verlangte, servierte ihm den Tee, den Betsy kürzlich hereingebracht hatte, und beantwortete die ganze Zeit über seine mannigfaltigen Fragen über das, was ich in der Schule und aus den Büchern gelernt hatte. Dann wies er mich an, einen Abschnitt aus einem Werk vorzulesen, das geöffnet an seinem
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