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Die Kathedrale der Ketzerin

Die Kathedrale der Ketzerin

Titel: Die Kathedrale der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Eroberung
der Bretagne einbringen als nur schlichte Gewalt.«
    Clara zitterte noch immer.
    »Du frierst«, sagte Blanka, »und ich fürchte, es wird noch kälter
werden. Ich lasse dir einen Pelz geben.« Eine Furche erschien zwischen ihren
Augenbrauen. »Ich sollte mehrere Wagen mit Fellen und Decken mitführen. Für die
Belagerer. Du weißt doch, wie achtlos Männer sind. Beim Gedanken an Krieg wird
ihnen das Blut heiß – und derweil frieren ihnen die Finger ab! Daran darf
unser Unternehmen doch nicht scheitern.«
    Diese umsichtige, sehr weibliche Überlegung trug entscheidend dazu
bei, Mauclerc in seinem eigenen Land zu bezwingen.
    Doch zunächst sah es nach einer
Niederlage aus. Als Blanka mit ihrem Gefolge die mächtigen Verteidigungsanlagen
der Burg Bellême erreichte, schien die Lage hoffnungslos zu sein. Als hätte
sich die Natur mit Mauclerc verbündet, war es in der Nacht bitterkalt geworden.
Die Männer, die vorausgeritten waren, um die Belagerung vorzubereiten und die
Kriegsmaschinen zu errichten, froren erbärmlich, hatten kaum noch Kraft, das
Eis von den Tränken zu schlagen, geschweige denn ein Schwert zu führen.
Jegliche Kampfeslust war von ihnen gewichen.
    »Es gibt einen Grund, weshalb Belagerungen in die wärmeren
Jahreszeiten verlegt werden«, warf Theobald Blanka vor, die fassungslos auf die
riesige Burg und die schlotternden Männer davor blickte. Keiner hätte ein
Katapult bedienen können.
    »Im Frühjahr würde Peter Mauclerc einen Einfall erwarten«, sagte die
Königin, nicht gewillt, das Unternehmen schon vor dem Beginn für gescheitert zu
erklären. »Jetzt hat der Hund keine Zeit, Vorbereitungen zu treffen.« Sie
deutete hinter sich. »Die Massen, die zu Fuß auf dem Weg hierher sind, werden
den Männern in der Burg schon das Fürchten lehren!«
    »Die Massen, Herrin«, sagte der Graf von Champagne trocken, »werden
erfrieren.«
    »Feuer könnte Abhilfe schaffen«, mischte sich Clara ein, die dem
Gespräch gefolgt war. »Wir sind an einem Wald vorbeigekommen. Dort drüben …«,
sie deutete nach Osten, »sehe ich Obstgärten.«
    »Und in den Häusern gibt es Balken«, setzte Blanka anerkennend
nickend hinzu. »Die sollen herausgerissen werden! Wir werden den frierenden
Kriegern ordentlich einheizen!«
    Sie rief ihren Sohn König Ludwig herbei, der mit klammen Fingern an
der Aufstellung eines Rammbocks arbeitete.
    »Verschiebe den Ansturm!«, schlug sie ihm vor. »Schicke lieber
alle Kriegsknechte zum Holzholen! Jeder Baum soll gefällt werden, jeder
Strauch abgerissen; alle Anwohner sollen Holz herbeibringen! Wir errichten
riesige Feuer – schon der Anblick der lodernden Flammen wird unseren Feinden
Furcht einjagen, sie an das Höllenfeuer gemahnen, das nach ihrem Tod ihrer
harrt!«
    Sie trug Bediensteten auf, die mitgeführten Decken und Felle an die
Belagerer zu verteilen, und ordnete an, in riesigen Kesseln große Mengen an
kräftigender Suppe zu kochen. Die Bewohner der nahen Hofschaften sollten so
viel Brot backen wie nur möglich und deren Kinder Kaninchen und anderes
Kleintier erlegen.
    Blankas Rechnung ging auf. Angesichts der gewaltigen Menschenmassen,
die sich auf die Burg zuwälzten, und des von König Ludwig geleiteten
unermüdlichen Ansturms der gesättigten und aufgewärmten Krieger ergab sich
bereits nach zwei Tagen die Burg, die bis dahin als uneinnehmbar gegolten
hatte.
    Ihr
versichertet mir, der junge König würde keine Hilfe von seinen Gefolgsleuten
erhalten. Und nun müssen wir erkennen, dass er über mehr Kriegsvolk gebietet
als Ihr und ich gemeinsam. Unter diesen Umständen werde ich meine Landung in
Frankreich verschieben müssen, mir also erst zu günstigerer Zeit das
zurückholen, was mein Vater dereinst verloren hat. Euch, mein Herr, gebe ich
den Rat, geschicktere Späher zu beschäftigen.
    Mit einem wütenden Aufschrei zerknüllte Peter Mauclerc den Brief des
englischen Königs Heinrich und warf ihn zu Boden. Woher stammte die riesige
Streitmacht, die Blanka und Ludwig aufgeboten hatten? Die nicht einmal
wirklich zum Zuge gekommen war, allein durch ihre Zahl die Belagerten in
Bellême eingeschüchtert hatte. Ohne jegliches Blutvergießen hatte sich
anschließend eine bretonische Festung nach der anderen dem Königshaus ergeben.
Von Blankas Erfolg eingeschüchtert, sagten sich diverse rebellische Barone von
ihrem Anführer Mauclerc los und krochen vor dem französischen Thron zu Kreuze.
    Weder den Baronen, noch dem englischen König oder gar sich

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