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Die Kathedrale der Ketzerin

Die Kathedrale der Ketzerin

Titel: Die Kathedrale der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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den
französischen Kronprinzessen heiraten, war Blanka spontan ein Ausruf
entfahren: »Uraca! Wie sollen die Franzosen das nur aussprechen!«
    Eleonore hatte sich ihr zugewandt, sie kühl gemustert und dann
nickend entgegnet: »Recht hast du. Der Portugiese soll Uraca heiraten. Der
und seine Sprache passen in der Tat besser zu ihr. An Blanche werden sich die
Franzosen hingegen mühelos gewöhnen können. Also nehme ich dich mit nach
Frankreich, du kecke kleine Blanka.«
    Und so war sie mit ihrer uralten Großmutter aus dem milden Winter
Kastiliens zu ihrem unbekannten Bräutigam in den kalten Norden gereist. Den
hatte sie sich als ein ständig von Schnee überzogenes ungemütliches Land
vorgestellt und unterwegs heimlich über ihr vorlautes Mundwerk am heimischen
Hof gejammert. Wie beklagenswert, mit einem Namen geschlagen zu sein, der so
leicht auszusprechen war! Sogar von Franzosen. Sie kam zwar in keiner
Schneewüste an, fror aber dennoch in den ersten Monaten ununterbrochen. Das
aber lag nicht an ihrem künftigen Bräutigam, sondern an den zugigen Gemächern
des Palasts.
    Blanka und Ludwig konnten heute noch über ihre erste Begegnung
lachen. Die Zwölfjährige und der Dreizehnjährige hatten einander nur angesehen
und so lautstark freudig ausgeatmet, dass der gesamte Hofstaat erstarrt war. An
noch keinem Königshof hatte je ein Mensch mit Liebe auf den ersten Blick
gerechnet. So etwas war beispiellos. Und beinahe ein wenig ungehörig.
Königskinder hatten aus rein dynastischen Gründen miteinander vermählt zu
werden, und nicht etwa aus Zuneigung. Oder gar aus Leidenschaft. Solche aber
entwickelte sich recht schnell zwischen den beiden Heranwachsenden, die
gemeinsam erzogen und ausgebildet wurden und ungestüm drängten, die geschlossene
Ehe endlich auch vollziehen zu dürfen.
    Ludwigs Vater, König Philipp, war fassungslos. Voller Furcht, seinem
Sohn könne Ähnliches widerfahren wie ihm mit Ingeborg, machte er Ludwig
Vorhaltungen und klärte ihn über seine Verpflichtungen auf, zu denen eine
ausschließlich auf Schriftstücken bezeugte, keinesfalls aber tatsächliche Liebe
zu seiner Gemahlin gehörte. Schließlich stamme Ludwig über seine Mutter
Elisabeth von Hennegau in direkter Linie von Karl dem Großen ab. Sein Sohn
solle sich gefälligst ein Beispiel an dem edlen Vorfahren nehmen, der vielen
Frauen Glück geschenkt und das Weibliche an sich hoch verehrt habe; wohl wissend,
wie viel mehr Macht eine einzige auserwählte Frau ausüben könne als das
Weibervolk im Ganzen! Nie hätte sich Karl der Große einer einzigen Frau
ausgeliefert.
    »Eva ist allüberall; meide sie, denn sie stürzt den Mann – jeden
Mann! – ins Unglück! Sie ist vom Teufel gesandt, um dich zu prüfen. Halte
der Prüfung stand! Dein Reich sollst du lieben, nicht deine Frau!«
    Ludwig fand die Sorgen seines Vaters in hohem Maße übertrieben. Das
klang ja so, als sei die Liebe zu einer Frau gefährlicher als ein Krieg mit
England! Und Blanka? Gott hatte sie ihm zugesellt. Es ist nicht gut, dass
der Mensch allein bleibt. Und etwas Besseres als Blanka würde ihm sein Leben
lang nicht widerfahren.
    Knapp vier Jahre nach der Hochzeit durfte das Paar endlich
öffentlich als Mann und Frau zusammenleben. Heimlich hatten sie dies schon
längst getan; zu übermächtig war die Sehnsucht
gewesen, zu groß das Verlangen, endlich eins miteinander zu werden.
    Ludwig hatte mit Blanka unter dem Verlust der ersten Kinder
gelitten. Und mit ihr zusammen dies als Strafe Gottes für ihre geschlechtliche
Vereinigung vor der offiziellen Genehmigung zum Beischlaflager angenommen. Aber
nicht nur dafür.
    Sie sprachen nie darüber, aber Ludwig wusste, dass Blanka nach einem
bangen Mond des Wartens zu einer weisen Frau gegangen war, zu einer
Häretikerin, die mit einem Kraut die erforderliche Blutung herbeigeführt hatte.
Ob sie wirklich schwanger gewesen war und durch den Besuch bei dieser Frau ein
Leben verhindert hatte, wusste Blanka selbst auch nicht genau. Sie zog später
ein wenig Trost aus der Lehre, dass in Zeiten der Anspannung die Blutung von
selbst aussetzen könne; Mutter Natur die Frau vor Schwangerschaft zu unpassender
Zeit schütze.
    Dennoch galten viele ihrer Gebete diesem ungeborenen Kind, und die
zahlreichen Fehlgeburten der ersten Ehejahre betrachtete sie als Zeichen eines
zürnenden Gottes. Auch diese Furcht hatte sie in die Arme der Zisterzienser
getrieben.
    Wäre es nach Ludwig gegangen, hätte er seiner Gemahlin nach diesen
Unglücken

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