Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kathedrale der Ketzerin

Die Kathedrale der Ketzerin

Titel: Die Kathedrale der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
Vom Netzwerk:
Gerücht. Mir ist wohl bekannt, dass mein Name auf
die Liste der Widersacher des Königs gelangt ist. Wie das geschehen konnte, ist
mir hingegen unbekannt. Ich bin Euch immer treu gewesen.« Hastig setzte er
hinzu: »Außerdem kämpfen die vormals abtrünnigen Barone jetzt auch gemeinsam
mit dem König gegen die Häretiker.«
    »Das habe ich vernommen«, erwiderte Blanka leicht zerstreut. »Du
darfst jetzt gehen, Theobald. Wir sehen uns später.«
    Er schien förmlich aus dem Saal zu schweben.
    Blanka hatte es eilig, in ihre Gemächer zu kommen. Sie
hatte einen Entschluss gefasst. Und wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt
hatte, nahm sie sich keine Zeit für ängstliches Zögern, sondern handelte
umgehend. Wenn irgend möglich, wollte sie schon in den nächsten Tagen abreisen.
    Zuvor aber mussten unzählige Vorbereitungen getroffen werden.
    Sie verwarf zunächst den Gedanken, Lisette an den Hof zu holen. Diese hatte die Königin bisher immer nur
für ein paar Stunden, höchstens mal einen halben Tag vertreten und würde
unmöglich die Rolle der Doppelgängerin über einen längeren Zeitraum spielen
können. Und jetzt ging es um mehr. Selbst wenn sie eine kranke Königin abgab,
die sich nur selten zeigte. Schließlich mussten immer wieder mal Dokumente
unterzeichnet werden. Es würde Misstrauen und Sorge erregen, wenn die angeblich
nur leicht geschwächte Herrin nicht einmal in der Lage wäre, eine Feder zu halten.
Und wichtige Besucher, mit denen ein Gespräch erforderlich war, würden sich
nicht leicht abweisen lassen. Ich bin eine Gefangene meiner Stellung, dachte
Blanka verzweifelt. Aber es muss doch eine Möglichkeit geben, unerkannt eine
wichtige geheime Reise zu unternehmen! Königin Ingeborg fiel ihr ein. Sie
sollte unverzüglich an den Hof kommen, die Stellung halten, notfalls auch in
Blankas Namen unterschreiben und Lisette mitnehmen, um sie gelegentlich und
sehr behutsam einzusetzen. Die alte Königin würde Rat wissen, in jedem Fall
klug zu handeln. Und ihr während ihrer Abwesenheit Rückendeckung geben.
    Blanka spann den Gedanken weiter. Sie würde ihre Kinder zu
Verwandten aufs Land schicken und mit ihnen zusammen aufbrechen. Damit keinem
der am Hof verbliebenen Berater oder einem Baron einfiel, sie dort aufzusuchen,
wollte sie die Königskinder in unterschiedlichen Häusern unterbringen und
angeblich zwischen diesen hin und her pendeln.
    Eine gute und geschickte Regelung. Dann könnte Ingeborg immer wieder
einmal zwischendurch für kurze Zeit Lisette im Cité-Palast auftreten lassen.
    Es blieb riskant. Aber eine andere Möglichkeit sah Blanka nicht.
Ihrer einfallsreichen Stief-Schwiegermutter würden gewiss Mittel und Wege in
den Sinn kommen, um das Risiko einer Entdeckung so klein wie möglich zu halten.
Sie setzte einen Brief höchst geheimen Inhalts an Königin Ingeborg auf,
verschloss ihn mit ihrem silbernen Siegel und ließ ihn augenblicklich nach
Corbeil senden.
    Als ein glückstrahlender Theobald wenige Stunden später in ihr
Gemach geführt wurde, fand er eine überaus huldvolle Königin vor.
    Die ihm die eigenen Reisepläne natürlich verschwieg, aber ihn mit
einem Auftrag betraute, der seine eigene Reise sehr beschwerlich machen und der
genau das Unheil anrichten sollte, das Königin Ingeborg vorhergesehen hatte.

  4  
Irrungen
    Und der Teufel sagte ihnen, dass er ihnen Frauen geben
werde, welche sie sehr lieben würden, dass er ihnen Herrschaft übereinander
geben werde, und einige so Könige, Grafen und Kaiser seien, und mit einem Vogel
könnten sie einen anderen fangen, und mit einem Tier ein anderes Tier. Alle, die ihm untertan seien, würden in
die Tiefe steigen, und sie würden wie Gott in der Höhe die Macht besitzen, das
Böse und das Gute zu tun.
    Aus einer Schrift der Katharer

Avignon, 7. August 1226
    D ieser Teufel! Wir werden dafür sorgen, dass er auf
ewig in der Hölle brät!«
    Selten hatten die Berater Ludwigs den sonst stets so besonnenen
König derart außer sich erlebt. Der Zorn des Herrschers richtete sich wieder
einmal gegen den Grafen von Toulouse. Soeben war bekannt geworden, dass Raimund VII . den Auftrag
hatte geben lassen, Felder umzupflügen, Brunnen zuzuschütten und das
eigene Land zu verwüsten. Die Kreuzfahrer sollten weder für sich noch für ihre
Pferde Nahrung finden und aus Verzweiflung darüber das Unternehmen abbrechen.
Der Graf setzte darauf, dass die vierzig Quarantänetage längst verstrichen und
die Ritter aus dem Norden der Angelegenheit müde

Weitere Kostenlose Bücher