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Die Kathedrale der Ketzerin

Die Kathedrale der Ketzerin

Titel: Die Kathedrale der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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Champagne!«, donnerte Ludwig. Die Stimme stand im
seltsamen Kontrast zu seiner zierlichen Gestalt. »Ihr macht Euch des
Hochverrats schuldig!«
    Theobald erstarrte. Waren er und Etienne nicht vorsichtig genug
gewesen? Hatte jemand beobachtet, wie der Mann aus Avignon zu ihm gekommen
war, oder hatte er Verdacht erregt, als er ein zusätzliches Pferd angefordert
hatte?
    »Ich bin mir keiner Schuld bewusst«, gab er mit bemüht fester Stimme
zurück.
    »Ich warne Euch, mein Herr«, fuhr der König fort, »solltet Ihr Euch
mit dem Gedanken tragen, mich zu verlassen, werde ich nach diesem Kreuzzug
höchstselbst in Eure Champagne einreiten, sie einer Wüste gleichmachen, sie
brandschatzen und vernichten, das verspreche ich Euch, so wahr mir Gott
helfe!«
    Ein weiterer Krieg ohne Sieg, ging Theobald durch den Kopf, den er
tunlichst neigte.
    Noch in derselben Nacht sammelte er seine Gefolgsleute um sich, stellte
jedem Einzelnen anheim, beim König zu bleiben oder noch zur selben Stunde mit
ihm über Carcassonne nach Hause in die Champagne zurückzureiten. Ein der
Geografie mächtiger Ritter erkundigte sich verwundert über diese eigenartige
Reiseroute. Theobald dachte nicht daran, eine Erklärung abzugeben. Das sei sein
Weg, erklärte er, und wer ihm treu sei, habe keine dummen Fragen zu stellen.
Der Ritter, der noch keinen Häretiker erledigt hatte, gab zu bedenken, dass
eine knappe Hundertschaft von Kreuzrittern wenig gegen eine Meute aufgebrachter
Ketzer ausrichten könne.
    »Wo sind wir denn einer solchen begegnet?«, fuhr Theobald auf.
»Diese Leute beten, zahlen keinen Zehnt und ärgern den Heiligen Vater, doch als
Streitmacht sind bislang nur ihre Unterstützer, nicht etwa sie selbst in
Erscheinung getreten. Wir haben sie verfolgt, nicht sie uns. Wir bauen die
Scheiterhaufen, nicht sie.«
    »Diejenigen, die sie schützen, wie der Graf von Toulouse, sind sehr
wohl geübte Kämpfer und führen Truppen an«, warf der Ritter ein.
    »Wir werden nicht das Banner des Königs tragen, wenn wir
zurückkehren«, erklärte Theobald. »Ich für meinen Teil werde das
Kreuzfahrergewand ablegen. Ihr könnt es mir gleichtun oder auch nicht. Keiner,
der sich mir nicht anschließt, wird dafür nach seiner Rückkehr in die Champagne
Rechenschaft ablegen müssen.« Theobald holte tief Luft und sprach
Ungeheuerliches, noch nie Gehörtes aus: »Jeder soll seine Entscheidung nach
seinem eigenen Gewissen ablegen. Männer, Ihr seid frei zu tun, was Ihr selbst
wollt.«
    Ein Raunen ging durch die Reihen, und ratlose Blicke wurden
gewechselt. Keiner wagte auszusprechen, was sich alle fragten: Wovon sprach
er? Was war das nur für ein Lehnsherr, der seinen Gefolgsleuten
Entscheidungen abforderte? Wie denn sollten sie freien Herzens über ihr
eigenes Los bestimmen können? Welch eine Unentschlossenheit trat da bei ihrem
Herrn zutage? Oder war dies gar eine Finte, die ihre Treue nur auf die Probe
stellen sollte? Er war für ihr Leben verantwortlich! Er konnte sich doch
nicht einfach davonstehlen und sie sich selbst und ihrem Schicksal
überlassen! Wo sollten sie auch hin; allein gelassen, ohne Führung, würden
sie nur zwischen die Mühlsteine geraten, vielleicht plündernd durch die Lande
ziehen und nie nach Hause finden.
    Theobald las die Unschlüssigkeit in den Gesichtern von Männern, die
ihrem Lehnsherrn gegenüber nichts anderes als Gehorsam kannten, denen das Wort
»Gewissen« fremd war und die sich auf den Begriff »Freiheit« im Gegensatz zu
ihm keinen Reim machen konnten. Er wusste, dass er sie überforderte. Wie auch
die meisten seiner Zuhörer, wenn er in seinen Liedern die Ungebundenheit
besang, die freie Wahl des Geistes und die des Herzens.
    Wir
sprengen die Ketten, um alle zu retten.
    Angesichts dieser großen Gedanken hatte er fast den eigentlichen
Beweggrund seiner Entscheidung verdrängt, nämlich zusammen mit der eigenen Haut
seine Stellung bei Blanka und dafür eben Clara zu retten.
    Ungeduldig blickte er in die Runde. Niemand wagte auch nur zu atmen.
Theobald selbst schnürte es plötzlich die Luft ab. Mit einem Mal ging ihm auf,
in welche Bedrängnis er sich mit seinen Worten selbst gebracht haben könnte.
Die Pferde waren mit ihm durchgegangen; der Troubadour hatte über den Krieger
gesiegt. Weil er dem Ölzweig, den er Blanka reichen wollte, eine größere
Bedeutung zugemessen hatte als dem Schwert! Unverzeihlich in dieser Lage und
unvorstellbar, was in seinem Land geschehen könnte, wenn die soeben gepflanzte
Saat in den

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