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Die Kathedrale der Ketzerin

Die Kathedrale der Ketzerin

Titel: Die Kathedrale der Ketzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Kempff
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seine Beute, ein fettes und bereits geröstetes
Ferkel. »Irgendetwas müssen wir essen, bevor wir uns aufmachen, um für die
Nacht eine gastlichere Bleibe zu finden«, sagte er, als er abstieg.
    Blanka trat auf ihn zu. Umgeben vom glühend roten Schein der
untergehenden Sonne schien sie in Flammen zu stehen. Mit geballter Faust hob
sie den rechten Arm. Sie feuerte Blitze aus ihren Augen ab.
    »Wäre es mir nicht so zuwider, Euch anzurühren, Graf, würde ich Euch
die Seele aus dem Leib prügeln«, brachte sie hervor. Ihr Ton ließ bei keinem
der Umstehenden Zweifel daran aufkommen, dass sie dazu auch in der Lage wäre.
»Wenn Ihr ein Herz hättet, würde ich es Euch herausschneiden«, fuhr sie fort,
»doch Ihr seid ein armseliger ekelhafter Wurm, auf dessen Schleimspur Menschen
zu Fall kommen. Euch kann man nur zertreten. Fort!«, schrie sie. »Fort mit
Euch und Eurem Lumpenpack. Von Stund an kenne ich Euch nicht mehr!«
    Sie spuckte ihm ins Gesicht, wandte sich ab und ließ sich am Fuß
einer Pinie nieder.
    »Herrin, lasst mich erklären …«
    Blanka wandte sich an Clara.
    »Ist der Elende denn noch nicht fort? Vertreibe ihn, Clara, den
räudigen Hund, den ekelhaften Wurm, der mich verraten hat.«
    »Niemals, Herrin, niemals könnte ich Euch verraten!«
    Blanka blickte dorthin, wo er nicht stand, und versetzte: »Er hat
meinen Gemahl verraten. Das ist das Gleiche. Ludwig und ich sind eins.«
    »Blanka, bedenk dich, wir brauchen Schutz«, raunte ihr Clara zu.
    »Ein feiner Schutz!«, wiederholte Blanka die Bemerkung des Ritters
aus der Herberge. »Wir haben meine beiden tapferen Männer, das genügt.«
    Die alten Höflinge, die den Aufenthalt genutzt hatten, um ihre
Wunden zu versorgen, blickten unglücklich auf die Königin, wagten aber kein
Widerwort. Blanka erhob sich und griff in ihre Rocktasche. »Und das habe ich
auch!«, fauchte sie, zog rasch ein Messer hervor und befreite es von seiner
Scheide.
    Sie trat auf Theobald zu. Das Messer zitterte in ihrer Hand, als sie
es an seine Kehle hielt.
    »Ich verurteile diesen Verräter zum Tode!«, sagte sie.
    Theobald hätte ihr mühelos die Waffe entwinden können, aber er
rührte sich nicht. Selten war ihm das geliebte Antlitz so nahe gewesen wie in
diesem Augenblick, nie zuvor hatte er Blankas heißen Atem auf seinem Gesicht
gespürt. Dafür lohnte es sich zu sterben.
    »Tut’s Euch gut, nehmt mein Blut«, flüsterte er voller Verzückung.
Unter der scharfen Klinge quollen bereits die ersten Blutstropfen hervor. Clara
stürzte herbei, entriss Blanka das Messer und steckte es in die eigene Tasche.
Sie konnte dabei allerdings nicht verhindern, dass die Klinge Theobalds Kehle
noch mehr verletzte.
    Seit Tagen quälten König Ludwig fürchterliche
Leibschmerzen. Nichts konnte die Pein in seinen Eingeweiden lindern, und sogar
die hoch gelobte medizinische Kunst der Ärzte des Bischofs von Clermont
versagte.
    »Das bewährteste Heilmittel von allen haben wir noch nicht
angewendet«, bemerkte Graf Archambaud von Bourbon, als sich des Königs treuste
Gefährten eines frühen Morgens zur Beratung zusammensetzten. »Welcher Krieger
erholt sich nicht, wenn er den frischen Leib einer schönen jungen Frau
streichelt?«
    Betroffenheit zeigte sich in den Gesichtern der Anwesenden. Jeder
dachte das Gleiche: Ihm selbst würde ein solches Mittel allemal zusagen; beim
König hingegen schien es unvorstellbar.
    »Er hat niemals eine andere Frau als die Königin begehrlich
gemustert, geschweige denn, auch nur berührt«, warf schließlich ein anderer
Vasall ein.
    »Vielleicht krankt er daran«, schlug der Graf von Bourbon vor. »Es
ist für Leib und Seele ungesund, sich derart an eine einzige Frau zu binden.
Dies soll ihm sein seliger Vater auch des Öfteren vorgehalten haben. Ich werde
ihm eine willige Dirne von großer Schönheit und wilder Wesensart zuführen. Zu
verlieren haben wir damit nichts«, setzte er mit leichtem Unbehagen hinzu.
    Einige Köpfe hoben und senkten sich. Um den todkranken König zu
retten, war jeder Versuch die Mühe wert, jedes Mittel recht.
    Im edelsten Schlafgemach jenes Bischofssitzes, wo
einhunderteinunddreißig Jahre zuvor zum ersten Kreuzzug gegen die Muselmanen
aufgerufen worden war, lag Ludwig auf seinem erhöhten Bett und blickte auf das
Kruzifix an der Wand ihm gegenüber. Er spürte sein Ende nahen und hielt Zwiesprache
mit Gott.
    So vertieft war er in seine Andacht, dass er das leise Öffnen der
Tür nicht hörte. Aber mit einem Mal schob sich ein

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