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Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Titel: Die Katze, die Domino spielte. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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Tibbitt hatte nie etwas von einem Geheimnis des Leuchtturms erwähnt.
    Harriet kam zurück. »Mein Großvater hat diese Geschichte immer wieder erzählt, daher kenne ich sie praktisch auswendig. Mein Urgroßvater war darin verwickelt.«
    »Tatsächlich? War er selbst Leuchtturmwärter?«
    »Nein, die Regierung hat niemals Inselbewohner eingestellt. Das machte sie rasend! Es war, als hielte man sie für zu dumm oder für nicht vertrauenswürdig. Die Regierung teilte drei Männer vom Festland ein, die auf dem Felsen wohnten und darauf achten mußten, daß das Leuchtfeuer nicht erlosch. Damals war das eine Öllampe, wissen Sie. Ein Regierungsboot kam regelmäßig mit Öl für das Leuchtfeuer und Lebensmitteln für die Wärter, und das Zeug wurde mit einem Seil die Klippen hochgezogen. Es gab zwar Stufen, die Zickzack in den Felsen gehauen waren – man kann sie vom See aus sehen –, aber sie waren glitschig und gefährlich. Und sind es heute noch! Wenn das Regierungsboot einen Mann zur Wachablösung brachte, wurde er wie die Lebensmittel mit einem Seil hochgezogen.«
    »Wie wurde Ihr Urgroßvater denn darin verwickelt, Harrtet?«
    »Nun, er war eine Art Anführer, weil er lesen und schreiben konnte.«
    »War das ungewöhnlich?«
    »Allerdings. Es gab ja keine Schule. Die Siedler waren eine Art vergessene Kolonie – nicht nur vergessen, sondern auch verachtet .«
    »Woher hatte Ihr Urgroßvater dann seine Kenntnisse?«
    »Sein Pa hat sie ihm beigebracht. Sein Pa war eine Art Prediger, aber das ist eine Geschichte für sich.«
    Ungeduldig sagte Qwilleran: »Spannen Sie mich nicht auf die Folter, Harriet. Was ist passiert?«
    »Nun, in einer finsteren Nacht wachte mein Urgroßvater plötzlich auf und wußte nicht, warum. Es war wie eine Botschaft des Herrn. Wach auf! Wach auf! Er stieg aus dem Bett, ging hinaus und sah, daß das Leuchtfeuer nicht brannte. Das war schlimm! Er zog sich die Stiefel an, nahm eine Laterne und ging zum Leuchtturm, um nachzusehen, was passiert war. Er war etwa eine Meile entfernt. Als er hinkam, waren keine Männer da. Er rief nach ihnen – keine Antwort! Das Tor im Zaun war abgeschlossen, also kletterte er darüber. Die Tür des Leuchtturmwärterhäuschens stand offen, doch es war niemand drinnen. Er dachte daran, selbst das Leuchtfeuer anzuzünden, doch die Tür zum Turm war versperrt. Er wußte nicht, was er tun sollte.«
    »Und damals gab es noch keinen Funk?« fragte Qwilleran.
    »Keinen Funk – kein Radio – kein Telefon. Das war vor sehr langer Zeit, Mr. Qwilleran. Also… ging mein Urgroßvater wieder heim. Vorbeifahrende Schiffe müssen gemeldet haben, daß das Leuchtfeuer aus war, weil… Nun, bald darauf wimmelte es auf der Insel von Polizisten und Soldaten, die Leute festnahmen, Häuser durchsuchten und sogar in den Hinterhöfen Gräber ausbuddelten. Damals gab es hier noch keine richtigen Friedhöfe.«
    »Glaubten sie, daß die Inselbewohner die Männer ermordet hatten? Aus welchem Grund denn?«
    »Die Regierung dachte, daß die Inselbewohner in Wirklichkeit wollten, daß die Schiffe untergingen, damit sie sie ausplündern konnten. Sie glaubten die alten Lügen über das Piratenblut. Das ist jetzt hundert Jahre her, und die Leute glauben es noch immer! Das macht mich fuchsteufelswild!«
    »Alte Legenden sterben nicht«, sagte Qwilleran. (Jetzt macht man nur Filme daraus, dachte er). »Hat man die Leichen je gefunden?«
    »Nie. Die Polizei verdächtigte meinen Urgroßvater und brachte ihn zum Verhör aufs Festland.«
    »Warum? Weil er über den Zaun geklettert war?«
    »Weil er lesen und schreiben konnte. Sie hielten ihn für gefährlich.«
    »Unglaublich! Sind Sie sicher, daß diese Geschichte wahr ist, Harriet?«
    Sie nickte nüchtern. »Er hat ein Tagebuch geführt und alles aufgeschrieben. Meine Ma bewahrt es in einem Versteck auf.«
    Qwilleran sagte: »Ich gäbe viel dafür, dieses Tagebuch sehen zu können!« Er dachte: Was für eine Story das geben würde!… Homer Tibbitt, du würdest vor Neid platzen!
    »Ma zeigt dieses Tagebuch niemandem «, sagte Harriet. »Sie hat Angst, daß es gestohlen wird.«
    »Haben Sie es denn nie gesehen?«
    »Nur einmal, als ich in die siebente Klasse ging. Ich mußte an einer Veranstaltung über die Geschichte unseres Landes teilnehmen, und deshalb zeigte es mir meine Mutter. Da standen ein paar grausige Dinge drin.«
    »Was zum Beispiel?« fragte er.
    »An eine Seite kann ich mich erinnern, weil ich sie für die Veranstaltung auswendig

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