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Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Die Katze, die Domino spielte. Roman.

Titel: Die Katze, die Domino spielte. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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aber nervös an ihrer Handtasche fest, während ihr Mann erzählte: »Es war ein ganz besonderer Anlaß«, sagte Mr. Harding und zwinkerte mit dem linken Auge. »Der Bischof sollte zu einem kleinen Essen ins Pfarrhaus kommen, und wir erfuhren, daß er um diese Tageszeit gerne eine Bloody Mary trank, eine Angelegenheit, die sorgfältig geplant und vorbereitet sein wollte, das kann ich Ihnen sagen. Nachdem wir alle verfügbaren Experten konsultiert hatten, entschieden wir uns, welches das perfekte Rezept war und gaben uns die größte Mühe, die richtigen Zutaten zu beschaffen. Am vereinbarten Tag traf unser hoher Gast ein und wurde gebührend empfangen, und dann begab ich mich in die Küche, um das Getränk persönlich zu mixen. Als ich mit dem Tablett in der Hand das Wohnzimmer betrat, bekam der Heilige Quälgeist einen seiner siamesischen Katzenanfälle. Er raste wie ein Wahnsinniger die Treppen hinauf und hinunter und im Haus herum, bis er sich von oben über meine Schulter hinabstürzte und auf dem Tablett landete. Die Gläser flogen in die Luft, und die Bloody Mary wurde in alle Richtungen verspritzt. Alles war voller Tomatensaft – die Wände, die Möbel, der Teppich, die Decke und der ehrwürdige Bischof.«
    Von ganz profaner Heiterkeit erfaßt, schaukelte der sanftmütige Mr. Harding heftig hin und her, bis seine Frau sagte: »Versuch doch bitte, dich zu beherrschen, Arledge. Du belastest deine Rippe.« Dann wandte sie sich an Qwilleran und stellte die unvermeidliche Frage. »Spielen Sie Domino?«
    »Ich fürchte, nein, und ich glaube auch, ich sollte heimgehen und nachsehen, welch ruchlose Schandtaten sich meine beiden Quälgeister ausgedacht haben.«
    Mr. Harding schnappte ein wenig nach Luft und sagte: »Ich würde es als… Ehre und Vergnügen betrachten… Sie in ein Spiel einzuführen, das eine überaus beruhigende Wirkung hat.«
    Qwilleran wußte, daß er früher oder später mit irgend jemandem Domino würde spielen müssen, und nach den Ereignissen des Tages hatte er ein wenig Beruhigung dringend nötig. Also ging er mit den Hardings an einen gut beleuchteten Kartentisch. Als der alte Mann bequem saß, entschuldigte sich seine Frau mit der Bemerkung, Domino spiele man am besten zu zweit.
    Der Pfarrer öffnete eine Schachtel Dominosteine und erklärte, daß das Spiel – ein Neunerdomino – aus fünfundfünfzig Steinen bestehe, die Augen haben wie Würfel. »Warum das eine Spiel als nett und das andere als unanständig gilt, ist mir ein Rätsel, besonders, wo die Spieler bei dem unanständigen Spiel so oft auf die Knie fallen und inständige Gebete gen Himmel schicken. Das habe ich jedenfalls gehört«, sagte er und zwinkerte Qwilleran zu. »Sie könnten diese gewichtige Frage ja mal in Ihrer Kolumne aufwerfen. Als interessantes Detail wäre noch zu erwähnen, daß ein Domino ursprünglich ein Umhang war, den Ordensmitglieder in einer Kathedrale trugen.«
    Die beiden Männer begannen die Augen der Dominosteine in geometrischen Formationen aneinanderzulegen, und Qwilleran begann sehnsüchtig an einen Rieseneisbecher zu denken, in seinem Fall ein Zeichen von Langeweile. Als das Spiel zu Ende war und die Hardings in ihr Häuschen zurückgingen, suchte er Lori und fragte sie, ob Harriets Familiencafé wohl um diese Zeit noch geöffnet hätte.
    »Sie hat sicher noch geöffnet, aber es gibt vielleicht nicht mehr alles, was auf der Speisekarte steht. Aber wenn Sie am Verhungern sind, macht sie Ihnen sicher Rühreier.«
    »Ich will nur einen Eisbecher.«
    Bevor er in das Lokal ging, holte Qwilleran seinen Kassettenrecorder und eine Taschenlampe aus dem Häuschen, wobei er sich ganz leise bewegte, um die Katzen nicht zu wecken. Sie lagen glücklich und zufrieden auf dem schalenförmigen Kunstlederkissen des Lehnstuhls und schliefen. Die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen, hoben sie desinteressiert und benommen ihre Köpfe, ließen sie matt wieder zurücksinken und schliefen weiter.
    Das Café befand sich in einer der bescheideneren Hütten, die gebaut worden waren, als das Westufer von der unteren Oberschicht und sogar von der oberen Mittelschicht überschwemmt wurde. Jegliche eleganteren Details, die es einmal gegeben haben mochte, waren jetzt durch eine karge Ausstattung ersetzt worden, die rein praktische Überlegungen widerspiegelte: Neonlicht, bei dem man den Fußboden leicht reinigen konnte; eine dunkle, lackierte Holztäfelung, auf der man Fettflecken nicht sah; Tische mit abwaschbarer Plastikplatte

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